Toxische KollegenSchon ein einziger fieser Mitarbeiter versaut das ganze Büroklima
Es ist zwar keine Grippe oder Erkältung, deren Erreger sich über ein kräftiges Niesen oder Husten im Büro verbreiten. Aber: Unhöflichkeit und Grobheit am Arbeitsplatz sind ebenso ansteckend, sagen US-Forscher von der University of Florida. Laut einer Studie des Warrington College of Business Administration verhalten sich Mitarbeiter, die unter dem unfreundlichen Benehmen ihrer Kollegen leiden, auch häufig selbst unhöflicher, wenn sie anschließend Menschen begegnen.
Wer von Kollegen schlecht behandelt wurde, ist zudem empfindlicher anderen gegenüber und fühlt sich auch schneller persönlich angegriffen. Und die Reaktion darauf ist wiederum ein unfreundliches Verhalten: Die erlebten negativen Emotionen werden also wie ein Virus immer wieder weitergegeben, und jeder kann der Träger sein.
Das bedeutet: In Unternehmen mit nur einem toxischen Arbeitnehmer werden Gemeinheiten und Respektlosigkeiten sehr wahrscheinlich die Runde machen.
„Ein Teil des Problems ist, dass wir in der Regel bei solchen Verhaltensweisen tolerant sind, sie dulden. Dabei sind sie eigentlich sehr schädlich“, sagte Trevor Foulk, der die Studie leitete. „Unfreundlichkeit hat unglaublich mächtige negative Auswirkungen auf den Arbeitsplatz.“
Foulk und sein Team beobachteten 90 Studenten bei Verhandlungen mit ihren Kommilitonen und baten sie, das Verhalten ihrer Partner zu bewerten. Dabei kam heraus: Studierende, die ihre anfänglichen Partner als unhöflich bewertet hatten, wurden später von anderen Verhandlungspartnern auch selbst häufiger als unhöflich eingeschätzt: Sie hatten das Verhalten gespiegelt, und das siogar noch eine Woche später. Die Studienergebnisse wurden im Journal of Applied Psychology veröffentlicht.
Forscher: Arbeitgeber sollten Unhöflichkeit ernst nehmen
Die Studie zeigte auch das Ausmaß der Nachwirkungen von Unfreundlichkeit: Teilnehmer, die zuvor ein Video mit einer unhöflichen Interaktion am Arbeitsplatz gesehen hatten, beantworteten eine E-Mail von einem fiktiven Kunden eher unfreundlich. Hingegen antworteten Menschen, die ein Video mit einer höflichen Interaktion angeschaut hatten, auf die gleiche Mail in einem freundlicheren Ton. „Das zeigt uns, dass Unfreundlichkeit einen Einfluss darauf hat, wie wir mehrdeutige Signale interpretieren“, sagte Foulk. Sein Team verglich den negativen Langzeiteffekt sogar mit dem von Zigarettenqualm.
Arbeitgeber sollen durch die Studie dazu ermutigt werden, Unhöflichkeit ernster zu nehmen. „Manche Berufstätige machen in ihrer gesamten Karriere keinerlei Erfahrungen mit Mobbing und Aggressionen. Aber auch Unfreundlichkeit hat einen negativen Einfluss auf die Leistung im Job“, sagte Wissenschaftler Foulk. „Man sollte dem Problem nicht den Rücken zukehren, es spielt eine Rolle.“
Was können Betroffene bei Konflikten am Arbeitsplatz tun? Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite.
Konflikte am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit. Schließlich treffen dort auf engstem Raum jeden Tag die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander. Friede-Freude-Eierkuchen ist da oft nur eine Wunschvorstellung.„Eigentlich geht man Menschen, mit denen man Streit hat, aus dem Weg“, sagt Karriereberater Martin Wehrle. „Im Büro geht das nicht. Im Gegenteil, man muss mit ihnen reden. Das führt zu großer Anspannung. Manchmal kommt es zu Explosionen.“
Das Belastende an Konflikten ist, dass dabei Emotionen im Spiel sind. „Man ist wütend, aufgebracht, verletzt“, weiß Konfliktberaterin Ursula Wawrzinek. „Das bringt uns aus der inneren Ruhe und strengt uns an.“ Einen Kollegen zu ignorieren, sei auch keine Lösung. „Es ist ebenfalls anstrengend, wenn man sich innerlich zurückzieht, um jemand anderes zu meiden.“
Es komme sogar häufig vor, dass jemand jahrelang gerne zur Arbeit gegangen ist – ein Konflikt dann aber alles zerstöre. „Das vermiest einem die Arbeits- und Lebensqualität“, weiß Wawrzinek. Die Folge: „Viele werden psychisch krank oder haben körperliche Symptome wie Magenkrämpfe oder Kreuzschmerzen.“
Es geht um Werte, Pünktlichkeit oder Freundlichkeit
Für Konflikte kann es mehrere Ursachen geben. „Häufig fühlt sich einer von einem Kollegen schlecht behandelt oder hat das Gefühl, dass er ihm etwas vorschreiben will, obwohl er gar nicht der Chef ist“, sagt die Konfliktberaterin. „Ein weiterer Grund für einen Konflikt kann der Eindruck sein, man selber arbeite viel mehr als jemand anderes.“
Außerdem kann laut Wawrzinek der Führungsstil des Chefs zu Konflikten führen, etwa wenn der einen Liebling hat oder man sich aus anderen Gründen ungerecht behandelt fühle. Hinzu kommen unterschiedliche Auffassungen über Arbeit, Werte, Pünktlichkeit oder Freundlichkeit. „Einige ärgern sich zum Beispiel, wenn ein Kollege morgens nicht grüßt – andere ärgern sich darüber, dass er erst einmal einige Minuten braucht, um wirklich alle Kollegen zu begrüßen.“
Bei Konflikten kann ein Mediator helfen
Damit es allerdings gar nicht erst so weit kommt, sollte man die Konflikte rechtzeitig angehen. „Die Lösung hängt von der Eskalationsstufe ab“, erklärt Diplom-Psychologe Hans Peter Dogge. „Wer mit einem Kollegen in Konkurrenz steht, aber noch halbwegs normal miteinander redet, sollte sich nach einem eigenen Fehlverhalten entschuldigen oder ruhig eine offene Aussprache suchen.“
Ist der Konflikt schon eine Stufe weiter, redet man meist nur noch wenig oder gar nicht mit dem anderen und sieht den anderen häufig als Gegner an. „Auch dann hilft eine offene Aussprache, auf die man sich vorbereiten sollte“, sagt Dogge, der viel in der Unternehmensberatung und im Führungstraining arbeitet. „Dafür sollte man sich klar machen, dass zu einem Konflikt immer zwei gehören – auch ich habe einen Anteil daran!“ Deswegen müsse man selbst bereit sein, etwas zu ändern und dem anderen einen Schritt entgegen zu kommen.
„Für das Gespräch sollte ich mir also überlegen, was ich genau ansprechen möchte, aber auch, was ich dem anderen anzubieten habe“, rät der Experte. Klappt das zu zweit nicht, sollte man sich einen Mediator suchen, zum Beispiel den Chef oder ein Betriebsratsmitglied. „Wichtig ist in jedem Fall, eine Lösung zu finden, mit der beide leben können.“ (gs/dpa)