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Von wegen MännersacheDiese Frau steuert einen 3000 Tonnen schweren Zug

Lesezeit 3 Minuten
Gina Böhmer mit ihrer Lok, der 90 Tonnen schweren G1000 von Vossloh

Gina Böhmer mit ihrer Lok, der 90 Tonnen schweren G 1000 von Vossloh

Gina Böhmer ist 23 Jahre alt und 1,55 Meter groß. Für die Bundeswehr war sie zu klein, deshalb bewegt sie heute 3000 Tonnen mit ihrer Lok.

Bei der Verkehrssendung „7. Sinn“ wurden in den 1970er Jahren noch Filme gezeigt, die demonstrieren sollten, welche Probleme Frauen beim Steuern und Einparken normaler Autos haben. Das wäre heute undenkbar, nicht nur auf der Straße, sondern auch im Schienenverkehr. Der Beruf des Lokführers war in den Wirtschaftswunderjahren ein Traumjob, vor allem für Jungs und junge Männer. Heute auch für Frauen.

Lokführerin statt Bundeswehr

Gina Böhmer ist 23 Jahre alt und 1,55 Meter groß. Als Kind wollte sie Polizistin oder Bundeswehrsoldatin werden. „Für die Bundeswehr war ich leider zu klein“, sagt Böhmer. Heute steuert sie eine 90 Tonnen schwere Lok. Die Rangierlok heißt offiziell „G 1000 B“ und hat, für die Insider, einen dieselhydraulischen Antrieb.

Bis zu 3000 Tonnen kann sie mit ihrer Lok ziehen, in der Spitze. Nach dem Fachabitur war für sie klar: „Ich will nicht studieren, und ich will auf keinen Fall einen Bürojob“. Auf dem Bau hatte sie nach der Schule gejobbt, als Helferin. Berührungsängste mit angeblichen Männerberufen hat die junge Frau also nicht. Aktuell reißt sie ihr eigenes Haus in Köln ab, um es später mithilfe anderer wieder aufzubauen.

Die Idee mit der Eisenbahn hatte ihr Vater, der war lange in einer Führungsposition bei einer Tochter der Deutschen Bahn. 2020 schließlich trat sie ihre Lehre zur Lokführerin bei der Rhein-Cargo an, einer Beteiligung der Häfen und Güterverkehr Köln (HGK). Böhmer besitzt „Führerscheine“ für zwei Loktypen, die genannte dieselhydraulische „G 1000“ und die dieselelektrische „DE 1002“, sozusagen die Hybrid-Version einer Lokomotive. Statt eines Getriebes wie beim Auto gibt es Elektromotoren.

Eine Ausbildung wie ein Jura-Studium

Wie ist so eine Ausbildung auf einer Lok? „Gefühlt wie ein Jura-Studium, denn neben Technik gibt es Regeln, Regeln, Regeln“, sagt Böhmer. Sie zog die reguläre dreijährige Ausbildung einer Schnellversion vor. „Man lernt mehr“, sagt sie. Neben dem Rangieren fährt sie die Loks auch, also Strecken wie vom Niehler Hafen nach Düsseldorf, nach Brühl oder zum Bahnhof Eifeltor. So eine Strecke kann 30 Minuten dauern, oder einen ganzen Tag. Je nach Stau und Verkehrsaufkommen, das ist auf der Schiene nicht anders als auf der Straße. Güterzüge haben nämlich oft das Nachsehen bei Konkurrenz mit Personenverkehr im rheinischen Schienennetz.

Nachtschichten gehören zum Berufsalltag. Und sind ihr ganz lieb. „Mehr Flexibilität. Und auch mehr Geld“, daraus macht Böhmer keinen Hehl. Das Rangieren der Lok sei einfacher als etwa einen Traktor rückwärtszufahren. Dennoch ist das kein Kinderspiel. Ein 3000-Tonnen-Zug bremst nicht so kurz wie ein Ford-Fiesta. Daher gelte: Beim Rangieren ist 25 Kilometer pro Stunde das Maximum. Wer wegen eines zu langen Bremswegs ein Signal überfahren sollte, hat ein Problem.

Und was macht so eine 23-jährige Lokomotivführerin abseits der Schiene? Professionell treten und schlagen. Gina Böhmer ist Kickboxerin, trainiert hart und tritt bei Wettbewerben an.