Obwohl die Preise für Rohstoffe teilweise sinken, halten die Streitigkeiten zwischen Handel und Herstellern laut Rewe an.
Kölner KonzernRewe-Chef: Welche Lebensmittel wieder günstiger werden – und welche nicht
Rewe-Chef Lionel Souque sieht für einige Lebensmittel eine Entspannung der Preise in Sicht. Die Situation im Einkauf sei mittlerweile deutlich „differenzierter“ als noch vor einigen Monaten, sagte er bei der Bilanzpressekonferez der Rewe-Gruppe. So sei der Preis für Sonnenblumenöl nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine beispielsweise um 75 Prozent gestiegen, mittlerweile aber wieder um 50 Prozent gesunken. Sinkende Preise gebe man an die Kunden weiter, auch wenn das aufgrund bestehender Lieferverträge nicht von heute auf morgen möglich sei.
Gleichzeitig gebe es aber auch Produkte, bei denen keine Erholung absehbar sei, zum Beispiel bei Zucker. „Und Zucker ist ja nicht nur die Ein-Kilo-Packung, die wir verkaufen. Es gibt viele Industrien, die zum Beispiel Süßwaren oder Getränke herstellen und die dann unmittelbar beeinflusst sind“, sagte Souque. Als zweites Beispiel nannte der Rewe-Chef Reis, der sich ebenfalls spürbar verteuert habe. Für den kommenden Monat erwartet er eine weiter steigende Inflation, wenn auch nicht in der gleichen Höhe wie zuletzt.
Preisstreitigkeiten zwischen Händlern und Herstellern halten an
Die Preise für Lebensmittel sind im vergangenen Jahr in Deutschland stark um insgesamt 13,4 Prozent gestiegen. Bei Rewe fiel das Plus mit unter dem Strich 7,3 Prozent deutlich niedriger aus. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass die Preissteigerungen bei Discountern prozentual stärker durchschlagen als bei Vollsortimentern – weil sie in der Regel von einem niedrigeren Ausgangswert aus steigen.
Auch die Preisstreitigkeiten zwischen Händlern und Markenherstellern halten derweil an. Es gebe weiterhin „extrem viele“ Forderungen nach Preiserhöhungen, sagte Rewe-Einkaufschef Hans-Jürgen Moog – und das, obwohl sich die Rohwarensituation entspannt habe. Die Höhe der Forderungen sei teilweise unverständlich. Die Verhandlungen liefen weiter intensiv. Aber: „Aktuell gibt es wieder ein gewisses Grundverständnis, dass es für beide Seiten nicht besonders förderlich ist, wenn man kein Geschäft hat.“
Krise hinterlässt Spuren auf der Rewe-Bilanz
Im vergangenen Jahr hatten Streits zwischen Handel und Markenherstellern immer wieder zu großen Regallücken in den Supermärkten geführt. Rewe stritt beispielsweise mit Kellogg's, die Cornflakes des Markenherstellers verschwanden aus den Märkten. Gleichzeitig stiegen Verbraucher angesichts der hohen Preissteigerungen verstärkt auf die günstigeren Eigenmarken des Handels um. Die Nachfrage sei hier zwischenzeitlich nahezu „explodiert“, so Moog, das Umsatzpotenzial sei groß. Rewe bietet mittlerweile etwa 1200 bis 1300 Artikel der eigenen Preiseinstiegsmarke „Ja“ an.
Inflation, Energiekrise und die unsichere globale Lage haben im vergangenen Jahr deutliche Spuren in der Rewe-Bilanz hinterlassen. Zwar stieg der Umsatz 2022 um insgesamt 10,4 Prozent auf 84,8 Milliarden Euro. Diese Zunahme ging allerdings überwiegend auf die Preissteigerungen und die Erholung des angeschlagenen Touristik-Geschäfts zurück. Weil die Kosten an vielen Stellen aber ebenfalls drastisch in die Höhe schossen, brach der Jahresüberschuss um ein Drittel auf 503,5 Millionen Euro ein. Vor allem Energie, Logistik, Mieten und Personalkosten waren teuer für den Konzern.
Rewe gab nicht alle Preissteigerungen weiter
Außerdem gab Rewe die Preissteigerungen bei Markenprodukten nicht vollumfänglich an die Kundschaft weiter. Man habe hier allein in Deutschland „wie angekündigt einen dreistelligen Millionen-Betrag investiert“, so Lionel Souque. Dadurch habe das Unternehmen „bewusst einen Ergebnisrückgang im Lebensmittelhandel in Deutschland in Kauf genommen und aktiv auf Gewinn verzichtet“.
Der Lebensmitteleinzelhandel gilt als traditionell margenschwach. Verbraucherinnen und Verbraucher reagieren sensibel auf Preisveränderungen – was den Wettbewerb zwischen den einzelnen Händlern erhöht und die Preise drückt.
DER Touristik dürfte sich kommendes Jahr weiter erholen
Für das laufende Jahr plant die Rewe-Gruppe mit mehr Umsatz und einem stabilen Ertrag. Lionel Souque weist aber auf viele Unwägbarkeiten hin, zum Beispiel bei den Energiepreisen. Außerdem stehen nun Tarifverhandlungen mit Verdi an. Die Lohnkosten dürften also steigen.
Gerade für die Touristik dürfte 2023 aber ein deutlich besseres Jahr werden. In den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 machte die Rewe-Tochter DER Touristik dreistellige Millionenverluste. Das Jahr 2022 bezeichnete Souque als „Nullrunde“: Am Ende stand unter dem Strich ein Verlust von fünf Millionen Euro. Für das laufende Jahr erwartet der Konzern aber ein zweistelliges, positives Millionenergebnis.
Die Kölner Rewe-Gruppe ist ein Handels- und Touristikkonzern mit Sitz in Köln. Zum Konzern gehören Lebensmitteleinzelhändler wie Rewe und Penny, die Baumarktkette Toom, die Touristikunternehmen DER Touristik und IST Reisen und der Großhändler Lekkerland. Unter dem Dach von Rewe International betreibt der Konzern außerdem Märkte wie die Kette Billa. (elb)