Bio-Lebensmittel sind relativ teurer. Doch eine Studie zeigt: Ihre Preise steigen weniger schnell. Das hat der Untersuchung zufolge mehrere Gründe.
PreissteigerungWarum Bio-Lebensmittel die Inflation bremsen
Bio-Nahrungsmittel schonen nicht nur die Umwelt und das Klima. Sie dämpfen auch die Inflation. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland exklusiv vorliegt.
Die Pandemie hat Nahrungsmitteln aus ökologischem Landbau einen Boom beschert. Im vorigen Jahr gaben die deutschen Privathaushalte für Bio-Lebensmittel rund 15,3 Milliarden Euro aus. Das war zwar etwas weniger als im Vorjahr, aber immer noch ein Viertel mehr als im Vor-Pandemie-Jahr 2019.
Viele Befragungen und Studien haben ergeben, dass Verbraucher während der Lockdowns und der steigenden Infektionszahlen sich verstärkt Gedanken über gesunde Ernährung, artgerechte Tierhaltung und faire Produktionsbedingungen machten und dann ihr Einkaufsverhalten änderten.
Marktanteil von Bioprodukten liegt bei sieben Prozent
So ist der Markt für Öko vor allem durch Discounter, die ihre Bio-Sortimente in der jüngeren Vergangenheit ausgebaut haben, deutlich gewachsen – wodurch breitere Käuferschichten erschlossen wurden. Allerdings stecken die Bio-Lebensmittel noch immer in einer Nische. Sie kommen nach Angaben des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft nur auf einen Anteil von sieben Prozent am Gesamtmarkt.
Eine Umfrage des Umweltbundesamtes hat ergeben, dass im Jahr 2022 nur drei Prozent der Kunden konsequent immer zu Produkten aus kontrolliertem Bio-Anbau griffen. Immerhin zwei Fünftel macht dies oft oder sogar sehr oft. Bei etwa 45 Prozent der Verbraucher landen die Öko-Produkte aber nur gelegentlich oder selten im Einkaufskorb.
Dabei hat das Bio-Shopping auch einen ökonomischen Wert: Höhere Preisstabilität. Das haben Adriana Neligan und Armin Mertens vom IW mit der Auswertung von Daten der Preisvergleichs-App Smhaggle nachgewiesen. Der Analyse liegen Preise für ausgewählte Nahrungsmittel zugrunde, die im ersten Quartal 2022 und im zweiten Quartal 2023 erhoben wurden.
Besonders krass fällt das Ergebnis bei Weizenmehl aus. Es hatte sich um 76 Prozent bei konventionellen Produkten verteuert. Bei Biomehl lag der Aufschlag „nur“ bei 27 Prozent. Auch für Emmentaler ist die Differenz signifikant. Konventionell hergestellter Käse kostete im Frühjahr dieses Jahres 42 Prozent mehr, bei der Bio-Variante fiel die Teuerung nur halb so hoch aus.
Höhere Preise für Bioprodukte – aber oft geringere Steigerungen
Preisentwicklungen in ähnlicher Größenordnung haben die Expertin und der -Experte von dem arbeitgebernahen Forschungsinstitut auch bei Geflügel-Salami, Hackfleisch, Vollmilch oder Joghurt festgestellt.
Ihre Erklärung für diese Veränderungen fußt auf den speziellen Produktionsweisen des ökologischen Landbaus: Die Ressourcen für die Tierhaltung und den Anbau von Pflanzen beruhten auf möglichst geschlossenen Betriebskreisläufen. Öko-Betriebe schonten damit nicht nur das Klima, sie seien auch unabhängiger von aktuellen Krisen. „Regional ausgerichtete Wertschöpfungsketten sorgen nicht nur für kürzere Transportwege, sondern auch für stabilere Preise“, heißt es in der Studie.
Dies wird von anderen Untersuchungen indirekt bestärkt. Die hiesigen Inflationsraten zum Jahresbeginn, die nahe 9 Prozent lagen, waren maßgeblich nicht nur auf gestiegene Energiepreise, sondern auch auf extreme hohe Notierungen für Nahrungsmittel und deren Vorprodukte auf den internationalen Märkten zurückzuführen. Massiv betroffen war insbesondere der Weizen, wobei hier der Krieg in der Ukraine und schlechte Ernten in vielen Regionen auf der Welt auch auf die hiesigen Preise durchschlugen.
Allerdings muss bei den Vergleichen auch bedacht werden, dass das Preisniveau bei den Bio-Lebensmitteln vielfach höher liegt als bei konventionellen Produkten. So war laut Studie im zweiten Quartal 2023 Geflügel-Salami in der Bio-Variante 220 Prozent teurer als das konventionelle Pendant. Gut doppelt soviel müssen Verbraucher für Salatgurken aus Öko-Betrieben zahlen. Beim Weizenmehl waren es immerhin noch 20 Prozent mehr.
Und es gab bemerkenswerte Verschiebungen. Bio-Rapsöl war zunächst teurer als das konventionelle. Der Aufschlag reduzierte sich aber zusehends, um schließlich sogar billiger zu werden. Bei Haferdrinks gab es keine Preisunterschiede aufgrund der Herstellungsart. Und die Studie macht darauf aufmerksam, dass es seit Anfang 2022 bei Butter, Mehl und Salatgurken „erhebliche Preisschwankungen“ gab.
So sei Bio-Butter im Frühjahr und Sommer des vorigen Jahres zeitweise billiger als konventionell hergestellte gewesen. Solche Phänomene dürften auch mit Veränderungen im Angebot zusammenhängen. Insbesondere die Preise für Milch und Milchprodukte haben seit Anfang 2022 eine heftige Berg- und Talfahrt hingelegt – insbesondere in der konventionellen Sparte. So führte ein mageres Angebot zunächst zu extrem hohen Preisen, was die Ausweitung der Produktion provozierte, was dann aber zu massiven Verbilligungen führte.