UrheberrechtWarum Fotos vom Eiffelturm teuer werden können
Bekannte Bauwerke zählen zu den beliebtesten Reisemotiven. Längst landen die Aufnahmen aber nicht mehr nur in privaten Fotoalben, sondern bei Imagehostern, auf Blogs und in sozialen Netzwerken. Mancher denkt vielleicht auch an den Verkauf über Bildagenturen. Allerdings ist die Verbreitung rechtlich nicht immer unbedenklich.
Denn auch Bauwerke können, wenn sie aus dem architektonischen Einerlei herausragen, dem Urheberrecht unterliegen. Dieses soll ihren Schöpfer vor unerlaubter Nutzung anderer schützen und eine angemessene Vergütung sichern. Bei einer Verletzung drohen Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen.
Uneinheitliches Urheberrecht
Das von Land zu Land unterschiedliche Urheberrecht erschwert die Antwort darauf, was erlaubt ist und was nicht. Grenzüberschreitende Fälle können gar dazu führen, dass eine im Land des jeweiligen Bauwerks erlaubte Nutzung in einem anderen Land verboten ist. Doch wann ist überhaupt bei Fotos von Bauwerken Vorsicht angebracht? Eine kleine Reise zu einigen Sehenswürdigkeiten europäischer Länder bringt etwas Licht ins Dunkel des internationalen Urheberrechts.
Eiffelturm bei Nacht
Licht im Dunkel ist auch der Grund, der Aufnahmen des Eiffelturms bei Nacht ihren besonderen Reiz gibt. Wer sie einfach so verbreitet, stößt jedoch an rechtliche Grenzen. Grund ist im Fall des Eiffelturms allerdings nicht das Bauwerk an sich, sondern dessen Beleuchtung. Denn diese ist hier als Kunstwerk urheberrechtlich seit dem Jahr 1985 geschützt.
Über die Verbreitung nächtlicher Eiffelturmbilder wacht hier die Betreibergesellschaft SETE. Solange jemand entsprechende Videos und Fotos ohne finanzielle Absichten verbreitet – wie etwa in einem privaten Blog oder in sozialen Netzwerken – fordert sie regelmäßig nur, sie mit dem Zusatz „copyright Tour Eiffel – illuminations Pierre Bideau“ zu versehen.
Sie könnte aber auch die Unterlassung und Schadensersatz verlangen – womit bei kommerzieller Nutzung solcher Nachtaufnahmen durchaus zu rechnen ist. Für Aufnahmen des nichtilluminierten Pariser Wahrzeichens gilt dies nicht. Denn auch in Frankreich erlischt 70 Jahre nach dem Tod eines Schöpfers das Urheberrecht. Zu dieser sogenannten Gemeinfreiheit kam es im Fall des 1923 verstorbenen Eiffelturm-Erbauers Gustave Eiffel bereits im Jahr 1993.
Panoramafreiheit und Gebäudefotos
Nach deutschem Urheberrecht müsste sich die SETE die Verbreitung beleuchteter Eiffelturmbilder auf Deutschland bezogen grundsätzlich gefallen lassen. Denn hierzulande schränkt die auch als Straßenbildfreiheit bekannte Panoramafreiheit das Urheberrecht ein. Demnach müssen es Urheber ausnahmsweise hinnehmen, dass jedermann ihre vom öffentlichen Raum aus sichtbaren Werke – insbesondere Bauwerke – auch zu kommerziellen Zwecken abbildet und verbreitet.
Die Abbildung muss zudem die weiteren Voraussetzungen der in § 59 Urhebergesetz geregelten Panoramafreiheit erfüllen. Demnach muss sich ein Werk bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden. Bei Bauwerken ist die Abbildung auf die Außenansicht beschränkt. Bilder des Gebäudeinneren, darunter auch von Innenhöfen, sind tabu.
Verhüllter Reichstag kein „bleibendes Bauwerk“
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied zudem, dass das Abbilden ohne Hilfsmittel wie Leitern, Podeste oder überlange Stative erfolgen muss. Insbesondere die Abbildung über Zäune, Hecken oder andere Hindernisse hinweg sowie ihr Durchlöchern oder Beiseiteschieben ist so verwehrt. Auch die immer beliebter werdenden Kameradrohnen sind damit außen vor.
