Vertriebsfirma MEGAllianz will Göker an den Kragen

Mehmet Göker
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Köln – Mehmet Ercan Göker nimmt immer noch gerne Geld in die Hand. Wenn in der Champions League Bayern München auf Real Madrid trifft, dann würde er „jede Summe auf Weiterkommen Bayern“ setzen, das verkündete er auf seiner Facebook-Seite. Der 36-Jährige bittet aber nur um „ernste Wetten“, der Mindesteinsatz beträgt schließlich 100 Euro.
Göker soll bald wieder Geld in die Hand nehmen – aber vor allem, um es an die Allianz zurückzuzahlen. Sie fordert zwei Millionen Euro von Gökers ehemaliger Firma, der MEG AG, sowie 125000 Euro von Göker selbst. Geld, das der Allianz zu Folge aus früheren Zahlungen von Vorabprovisionen zusteht. Sie geht strafrechtlich gegen den gelernten Versicherungskaufmann vor.
Der Sohn türkischer Einwanderer war mit seiner MEG eine Zeit lang Deutschlands erfolgreichster und bestverdienender Verkäufer von privaten Krankenversicherungen. Jahrelang galt der gebürtige Kasseler als einer der Top-Vertriebler der Branche und erhielt für initiierte Vertragsabschlüsse bis zu 8000 Euro Provision.
Gökers Aufstieg begann 2003, als er als Einzelunternehmer erstmals private Krankenversicherungen vermittelte, so erfolgreich, dass er 2006 die MEG AG gründete. Die MEG zählte zu diesem Zeitpunkt 150 Mitarbeiter. Drei Jahre später waren es bereits fast 1400 Angestellte, der Jahresumsatz lag bei über 70 Millionen Euro. Das Geschäftsmodell war simpel: Die MEG akquirierte neue Vertragsabschlüsse, und die Versicherungskonzerne zahlten im Gegenzug für die durch die MEG neu gewonnenen Kunden Provisionen. Weil die MEG so erfolgreich war wie kaum jemand sonst im Markt, waren die Zahlungen entsprechend hoch.
Ein Millionär mit 13 Ferraris
Der Ex-Makler brachte es so zu 13 Ferraris, war mit 25 Jahren Millionär und unternahm Luxusreisen in die ganze Welt. Er besaß Villen auf mehreren Kontinenten und zeigte sich wiederholt perfekt frisiert im Kreis seiner Freunde, mit dicken Zigarren. 2009 hatte die MEG den Bogen allerdings überspannt. Die Firma ging Bankrott und wurde nach gescheiterten Sanierungsversuchen vom Insolvenzverwalter übernommen. Göker lernte nicht nur den Wohlstand, sondern auch die Justizbehörden kennen. Es gab Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue und Insolvenzverschleppung. 2008 war Göker bereits wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 720000 Euro verurteilt worden. Die Forderungen verschiedener Versicherungskonzerne gegenüber der MEG hatten sich zwischenzeitlich auf 22 Millionen Euro angehäuft, darunter nicht nur die Allianz, sondern auch die Axa, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Derzeit sollen die Schulden im niedrigen, zweistelligen Millionenbereich liegen.
Die hohen Forderungen sind die Folge des Geschäftsmodells: Die MEG konnte die Verträge nicht mehr liefern, die Provisionen wurden aber vorab bezahlt. Auch von der Allianz. Die vermutet, dass Göker, der aktuell an der Ägäis lebt und wieder in der Versicherungsbranche aktiv ist, noch Vermögenswerte in der Türkei besitzt. Sie beruft sich dabei laut „Handelsblatt“ auf ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Kassel von April 2013. Bislang ist unklar, welches Vermögen Göker gehört und wie viel er verdient. Genau das will der Münchener Konzern nun aber herausfinden. Mit einem Strafantrag hat die Versicherung dafür gesorgt, dass die Staatsanwaltschaft ermitteln muss. Der Konzern will dadurch einen Einblick in früheren Akten und Unterlagen über Göker erhalten, die über seine Vermögenswerte Aufschluss geben könnten. Konkret geht es um 12 Häuser einer Villenanlage der Türkei. Die Pfändung dieser Immobilien soll Göker vereitelt haben, indem er vorher die Grundschuld auf einen Freund übertrug. Die Allianz will die Pfändung der Häuser durchsetzen.
Das ist länderübergreifend möglich, weiß der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke. „Zwischen Deutschland und der Türkei bestehen Vollstreckungsabkommen.“ Deutsche Urteile können dort vollstreckt und auch das Vermögen des Schuldners gepfändet und zwangsversteigert werden. Allerdings sei die Anerkennung eines Vollstreckungsbescheides, der in einem deutschen Verfahren erwirkt wurde, nicht einfach. Solmecke erklärt: „Dieser Bescheid kann lediglich als Beweismittel im Rahmen einer neuen Klage dienen.“ Darauf dürfte die Allianz setzten. Fakt ist, dass der Konzern auf Akteneinsicht besteht.