Jeder zehnte Kölner hat laut der Auskunftei Creditreform Zahlungsschwierigkeiten – Zahlen sind aber rückläufig. Rhein-Berg hat die wenigsten Überschuldeten
Sinkende ZahlungschwierigkeitenWeniger Überschuldete durch Angst-Sparen
Zum sechsten Mal in Folge ist die Zahl überschuldeter Verbraucher rückläufig. 5,56 Millionen Deutsche gelten laut einer neuesten Studie der Auskunftei Creditreform als überschuldet. Das ist laut den Autoren der am Dienstag in Neuss vorgestellten Studie der niedrigste Wert seit Messung durch Creditreform. Mit 8,09 Prozent ist etwa jeder zwölfte Deutsche überschuldet. In Köln sieht das etwas schlechter aus. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Schuldner-Atlas.
Wie viele Kölner sind überschuldet?
Laut dem neuesten Schuldner-Atlas von Creditreform sind 9,7 Prozent der Kölner über 18 Jahren aktuell verschuldet. Das ist zwar fast ein Fünftel mehr als im Bundesdurchschnitt, aber historisch betrachtet ein verbesserter Wert. Zwar waren 2023 laut Creditreform noch 9,5 Prozent der Kölner von Zahlungsproblemen betroffen, ergibt sich langfristig aber eine deutliche Verbesserung. 2019 aber lag der Wert bei 11,62 Prozent und ist bis zum Vorjahr kontinuierlich gesunken.
Wie sieht es in der Region aus?
Von der Tendenz ähnlich wie in Köln. In Leverkusen waren 2019 noch 11,99 Prozent der erwachsenen Bürger überschuldet, bis 2023 sank der Wert auf 9,54 und im laufenden Jahr weiter auf 9,1 Prozent. Im Oberbergischen Kreis liegt die Zahl der überschuldeten Haushalte aktuell bei, 7,68 Prozent, und damit unter dem Bundesdurchschnitt. Rhein-Erft liegt mit 8,92 Prozent im Mittelfeld. Der Kreis Euskirchen liegt bei 8,42 Prozent. Im Rhein-Sieg-Kreis waren 6,86 Prozent der Haushalte überschuldet. Spitzenreiter im positiven Sinne ist der Rhein-Bergische Kreis mit nur 6,49 Prozent Überschuldeten. Damit kann der Landkreis mit vielen Gegenden in Bayern und Baden-Württemberg mithalten, wo die Überschuldung grundsätzlich deutlich niedriger ist als im Westen und Norden.
Was führt zur Überschuldung?
Seit diesem Jahr ist nicht mehr Arbeitslosigkeit der häufigste Auslöser. Die meisten Überschuldungsfälle wurden durch Erkrankung, Sucht oder Unfall verursacht. Mehr als 18 Prozent entfielen darauf. Dass Arbeitslosigkeit nicht mehr die Hauptursache ist, begründen Experten mit der stabilen Beschäftigungslage und der demografischen Entwicklung. Hantzsch prognostiziert jedoch: „Für das laufende und kommende Jahr wird der Verlust von Arbeitsplätzen wieder mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken.“
Wenn es darum geht, wie sich Menschen überschulden, spielen Ratenkredite eine große Rolle. Dazu zählen auch sogenannte „Buy now, pay later“-Angebote, bei denen die Rechnung erst später beglichen werden muss. Dies wird immer stärker nachgefragt, wie Daten der Schufa zeigen. Demnach ist inzwischen fast jeder zweite neu aufgenommene Ratenkredit ein Kleinkredit unter 1.000 Euro. Creditreform sieht darin einen Grund für den erneuten Anstieg der Überschuldungsfälle bei jüngeren Menschen.
Auch Verbraucherschützer warnen vor den Angeboten. Dies könne dazu verlocken, mehr zu bestellen, als man sich eigentlich leisten kann. „Zinsen können außerdem dafür sorgen, dass Sie deutlich mehr für einen Artikel bezahlen als bei sofortiger Zahlung“, schreibt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und rät in Sachen „Buy now, pay later“: „Nutzen Sie die Funktion (...) am besten nur in Ausnahmefällen.“
Wieso geht die Verschuldung seit Jahren zurück?
Trotz multipler Krisen und einer lahmenden Wirtschaft scheinen die Verbraucher auf den ersten Blick unbeeindruckt zu bleiben. „Wieder ist die Überschuldung gesunken, wenn auch weniger deutlich als in den vergangenen Jahren“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. „Die eigentlich guten Nachrichten haben allerdings einen ernsten Hintergrund. Die deutschen Verbraucher haben Angst vor der Zukunft und halten ihr Geld deshalb zusammen“, erläutert Hantzsch die neuen Ergebnisse.
Dazu hatte die Politik der Ampel- Regierung ebenso beigetragen wie die schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft, der Ukraine-Konflikt und die Wahlen in den USA. Seit 2020, mit Beginn der Corona-Krise, hatten sich die Überschuldungsfälle in drastischem Tempo verringert. Damals unterstützten staatliche Hilfen und eine bereits ausgeprägte Sparneigung die Verbraucher. Auch 2024 sei der Konsum deutlich zurückgegangen, so Hantzsch. Ähnlich wie den Verbrauchern ergehe es derzeit den Unternehmen, die aus Unsicherheit ebenfalls kaum noch investieren.
Wer ist besonders oft von Überschuldung betroffen?
Innerhalb der Gruppe der Überschuldeten gibt es aufschlussreiche Trends. „Bei stabil bleibender Überschuldungslage insgesamt sind erneut vor allem Geringverdiener in die Überschuldungsspirale geraten“, so Michael Goy-Yun, Geschäftsführer von Creditreform Boniversum und microm. Dieser Gruppe machen vor allem die hohen Energie- und Lebensmittelpreise zu schaffen, da sie einen größeren Anteil ihres Einkommens für Grundbedürfnisse ausgeben müssen.