Entscheidend ist zudem, dass es sich um ein bleibendes Bauwerk handelt. Im Falle des zeitweise durch den Künstler Christo verhüllten Berliner Reichstags galt die Panoramafreiheit daher nicht.
Bildbearbeitung eingeschränkt möglich
Freunde der Bildbearbeitung sollten nicht zuletzt beachten, dass Verfremdungen des Originals aufgrund des Änderungsverbots nur in Maßen zulässig sind. Darüber wurde insbesondere im Rahmen des in Köln bekannten Schriftzugs „Liebe deine Stadt“ gestritten. Änderungen im Rahmen herkömmlicher Fototechnik sind dem Urteil zufolge erlaubt.
Dazu gehört die Wahl des Bildausschnitts, Änderungen der Helligkeits-, Farb- und Kontrastwerte durch Einstellung der Brennweite und Belichtungszeit sowie jede Art von Vergrößerung oder Verkleinerung. Für Farbfilter, nachträgliche Retuschen sowie die Anwendung moderner Verfahren der digitalen Bildbearbeitung gilt das jedoch laut Oberlandesgericht Köln nicht mehr.
Hundertwasserhaus, Atomium oder Schloss Sanssouci: Welche Regeln hier gelten, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Bild vom Hundertwasserhaus kann verboten werden
Begehrt ein Fotograf den Urheberrechtsschutz für sich, ist das Urheberrecht des Landes entscheidend, in dem er diesen Schutz begehrt. Dieses Schutzlandprinzip führt zur Anwendung deutschen Urheberrechts, wenn Rechteinhaber gegen eine in Deutschland verbreitete Abbildung eines ausländischen Bauwerks vorgehen wollen. Das kann zu kuriosen Entscheidungen führen. So konnten die Rechteinhaber am Wiener Hundertwasserhaus den Verkauf einer Abbildung in Deutschland von den dafür zuständigen deutschen Gerichten verbieten lassen.
Die Abbildung zeigte zwar die Fassade, allerdings vom Standpunkt eines oberen Raumes im gegenüber liegenden Haus. Somit ergab sie sich nicht aus dem Blickwinkel öffentlichen Grundes. Den setzt die Panoramafreiheit nach deutschem Recht aber voraus. Das Besondere am Fall: Mangels einer solchen Einschränkung der Panoramafreiheit im österreichischen Recht mussten die Kläger die Verbreitung der Hundertwasserhaus-Abbildung im eigenen Land hinnehmen.
Foto vom Brüsseler Atomium ist nicht gemeinfrei
Auch im Übrigen gilt die Panoramafreiheit nicht in allen Ländern und erst recht nicht gleich. In manchen Ländern bezieht sie sich nur auf bestimmte Werke wie Kunst- oder Bauwerke. Im belgischen Recht fehlt sie beispielsweise für Gebäude. Die Verbreitung von Bildern des Atomiums ist somit nicht von der Panoramafreiheit gedeckt.
Im Gegensatz zum Eiffelturm wird es auch auf lange Sicht noch nicht gemeinfrei. André Waterkeyn, der das Atomium entworfen hat, ist erst 2005 verstorben. Wer Abbildungen des Brüsseler Atomiums verbreiten will, sollte daher die Hinweise der diese Rechte verwaltenden Vereinigungen beachten.
Kein sorgloses Fotografieren in Sanssouci
In einer umstrittenen Entscheidung hat der BGH zudem die Rechte öffentlicher Grundstückseigentümer gestärkt: Grundlage war ein Streit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg um ein kommerzielles Angebot von Bildern des bekannten Schlosses Sanssouci. Der Beklagte hatte diese auf dem Grundstück in den zur Schlossanlage gehörenden Bereichen gemacht, konnte sich also nicht auf die Panoramafreiheit berufen.
Die Stiftung verlangte daraufhin die Vermarktung zu unterlassen und Zahlung von Schadensersatz. Der BGH urteilte daraufhin, dass öffentliche Eigentümer darüber entscheiden dürfen, wer die wirtschaftlichen Vorteile – hier also die Erlöse aus dem Verkauf von Bildern – aus dem Grundstück ziehen darf. Aus diesem Grund sollte sich jeder, der Aufnahmen zu Geld machen will, auch hier beim jeweiligen Eigentümer zuvor erkundigen.
Gastautor Christian Günther ist Assessor und Redakteur bei anwalt.de.