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Steigende Zinsen, hohe PreiseWer eine Immobilie kaufen will, braucht immer mehr Eigenkapital

Lesezeit 3 Minuten
28.06.2022, Köln: Baugebiete im Mülheimer Süden.
Im Bild das Areal des Euroforum Nord.
Foto: Michael Bause

Baukosten und Zinsen sind zuletzt stark gestiegen.

Mittlerweile werden im Schnitt fast 150.000 Euro Eigenkapital für ein Eigenheim benötigt. Käuferinnen und Käufer müssen sich stärker einschränken.

Angesichts gestiegener Kreditzinsen und teurer Materialien müssen Immobilienkäufer und Bauherren am Wohnungsmarkt derzeit wesentlich mehr Geld mitbringen. Steuerten Eigennutzer 2021 noch im Schnitt gut 111.000 Euro an eigenen Mitteln zum Bau oder Kauf einer Immobilie bei, stieg der Betrag im vergangenen Jahr um gut ein Viertel auf knapp 140.000 Euro, wie neue Zahlen des Baufinanzierungsvermittlers Hüttig & Rompf zeigen. Im Schlussquartal 2022 waren es demnach bei den vermittelten Immobilien des Unternehmens fast 149.000 Euro.

Der Eigenkapitalanteil an den gesamten Kosten von Bauherren und Käufern, die im Schnitt bei 562.000 Euro lagen, sei von 20 Prozent 2021 auf fast 25 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen, so Hüttig & Rompf. Im letzten Quartal 2022 waren es bereits 28 Prozent. „Dies ist nötig, um die Finanzierung von den Banken, die ihre Anforderungen in den zurückliegenden Monaten deutlich erhöht haben, überhaupt erst zu angemessenen Konditionen zugesagt zu bekommen.“ Viele Banken prüfen Kreditanträge angesichts gestiegener Zinsen und hoher Inflation kritischer und haben die Pauschalen für Lebenshaltungskosten erhöht.

Neugeschäft mit Baufinanzierungen eingebrochen

Die Bauzinsen für zehnjährige Finanzierungen haben sich binnen eines Jahres von rund einem Prozent auf zuletzt etwa 3,5 Prozent mehr als verdreifacht. Zugleich sinken die Immobilienpreise von einem hohen Niveau erst langsam, während die Baupreise weiter rasant steigen. Viele Menschen können sich den Traum von der eigenen Immobilie nicht mehr leisten oder halten sich lieber zurück. So ist das Neugeschäft mit Baufinanzierungen seit vergangenem Sommer eingebrochen.

Die gestiegenen Kosten machen sich bei der Kreditbelastung bemerkbar, so Hüttig & Rompf. Habe 2021 bei vermittelten Krediten die monatliche Gesamtrate von Selbstnutzern im Schnitt 1447 Euro betragen, sei sie 2022 kräftig auf 1717 Euro gestiegen. Notgedrungen tilgten Schuldner langsamer: Habe der Tilgungssatz bei neu abgeschlossenen Baukrediten von Eigennutzern 2021 bei 2,8 Prozent gelegen, sei er 2022 auf 2,4 Prozent gesunken und im Schlussquartal auf 2,2 Prozent.

Schuldner zahlen Kredite länger ab

Das senkt zwar die monatliche Last, doch damit zahlen Schuldner ihren Kredit oft Jahre länger ab. Dem Baufinanzierungsvermittler Dr. Klein zufolge war die durchschnittliche Tilgung im November bereits auf den niedrigsten Stand seit 2012 gesunken. Für Schuldner kann das brisant werden: Experten raten, Immobilienkredite deutlich vor Renteneintritt abgezahlt zu habe. Als Faustregel gilt bislang, dass höchstens ein Drittel des Haushaltseinkommens auf ein Darlehen entfallen sollte.

In der Branche geht man jedoch davon aus, dass sich dieser Anteil künftig erhöhen wird. „Die Preisentwicklung wird den Zinsanstieg nicht kompensieren können“, sagte Klaus Küppers vom Kölner Immobilienunternehmen Pandion bei einer Diskussionsrunde auf dem „Immobilien-Dialog Köln“. Bei der von Heuer Dialog organisierten Veranstaltungen tauschten sich Expertinnen und Experten aus der Branche zu aktuellen Marktthemen aus. „Wir werden uns damit anfreunden müssen, dass vielleicht auch 50 Prozent des Haushaltseinkommens für die Finanzierung aufgewendet werden müssen.“

Die Branche beklagt massiv gestiegene Baukosten – und versucht, sich anzupassen. „Die Frage ist: Wie schaffen wir es, den Einstiegspreis bei einem Einfamilienhaus so günstig wie möglich anzusetzen?“, so Matthias Singer, Regio-Manager und Prokurist bei Wilma Wohnen. „Wir planen ohne Keller, damit die Kosten runtergehen. Auch an der Ausstattung wird gespart.“ Das solle es ermöglichen, Häuser ab einem Einstiegspreis von 500.000 Euro anzubieten. (mit dpa)