1400 Partner in NRWWie „Too Good To Go“ Lebensmittelmüll verhindern will
- Täglich bleiben im Handel, der Gastronomie und in Bäckereien Lebensmittel und frisch gekochte Mahlzeiten übrig.
- Mit der App „Too Good To Go“ können Nutzer sehen, wo. In Köln machen inzwischen über 200 Partnerläden mit.
- Deutschland-Chefin Laure Berment erklärt, wieso die App so erfolgreich ist. Und dass sie längst nicht nur von ökologisch bewussten Studierenden genutzt wird.
Köln – „Du bist jetzt Teil einer Gemeinschaft von 23 Millionen“, informiert die App „Too Good To Go“ neue Nutzer. Auf der Startseite vermelden Alnatura und Supasalad, dass sie für heute ausverkauft sind. Aber in der Möfa-Küche ist vom Mittagstisch etwas übrig geblieben. Abzuholen zwischen 19 und 19.30 Uhr, für vier Euro pro Mahlzeit. Dazu der Hinweis, wenn möglich einen eigenen Beutel mitzubringen. Das Konzept von „Too Good To Go“ ist simpel: In Supermärkten, Bäckereien, Hotels, Restaurants und Cafés bleiben täglich frische Lebensmittel übrig. Über die App können Nutzer sehen, wo. Frisch Gekochtes vom Asiaten, Obst und Gemüse von Rewe und Co. oder Brötchen vom Bäcker um die Ecke: Ein Klick auf den Reservieren-Button und die Mitarbeiter stellen eine „Magic Bag“ zusammen. Eine Überraschungstüte mit dem, was am Tag übrig geblieben ist.
2015 startete das Unternehmen in Dänemark. Die Gründer blickten nach einem Essen im Restaurant auf ein voll bestücktes Buffet. Sie fragten nach, wo die Lebensmittel landen. Die Antwort: im Müll. Es fehlt an Alternativen, so die Erklärung der Gastronomen. Das war der Beginn von „Too Good To Go“. Heute, nur fünf Jahre später, ist das Unternehmen in 15 Ländern vertreten. Europaweit hat die App über 23 Millionen Nutzer, davon allein in Deutschland 3,5 Millionen. In NRW nehmen inzwischen 1400 Partnerläden teil. Mehr als 1,2 Millionen Mahlzeiten haben Nutzer abgeholt und so gerettet. Das entspricht 3100 Tonnen CO2 , die dadurch eingespart wurden.
Wirtschaftlicher Erfolg und gleichzeitig Gutes tun
Seit 2016 gibt es „Too Good To Go“ in Deutschland, mit Zentralen in Düsseldorf und Berlin. Deutschland-Chefin Laure Berment sagt, das Unternehmen betrachte sich als Teil der Food-Waste-Bewegung, als Gemeinschaft von Lebensmittelrettern also. „Wir arbeiten wie ein klassisches Unternehmen. Nur, dass wir uns zu 100 Prozent mit der Lösung eines sozioökonomischen Problems beschäftigen. Wenn wir wirtschaftlich erfolgreich sind, tun wir gleichzeitig etwas Sinnvolles“, erklärt Berment ihre Motivation.
Lebensmittelverschwendung werde entlang der gesamten Wertschöpfungskette verursacht. Bei der Ernte, wenn Gemüsesorten im Acker bleiben, weil sie den Standards nicht entsprechen. Beim Transport von einem zum anderen Ort. Und vor allem zu Hause. Etwa 50 Prozent der Lebensmittelverschwendung fallen in Privathaushalten an. „Je weiter hinten in der Kette ein Produkt entsorgt wird, desto mehr Ressourcen werden verschwendet. Weil schon so viele Ressourcen in das Produkt geflossen sind“, erklärt Laure Berment. Für den Nutzer der App von „Too Good To Go“ steht im Vordergrund: Ich tue etwas dagegen. Und ich tue es nicht allein. Hinter jedem Klick auf ein Angebot wartet eine kurze Erinnerung daran: „Vielen Dank, dass du dich gegen Lebensmittelverschwendung engagierst“, steht unter einem Hinweis, dass die Quittung für die gerettete Mahlzeit nur für denselben Tag gültig ist.
Über 200 Partnerläden in Köln
In Köln nehmen 220 Läden an den „Rettungen“ teil. Eine Bäckerei in Sülz ist seit zwei Jahren dabei und bringt es auf 2500 gerettete Portionen. 209 Bewertungen sind für das Geschäft eingegangen. Die User geben ihre Einschätzung zum Service, der Qualität und den Portionsgrößen ab. 88 Prozent der Nutzer haben mindestens vier von fünf Sternen vergeben.
Wenn Betriebe Einwände gegen eine Zusammenarbeit mit „Too Good To Go“ erheben, dann weil sie Mehraufwand befürchten, sagt Berment. Aus der Praxis erreiche sie aber die Rückmeldung, dass das Tütenpacken weniger Zeit koste, als man befürchtet hatte. Außerdem bindet auch die Entsorgung Arbeitskraft. „Ich habe durch die App einen Zusatzgewinn. Ein Euro fließt bei jeder Mahlzeit an uns, der Rest verbleibt im Geschäft. Die Kosten für die Entsorgung fallen weg“, so die Betriebswirtin.
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Es sei die richtige App im richtigen Moment gewesen – in dem Moment, als das Bewusstsein für den Planeten wuchs, erklärt sie den Erfolg. 2016 sei die Initiative für eine Zusammenarbeit meist noch von „Too Good To Go“ ausgegangen. Inzwischen kommen die Anfragen aus den Betrieben selbst. Das Thema sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Berment ist selbst überrascht, welche Menschen die App nutzen: „Ich dachte, das sind vor allem Studierende, die sich günstig und nachhaltig ernähren wollen. Aber wir haben auch relativ viele Rentner und sehr viele Berufstätige.“ Inzwischen sei man mit den Nutzerzahlen über die Masse der ökologisch Interessierten hinaus. Aber für die Lösung des großen Problems Lebensmittelverschwendung sei die App noch viel zu klein.