Privatgeschäfte & Co.Wie kann ich Schulden eintreiben?

Wer Außenstände eintreiben will, sollte in der Mahnung möglichst klare Formulierungen nutzen.
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Das Auto ist an den Nachbarn verkauft. Der Zahnarzt hat die neue Brücke eingepasst, der Anstreicher die Wohnung aufgepeppt. Das Problem: Weder Käufer noch Patient noch Auftraggeber zahlen. Wie kommen die Betroffenen in solchen Fällen an ihr Geld?
Wer eine Forderung durchsetzen will, muss bereits im Vorfeld eines Geschäfts daran denken. Die Juristen Kerstin Diercks-Harms aus dem niedersächsischen Celle hat deshalb einen einfachen Rat: Möglichst nie ohne schriftlichen Vertrag arbeiten, in dem die Zahlungsmodalitäten festgehalten sind. Und wer - wie häufig unter Freunden und Bekannten üblich - mündliche Vereinbarungen trifft, tut gut daran, mindestens einen Zeugen an seiner Seite zu haben.
An Zahlungsfrist in den Rechnungen denken
Bei Privatgeschäften hilft ein Vorgehen wie beim Bäcker: „Brötchen gegen Bares“. Grundsätzlich sollten vollständiger Name, Anschrift, Adresse, Telefon- und Mailadresse sowie die Bankverbindung des Interessenten notiert werden. Im Geschäftsleben gehört das zu den Mindestangaben - ohne die dürfte es später sehr schwierig werden, Ansprüche einem säumigen Schuldner gegenüber durchzusetzen.
Clevere Geschäftsleute und Verbraucher setzen bereits in den Rechnungen eine Zahlungsfrist. Das kann ein präzises Datum sein oder eine bestimmte Zeitspanne, etwa „zahlbar sofort“ oder „zahlbar innerhalb von zwei Wochen“. Diercks-Harms erläutert unter Berufung auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB, § 28) zwei Vorteile aus Gläubigersicht. Erstens: Zügige Zahlung dient der Liquidität.
Zweitens: „Wenn die Frist verstreicht, ist der Schuldner schon in Verzug.“ Eine Zeit verzögernde Mahnung wird damit grundsätzlich überflüssig: Das gerichtliche Mahnverfahren kann gleich losgehen. Ohne Nennung eines Zahlungsziels sind Rechnungen spätestens 30 Tage nach Zugang fällig (§ 286 Abs. 3 BGB).
Eine Mahnung kann jeder selbst formulieren
Im Unterschied zu gewerblichen Schuldnern müssen laut BGB Verbraucher in der Rechnung daraufhin hingewiesen werden, dass sie bei Verpassen des Zahlungsziels oder der 30-Tage-Frist in der Regel in Verzug kommen. An diese Vorschrift sind nicht nur Privatleute untereinander gebunden, sondern zum Beispiel auch Mediziner im Umgang mit Privatpatienten oder Handwerker, wenn sie im Auftrag privater Kunden anpacken.
Wenn sich nach Ablauf der Zahlungsfrist nichts tut, haben Gläubiger im Prinzip drei Optionen, die Außenstände einzufordern: entweder mahnen, direkt einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen oder zunächst auf eigene Kosten einen Anwalt oder ein Inkassobüro beauftragen. Der Erfahrung nach entscheiden sich die meisten zunächst für eine Mahnung. Die kann jeder selbst formulieren.
Wichtig ist dem Fachbuchautor Thomas Wedel zufolge die klare Aufforderung, den geschuldeten Betrag zu zahlen. Windelweiche Sätze wie „Wir sehen Ihrer Leistung gern entgegen“ oder „Ich bin dankbar, wenn ich Ihre Leistung erwarten darf“ genügen nicht. Eine Frist muss nicht, kann aber gesetzt werden. An die überfällige Zahlung können Gläubiger sowohl schriftlich als auch mündlich erinnern, was mit Blick auf gewachsene Kundenbeziehungen manchmal angebracht sein kann.
Die übliche Nummerierung erste, zweite, dritte Mahnung hält Anwältin Diercks-Harms für überflüssig. „Das suggeriert dem Kunden, er kann sich mit dem Bezahlen Zeit lassen, weil noch eine zweite oder dritte kommt“. In der Konsequenz können so 90 Tage und mehr verstreichen, bis - eventuell - die Außenstände endlich reinkommen.
Einen gerichtlichen Mahnbescheid kann praktisch jeder Gläubiger beantragen - unabhängig davon, ob er gemahnt hat oder nicht. Weder ein Anwalt noch ein bestimmter Betrag sind erforderlich. Voraussetzung sei lediglich eine verlangte feste Summe; theoretisch könne es auch um nur fünf Euro gehen, so die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Mahnbescheid-Kosten richten sich nach Forderung
Das Online-Verfahren läuft über die von den Bundesländern eingerichteten zentralen Mahngerichte. Sie haben für das automatische Verfahren ein einheitliches Formular entwickelt, in das Gläubiger ihre Forderung und Angaben zum Schuldner interaktiv eintragen. „Der wird vom Gericht informiert und kann dann innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch einlegen oder zahlen einlegen“, erläutert Verbraucherschützerin Miriam Rusch. Dafür bleiben zwei Wochen Zeit.
Die hessische Verbraucherzentrale und die Polizei warnen vor gefälschten Rechnungen, die derzeit bundesweit per Mail an viele Verbraucher verschickt werden. Die Rechnungen stammen angeblich von der Deutschen Telekom, von Vodafone, Paypal und Volksbanken, wie die Verbraucherzentrale am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Die Empfänger sollen dazu verleitet werden, Personen- und Kontodaten preiszugeben und Anhänge oder Links zu öffnen, mit denen Schadprogramme auf dem Computer landen.
Meist gehe es bei den Nachrichten um offene Rechnungen oder Mahnungen. Die Kunden werden zur Zahlung eines Geldbetrags aufgefordert oder sollen ihre Zugangsdaten bestätigen. In Mittelhessen verzeichnete die Polizei in den vergangenen vier Wochen rund 40 Fälle dieses sogenannten Phishings. Dies stelle eine deutliche Häufung dar, teilte die Polizei in Gießen mit. Mail-Empfänger sollten stutzig werden, wenn die Anrede nur „Guten Tag“ laute oder die Mail an eine andere Adresse geschickt wird als sonst.
Passiert weder das eine noch das andere, erlässt das Mahngericht auf Antrag des Gläubigers einen Vollstreckungsbescheid. Mit diesem in der Hand kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung und dann einen Gerichtsvollzieher in Gang setzen. Die Kosten eines Mahnbescheids hängen Rusch zufolge von der Höhe der jeweiligen Forderung ab. Wer mit Hilfe des Online-Mahnverfahrens ans Geld kommen will, kann den Aufwand anhand von im Internet veröffentlichten Gerichtskostenrechnern kalkulieren.
Spätestens mit Ablauf der in einer Mahnung gesetzten Frist kann der Gläubiger Verzugszinsen verlangen. Sie betragen fünf Prozent über dem Basiszinssatz bei Geschäften mit Verbrauchern und acht Prozent bei Unternehmen. Die Zinsen werden auf die Rechnung draufgeschlagen. Außerdem können Ausgaben für Mahnverfahren und Anwälte geltend gemacht werden, teilweise auch für Inkassounternehmen. (dpa)
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