Bei Ablehnung von IP-UmstellungTelekom kündigt Kunden Festnetzanschluss

Die Telekom stellt ihre Festnetzanschlüsse um.
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Der Telefonmarkt ist im Umbruch: Analoge Leitungen verschwinden, Telefonieren über das Internetprotokoll wird der Standard. Mit rund 20 Millionen Anschlüssen ist die Deutsche Telekom der größte Anbieter im Bereich Festnetz in Deutschland. Etwa halb so viele Anschlüsse hat Vodafone. Von der Umstellung sind alle Festnetzanschlüsse betroffen. Das heißt: alle analogen oder ISDN-Festnetzanschlüsse mit Internetzugang. Auch die Telekom-Konkurrenten O2, 1&1, Vodafone oder Easybell müssen die Umstellung mitmachen, weil sie die Telefonleitungen bei der Telekom anmieten. Telefon- und Internetanschlüsse über das Fernsehkabel sind nicht betroffen. Wer sich gegen die Umstellung wehrt, erhält von der Telekom derzeit ein Kündigungsschreiben – und kann dagegen wenig unternehmen.
Wieso kündigt die Telekom alte Anschlüsse?
„Die Telekom stellt ihr gesamtes Netz schrittweise auf neue Technik um, um es zukunftssicher zu machen“, erklärt Stefanie Halle, Sprecherin der Telekom. Wann immer ein Kundenvertrag in den vergangenen drei Jahren ausgelaufen ist, informierte das Unternehmen den Anschlussinhaber über die Umstellung. „Er kann mündlich an der Hotline oder im Service oder schriftlich zustimmen“, sagt Halle. Der Kunde habe viereinhalb Monate Zeit, über das Angebot nachzudenken. Wer nicht reagiere, werde angerufen oder noch einmal angeschrieben. Akzeptiert der Kunde die Umstellung endgültig nicht, erhält er ein Kündigungsschreiben.
Darf der Anbieter den Vertrag einfach kündigen?
Üblicherweise sind Telefonverträge für zwei Jahre abgeschlossen. Danach muss der Vertrag verlängert werden, oder er wird beendet. „Nicht nur der Telefonkunde hat dabei das Recht, den Vertrag zu beenden, auch die Telekom kann das Verhältnis kündigen“, sagt Hasibe Dündar, Beraterin bei der Verbraucherzentrale Berlin. Die Telekom bewege sich mit ihren Kündigungen innerhalb des rechtlichen Rahmens, wenn sie zum Ende der Vertragslaufzeit die Kündigung erklärt.
Was hat es mit der neuen Technik auf sich?
„IP“ steht für Internet Protocol und bedeutet im Zusammenhang mit dem Telefon, dass Gespräche nun als Datenpakete über das Internet geschickt werden. „Damit werden wir den Kunden neben höheren Geschwindigkeiten mehr Service und Dienste bieten können“, erläutert Halle. Im alten Telefonnetz seien ein Großteil der Leitungen und Frequenzen nur für das Telefonieren reserviert. Im IP-Netz werde das Kabel laut Telekom zum „Alleskönner“: Je nach aktuellem Bedarf laufen darüber Internet-Daten, Telefongespräche oder das Fernsehprogramm.
Neue Technik
IP-Telefonie heißt die aktuelle Technik in der Telekommunikation. IP bedeutet Internet Protocol und signalisiert, dass Telefonate und Daten via Internet übermittelt werden. Analoge Gespräche über klassische Telefonleitungen gehören damit der Vergangenheit an.
Die Nutzung des Internets für die Übertragung von Kommunikationsdaten eröffnet neue Möglichkeiten. Die Gesprächsqualität steigt und Videotelefonate sind möglich. Weiterleitungen aufs Handy sind problemlos, verpasste Gespräche können dem Inhaber einer Nummer als Mail mitgeteilt werden.
Warum weigern sich einige Kunden?
Verbraucherberaterin Dündar berichtet, dass vor allem ältere Menschen die Umstellung auf IP-Telefonie nicht vollziehen wollten, weil sie zu Hause kein Internet nutzen. Andere Festnetzinhaber wollen beim analogen Telefon bleiben, weil sie Sicherheitsrisiken bei der Datenübertragung im Netz sehen. Ein weiteres Argument lautet: Fällt das Internet aus, habe ich auch kein Telefon mehr.
Lässt sich der Wechsel auf einen neuen Vertrag vermeiden?
Bis Ende 2018 will die Telekom die Umstellung ihrer Kunden abgeschlossen haben. Knapp drei Viertel der Anschlüsse hat sie nach eigenen Angaben bis Ende März auf den neuen Standard gehoben. Bleiben rund fünf Millionen Festnetzanschlüsse. Eine Möglichkeit, den Umstieg hinauszuzögern, ist der Wechsel zu einem anderen Anbieter. Vodafone etwa lässt sich bis 2022 Zeit. „Vodafone bietet zusätzlich zum leistungsstarken Kabel-Glasfasernetz bundesweit auch DSL-Anschlüsse und ISDN-Anschlüsse an“, erklärt Pressesprecher Thorsten Höpken. Vor allem Firmenkunden nutzten ISDN nach wie vor für zentrale Anwendungen wie Abrechnungssysteme oder Kommunikationsanlagen. Ihnen gegenüber halte das Unternehmen an seiner Zusage aus 2015 fest, dass es die geschäftliche ISDN-Anschlüsse weiter unterstützen werde, allerdings „längstens bis 2022“.
Wie läuft die Umstellung auf IP-Technologie konkret ab?
Der Kunde bemerkt diese in der Regel nicht, weil sie nur aufseiten der Telekom technisch durchgeführt wird. Häufig findet die Umstellung in der Nacht statt, so dass keine Probleme bei der Internetnutzung oder beim Telefonieren auftreten. Wenn es einmal hakt, müssen die Kunden die Störungsstelle der Telekom einschalten. Die Umstellung auf einen IP-Anschluss setzt allerdings einen passenden Internet-Router voraus. Wer noch kein Internet hatte oder seinen Router seit langem besitzt, muss prüfen, ob er mit der neuen Technologie kompatibel ist.
Wird der Tarif mit der Umstellung für Kunden teurer?
In der Regel ist für die IP-Umstellung ein Tarifwechsel nicht notwendig. Der bisherige Anschluss wird einfach ersetzt. Ob dessen monatlicher Preis im Vergleich zum alten Anschluss billiger oder teurer ist, hängt davon ab, welcher Anschlusstyp vorher vorhanden war und welche Vertragskombination ein Kunde künftig nutzen will. Die Telekom unterbreitet dem Kunden in der Regel ein Angebot, das auch billiger sein kann als der vorherige Vertrag. Am besten in Ruhe Preis und Konditionen vergleichen. Eventuell lohnt sich im Zuge der Umstellung auch ein Anbieterwechsel.