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Sommerlicher Ärger über Verspätungen bei der Post ist groß

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Bonn – Wegen verspäteter oder verlorener Briefe haben sich in diesem Sommer viel mehr Bundesbürger an eine Behörde gewandt als zuvor. Allein im Juli und August seien circa 6500 Post-Beschwerden eingegangen, teilte die Bundesnetzbehörde auf dpa-Anfrage in Bonn mit. Wie hoch diese Sommerzahlen sind, zeigt der Vergleich mit früheren, längeren Zeiträumen: Im ersten Halbjahr 2022 waren es rund 8900 Beschwerden gewesen und im ganzen Vorjahr 15.100.

Betroffen waren Großstädte wie Berlin, Nürnberg und München, aber auch kleinere Städte wie Freudenstadt (Baden-Württemberg), Pfaffenhofen (Bayern), Ingelheim (Rheinland-Pfalz), Steinfurt (NRW) und Northeim (Niedersachsen). Die Regulierungsbehörde leitete sogenannte anlassbezogene Prüfungen ein und forderte die Deutsche Post DHL zur Beseitigung der Mängel auf.

Viele Krankmeldungen und wenig Fachkräfte

Der Bonner Konzern begründete die Entwicklung mit einem coronabedingt hohen Krankenstand und mit dem Fachkräftemangel. „Zudem haben viele unserer Kräfte ab Juli 2022 ihren Sommerurlaub abgewickelt”, sagte eine Firmensprecherin. Inzwischen sei die betriebliche Lage „wieder stabil”. Die Bundesnetzagentur gab allerdings zu bedenken, dass die Beschwerdezahlen auch im September bisher noch hoch seien.

Es geht um Kritik an Post- und Paketdiensten, also um die ganze Branche und damit auch um Wettbewerber der Post. Der Gelbe Riese ist in Deutschland allerdings mit großem Abstand Marktführer, die meisten Beschwerden richten sich gegen ihn. Normalerweise sind Pakete der thematische Schwerpunkt der kritischen Wortmeldungen, in diesem Sommer ging es aber hauptsächlich um Briefe. Die Kritiker monierten Verzögerungen, Verluste oder Fehlwürfe. Mit letzterem ist gemeint, dass ein Brief zunächst im falschen Briefkasten landet und erst später beim richtigen Adressaten ankommt.

Die Bundesnetzagentur leitete 14 anlassbezogene Prüfungen gegen die Post ein. Bei 13 ging es um Briefe und bei einer um Pakete. Besagte Prüfungen sind nur eine Art schriftliche Ermahnung. Ein wirkliches Druckmittel sind sie nicht, da die Regulierungsbehörde hierbei keine Sanktionen - etwa Geldbußen - verhängen kann.

Druck durch Sanktionsmöglichkeiten?

Aus der Politik kam Kritik. Coronabedingte Personalprobleme hätten auch andere Firmen in Deutschland gehabt, ohne dass sich deren Dienstleistungsqualität so stark verschlechtert habe, wie dies bei der Post offenbar der Fall gewesen sei, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben.

Er hoffe, dass es sich nur um ein temporäres Problem handele. „Sollte die Qualität der Briefdienste dauerhaft schlecht sein, sollte der Gesetzgeber in Betracht ziehen, der Bundesnetzagentur Sanktionsmöglichkeiten einzuräumen und somit ein schärferes Schwert in die Hand zu geben”, so der Liberale. Dadurch entstünde mehr Druck, damit sich die Post verbessert. Houben sagte, dass solche Sanktionen in der bald anstehenden Reform des Postgesetzes verankert werden könnten.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Falko Mohrs zeigte - mit Blick auf den Fachkräftemangel und die coronabedingten Ausfälle - ein gewisses Verständnis für die Schwierigkeiten der Post. „Nichtsdestotrotz ist und bleibt die Post weiter aufgefordert, die Beschwerden ernst zu nehmen, denn ihr Angebot ist ein Baustein in der flächendeckenden Daseinsvorsorge”, sagte Mohrs. Er habe den Eindruck, dass der Konzern die Beschwerden „weitestgehend” ernst nehme. Gesetzlich verankerte Sanktionsmöglichkeiten sieht der Sozialdemokrat eher skeptisch.

Der Gewerkschaft Verdi sind die Probleme in der Zustellung bekannt. Die Belastung der Zustellerinnen und Zusteller bei der Deutschen Post und anderen Firmen sei sehr hoch, sagte ein Sprecher der Arbeitnehmerorganisation. Mehr Personal sei nötig, das unbefristet eingestellt werde.

Grob gesagt eine Milliarde Briefsendungen werden jeden Monat in Deutschland verschickt. Im Verhältnis zu dieser Menge ist die Anzahl der Beschwerden im Sommer 2022 sehr gering. Allerdings meldet sich von den Bürgerinnen und Bürgern, die Probleme beim Erhalt von Briefen haben, wohl nur ein kleiner Teil bei der Netzagentur.

© dpa-infocom, dpa:220917-99-801143/4 (dpa)