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Schon 100 Millionen Figuren verkauftDas steckt hinter dem Erfolg von Tonies

Lesezeit 4 Minuten
Das System ist schnell erklärt: Kinder stellen die Tonie-Figur auf die Box und die Audiowiedergabe beginnt.

Das System ist schnell erklärt: Kinder stellen die Tonie-Figur auf die Box und die Audiowiedergabe beginnt.

Tonies sind bei Kindern beliebt, doch Eltern müssen dafür tief in die Tasche greifen. Das tut dem Erfolg der Firma keinen Abbruch, im Gegenteil: Der Düsseldorfer Tonies GmbH geht es blendend, auch im Ausland. 

Es ist gar nicht so leicht, dieser Tage ein Unternehmen zu finden, das positiv in die Zukunft blickt. Bei der Firma Tonies in Düsseldorf, den Machern der bei Kindern und Eltern gleichermaßen beliebten Hörspielwürfel, ist die Stimmung jedenfalls blendend. Gerade hat Geschäftsführer Tobias Wann die vorläufigen Ergebnisse für 2024 präsentiert: zweistellige Wachstumsraten in Deutschland, das beliebteste deutsche Produkte bei Amazon in den USA, der erfolgreichste Tonies-Markteintritt aller Zeiten in Australien. Einzig der Börsenkurs des Unternehmens entwickelt sich nicht so rosig: Hier läuft es seit dem Börsenstart Ende 2021 eher schleppend.

Acht Millionen Boxen, 100 Millionen Figuren

Seit dem Markteintritt 2016 hat Tonies rund acht Millionen seiner Boxen verkauft, hinzu kommen mehr als 100 Millionen Figuren. Das System ist simpel: Die Toniebox sieht aus wie ein mit Stoff bezogener Würfel und spielt Musik, Hörbücher oder Lerninhalte ab. Statt wie früher eine Kassette in den Rekorder einzulegen, stellt man eine kleine Figur auf den Würfel und schon geht es los. Die Figuren sehen aus wie Bibi Blocksberg, Elsa aus „Die Eiskönigin“ oder Bambi. So können sich auch kleine Kinder die Geschichte aussuchen, die sie hören wollen und die Figur selbst auf den Würfel stellen und sind nicht auf Smartphone oder Tablet der Eltern angewiesen. 

Doch der Spaß hat seinen Preis. Eine Toniebox kostet rund 100 Euro, Figuren circa 11 bis 17 Euro. Das ist in etwa so viel wie ein monatliches Familienkonto beim Streaming-Anbieter Spotify, wo Kinder unbegrenzt alle Inhalte abspielen können. Doch Tonies scheint in einer anderen Liga zu spielen, immerhin steht in jedem zweiten deutschen Kinderzimmer eine Toniebox und jeder Tonies-Hörer hat im Schnitt sechs Figuren zu Hause. „Der deutsche Markt entwickelt sich ganz hervorragend. Insofern mache ich mir da keine Sorgen“, sagt Geschäftsführer Tobias Wann.

Tonies-Geschäftsführer Tobias Wann

Tonies-Geschäftsführer Tobias Wann

Wettbewerber Tigermedia, der mit der Tigerbox am Markt ist, setzt auf einen Mix zwischen Hörwürfel und Streamingmodell: Statt einer Figur wie bei Tonies kommt hier eine Plastikkarte zum Einsatz, die pro Stück fünf bis zehn Euro kosten. Der Hörwürfel liegt bei rund 130 Euro. Zusätzlich können Eltern ein Streaming-Abo abschließen, zwölf Monate kosten 100 Euro. Tonies-Chef Wann zeigt sich von der Konkurrenz unbeeindruckt. „Wir haben eine Produktkategorie komplett neu geschaffen, ich würde mir weit mehr Sorgen machen, wenn wir keine Konkurrenz im Markt hätten“, sagt er.

Wie eine Agentur in Berlin-Mitte

In der Düsseldorfer Unternehmenszentrale erinnert wenig an ein internationales Unternehmen mit mittlerweile 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von 480 Millionen Euro. In einem Hinterhof der Oststraße, fußläufig vom Hauptbahnhof, sieht es eher aus wie in der Agenturszene von Berlin-Mitte: ein fast hundert Jahre altes Gebäude mit Stahlsäulen und Backsteinwänden, aufwändig saniert, mit offenen Räumen, Gesprächsboxen und einer Dachterrasse mit Blick auf den Fernsehturm. Nebendran befinden sich eine Kita, ein Fahrrad-Reparatur-Shop und eine Brauerei.

So sieht es bei Tonies in Düsseldorf aus.

So sieht es bei Tonies in Düsseldorf aus.

Im Inneren des Gebäudes hat das Tonies-Management vor zwei Jahren die Weichen zum internationalen Unternehmen gestellt. Ende 2023 sind die beiden Gründer Marcus Stahl und Patric Faßbender nach zehn Jahren ausgeschieden, haben den externen Manager Tobias Wann an Bord geholt. Der 52-Jährige hatte zuvor ein Versicherungs-Start-up geleitet und selbst zu Studienzeiten mal gegründet. Mit den Tonies-Gründern habe es sofort geklickt, berichtet Wann: „Ich habe ein funktionierendes Unternehmen übernommen, ein tolles Produkt, ein super Team.“

Warum wollten die Gründer dann raus, wenn doch alles so gut funktioniert hat? „Sie haben gemerkt, dass die Firma für die nächste Entwicklungsstufe von neuen Impulsen profitieren kann“, sagt Wann. Tonies hat im Jahr 2022 rund 260 Millionen Euro Umsatz gemacht, 2023 waren es schon 360 Millionen. „Es gibt nicht viele Firmen, die jedes Jahr 30 bis 40 Prozent wachsen. Da ist es durchaus richtig, jemanden an Bord zu holen, der so etwas schon gesehen hat und dafür sorgt, dass die Firma gut in die Zukunft kommt.“

USA ist der stärkste Markt von Tonies

Wann forcierte den Ausbau des US-Geschäfts, inzwischen macht Tonies hier 210 Millionen Euro Umsatz – es ist der stärkste Markt der Düsseldorfer. Die Tonies-Figuren stehen bei großen Einzelhändlern wie Walmart, Target und Kohl's. Allein aufgrund der Marktgröße sieht Wann noch deutlich mehr Potenzial in den USA. Um die dortige Wirtschaftspolitik unter Donald Trump macht er sich keine Sorgen: Die Firma habe ihre Lieferketten diversifiziert und die Produktion von China weg verlagert, unter anderem nach Vietnam. „Wenn wir es schaffen, Produkte zu entwickeln, die ihren Preis wert sind, werden wir auch Erfolg haben.“ Sowohl auf der anderen Seite des Atlantiks, als auch bei preissensiblen Eltern.