AboAbonnieren

Tochter von Kölner Lübbe-VerlagLyx feiert große Bucherfolge mit leichter Kost

Lesezeit 4 Minuten

Der Lyx-Stand auf der Frankfurter Buchmesse 2019

Köln – Wer weiß, wonach er sucht, erkennt die Bücher des Verlags Lyx im Buchhandel sofort: Cover in pastelligen Farben, mit geschwungener Schrift und zumeist englischen Titeln, trotz deutscher Originalsprache. Sie heißen „Save Me“ und „Someone New“ und „Falling Fast“. Die Geschichten handeln von der großen Liebe, oft der allerersten. In großen Buchhandlungen gibt es mittlerweile häufig eigene Tische für diese Titel. Auf Instagram ist Lyx gar der wohl meistgefolgte deutsche Publikumsverlag. Für die Kölner Mutter Bastei Lübbe ist das Geschäft mit den romantischen Unterhaltungsromanen für junge Erwachsene ein großer Erfolg. Das liegt wohl auch an der sehr treuen Zielgruppe – und ihrer passgenauen Ansprache.

Die Nische, in der Lyx sich bewegt, ist relativ jung: „New Adult“ heißt das Genre, das sich an Leserinnen zwischen 18 und 25 Jahren richtet. Hier wird aufgefangen, wer für Jugend- und sogenannte „Young Adult“-Bücher zu alt geworden ist, thematisch aber zu ähnlichen Titeln greift. Im Mittelpunkt stehen Beziehungen, leichte Kost, häufig sind die Protagonisten in ein universitäres Umfeld oder das junge Berufsleben eingebettet.

„Es gibt eine große Zielgruppe, die diese Art von Büchern nachfragt“, sagt Simon Decot, Programmchef bei Bastei Lübbe und ehemaliger Lyx-Verlagsleiter. „Ihr Potenzial wurde am Buchmarkt lange nicht gesehen. Dabei ist sie extrem leseaffin: Die Leserinnen konsumieren teils bis zu hundert Bücher im Jahr und tauschen sich intensiv darüber aus.“

Bücher erscheinen als Serien

Ähnlich wie bei Streamingdiensten von Binge-Watching die Rede ist, kann man hier von Binge-Reading sprechen. In der Regel erscheinen die Bücher als Serien, häufig im Abstand von nur wenigen Monaten. Die Zielgruppe, so Decot, sei zu ungeduldig für mehr. Früher lagen zwischen der Ankündigung eines Buches und seinem Erscheinen meist anderthalb bis zwei Jahre. Für Lyx lohnt sich das schnelle Seriendenken: Es heißt, der Verlag sei mit Autoren der zweiten Reihe teils so erfolgreich wie andere Verlage mit ihren Spitzentiteln.

Lyx sieht sich als Original der deutschen „New Adult“-Schiene. Gegründet wurde der Verlag 2007, im Jahr 2016 übernahm Bastei Lübbe das Label vom Verlag Egmont. Die Optik hat eine klare Sprache, die Themen sind eng gesetzt – wer die Bücher anschaut, weiß, was ihn erwartet. „Verlagsmarken sind oft breit aufgestellt“, sagt Decot. „In der Regel kauft man nicht Lübbe, bloß, weil Lübbe draufsteht. Bei Lyx ist das anders.“

Marktdaten zu New-Adult-Büchern zu finden ist schwer. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels führt das Genre nicht gesondert auf, die Verlage geizen mit Zahlen. Der Trend aber ist unverkennbar. Die Randomhouse-Marke CBJ feierte nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr mit der Autorin Lena Kiefer einen „unheimlich erfolgreichen Start“ ins New-Adult-Genre.

Piper dagegen veröffentlicht schon seit Jahren entsprechende Titel, zum Beispiel über die Labels „Piper Gefühlvoll“ und „Heartbeats by Piper“. „Der Umsatz bei Piper Gefühlvoll hat sich in den letzten beiden Jahren mehr als verdoppelt“, sagt Eliane Wurzer, Leiterin von Piper Digital. „Besonders relevant ist das Genre in der Rezeption: Kein anderes Genre ist so präsent auf Instagram, für kein anderes Genre interessieren sich mehr Bloggerinnen und Blogger mehr, nirgends gibt es mehr Leserstimmen.“

Mona Kasten ist ein Erfolgsbeispiel

Zielgruppe und Autorinnen sind über die sozialen Medien eng miteinander vernetzt. „Viele Literaturblogger wollen selbst gerne schreiben, und die Autorinnen sind oft selbst Influencer“, sagt auch Decot.

Bestes Beispiel dafür ist 28-jährige Hamburger Autorin Mona Kasten, deren Bücher mehr als zwei Millionen Mal verkauft wurden. „Das ist ein sensationeller Erfolg. Mona Kasten ist so etwas wie die Pflichtlektüre, mit der die Leserinnen ins Genre einsteigen“, so Decot. Sie ist dabei typisch für die Art, wie das Genre funktioniert: Bevor sie ihre Bücher veröffentlichte, betrieb sie lange einen eigenen Youtube-Kanal, auf dem sie Buch-Rezensionen veröffentlichte.

Anfänge im Eigenverlag

Als ihre Bücher erschienen, brachte sie ihre Leserschaft also schon mit – so wie viele Autorinnen nach ihr auch. „Es ist ungewöhnlich, dass wir so viele Autorinnen aus der Zielgruppe selbst rekrutieren“, sagt Decot. „Es hat den großen Vorteil, dass diese Autorinnen genau wissen, was die Zielgruppe lesen möchte.“

Einige Strukturen des Genres – schnelle Veröffentlichungsrhythmen, leichte Geschichten, der Fokus auf soziale Medien und die Interaktion mit der Zielgruppe – lassen sich mit seinem Ursprung erklären: New Adult hat seine Anfänge im Selfpublishing, also dem Eigenverlag, wo Autorinnen und Autoren ihre Bücher ohne Verlag schreiben und veröffentlichen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Decot spricht hier von einem „Demokratisierungsprozess“ des Bücher-Machens: „Leute schaffen es, im Selfpublishing erfolgreich zu sein, die vorher durchs Raster gefallen sind.“ Mittlerweile zählt es für die Verlage zum normalen Geschäft, sich dort umzuschauen – und beliebte Titel ins eigene Programm zu hieven.