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Wenig Interesse am TestamentWorauf es beim Vererben ankommt - und wo Fallen lauern

Lesezeit 5 Minuten
Eine Frau schreibt ein Testament.

Fast zwei Drittel aller Deutschen beschäftigen sich ungern mit dem Thema Erben und Vererben, nur ein Drittel hat ein Testament.

Noch nie haben die Deutschen so viel Vermögen vererbt wie im Jahr 2023, doch ein Testament hat nur ein Drittel. Das kann fatale Folgen haben.

Mit der eigenen Endlichkeit befassen sich Menschen naturgemäß nur widerwillig – und so auch damit, was mit ihrem Vermögen passiert. Fast zwei Drittel aller Deutschen beschäftigen sich ungern mit dem Thema Erben und Vererben, nur ein Drittel hat überhaupt ein Testament, zeigt eine Studie der Deutschen Bank und des Instituts für Demoskopie Allensbach. Dabei haben die Deutschen immer größere Vermögen, die sie an nachfolgende Generationen weitergeben. Im Jahr 2023 haben die Finanzämter in Deutschland laut Statistischem Bundesamt Erbschaften und Schenkungen im Wert von 121,5 Milliarden Euro und damit fast 20 Prozent mehr als im Vorjahr steuerlich veranlagt – ein Rekordwert. Hinzu kommen nicht erfasste Erbschaften, die unter den Freibetrag fallen: Für Ehepartner etwa liegt er bei 500.000 Euro, für Kinder bei jeweils 400.000 Euro.

Warum machen so wenige Menschen ein Testament?

Hier kommen verschiedene Gründe infrage: Die einen haben womöglich nichts zu vererben, die anderen sind mit der gesetzlichen Erbfolge zufrieden. Die Studiendaten zeigen allerdings noch einen weiteren Zusammenhang: Je komplexer die Vermögen werden, desto mehr nimmt das Interesse an einer Nachlassregelung ab. Woran das liegt, können die Experten nur vermuten: „Die Hürde ist höher, sich mit der Aufteilung komplexer Vermögen zu beschäftigen, als wenn es nur um einen Geldbetrag auf dem Girokonto geht“, sagt Angelika Kesselmeyer, Vermögensexpertin von der Deutschen Bank. Wer beispielsweise Immobilien vererben will, muss zuvor deren Wert ermitteln. Am häufigsten wird zwar nach wie vor Geld vererbt, doch mehr als die Hälfte der Erben hat eine oder mehrere Immobilien geerbt; 2018 waren es 40 Prozent. Auch Wertpapiere (14 Prozent; 2018: 12 Prozent) und Gold (8 Prozent; 2018: 4 Prozent) werden zunehmend weitergegeben.

Wann sollte ich ein Testament machen?

Ganz einfach gesagt: Dann, wenn es etwas zu vererben gibt. Das müssen nicht direkt große Geldsummen oder Immobilien sein. Auch der Haustiere oder der digitale Nachlass können vererbt werden, also unsere Daten in sozialen Netzwerken, bei Online-Bezahldiensten oder Online-Spielen, ebenso Vermögenswerte wie Auto, Hausrat und Kontoguthaben. Oft machen Menschen ihr Testament, um unliebsame Verwandte, die laut Erbfolge etwas bekommen würden, zu enterben. Spätestens dann, wenn der Ehepartner als Alleinerbe eingesetzt oder nicht leibliche Kinder in der Patchwork-Familie bedacht werden sollen, muss das offiziell geregelt sein.

Laut der Deutschen Bank machen die Deutschen ihr Testament mit durchschnittlich 58 Jahren. Dabei hat nur etwa jeder Zehnte unter 50 Jahren ein Testament. Jüngere Menschen haben zwar schon immer eher selten ein Testament gemacht, doch es werden immer weniger: Im Jahr 2012 hatten immerhin noch 29 Prozent ihren Nachlass geregelt. Besonders für Familien mit minderjährigen Kindern kann das zum Risiko werden. Wenn ein Elternteil stirbt, geht dessen Vermögen teilweise auf die Kinder über. Problematisch wird das etwa, wenn es um das Familienhaus geht: Verstirbt beispielsweise die Mutter ohne Testament, sind Vater und Kinder eine Erbengemeinschaft. Der Vater vertritt seine Kinder zwar gesetzlich, aber das Familiengericht schaut bei vielen Entscheidungen genau hin. Zum Beispiel, wenn die Immobilie verkauft werden soll oder die Familie ein neues Darlehen für einen Umbau aufnehmen will.

Kann ich mein Testament handschriftlich machen?

Ja, es muss aber bestimmten Formalitäten genügen. Beispielsweise müssen eigenhändige Testamente komplett handschriftlich verfasst und mit dem ganzen Namen, Datum und Ort unterschrieben sein. Wer seinen Nachlass in einem Dokument auf dem PC geregelt oder auf Band gesprochen hat, hat kein gültiges Testament. In diesem Fall greift die gesetzliche Erbfolge.

Kann ich meiner Tochter den Schmuck und meinem Neffen die goldene Uhr vermachen?

Ja, es muss aber klar erkennbar sein, wer welchen Gegenstand erhalten soll. In einem Testament kann man frei bestimmen, wer was unter welchen Umständen aus dem Vermögen bekommen soll. 48 Prozent der Deutschen haben beispielsweise schon einmal Erinnerungsstücke ohne großen materiellen Wert geerbt, 38 Prozent Möbel und 33 Prozent Schmuck.

Wer kein Testament macht, vererbt seinen Nachlass nach dem deutschen Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Es erben grundsätzlich nur Verwandte, die gemeinsame Vorfahren haben. Schwiegermütter und angeheiratete Onkel sind also nicht in der gesetzlichen Erbfolge vorgesehen, Ehepartner hingegen schon.

Ich habe weder Kinder noch direkte Verwandte. Erbt dann der Staat mein Vermögen?

Gibt es weder einen Ehegatten noch Verwandte, erbt der Staat den Nachlass. In der Studie der Deutschen Bank gehen übrigens neun Prozent der Befragten davon aus, dass sie keine gesetzlichen Erben haben. Dieses Ergebnis sei allerdings kritisch zu beurteilen, sagt Kesselmeyer: „Es gibt fast immer entfernte Verwandte, die als Erben infrage kommen. Die meisten Menschen wissen nur nicht, wie weit das deutsche Erbrecht reicht und schätzen ihren Erbenkreis daher falsch ein.“ Unter Umständen können nämlich sogar Großonkel und Großtanten als Erben infrage kommen.

Wie spreche ich das Thema am besten bei meiner Familie an?

Die meisten Menschen sprechen erst nach Schicksalsschlägen oder Todesfällen über ihren Nachlass, etwa wenn ein Familienmitglied oder Freund schwer erkrankt (39 Prozent) oder wenn eine nahestehende Person stirbt (28 Prozent). Auch Lebensveränderungen sind ein häufiger Gesprächsanlass: 24 Prozent beschäftigen sich beim Eintritt in den Ruhestand mit ihrem Nachlass, 21 Prozent, wenn es größere finanzielle Veränderungen gibt. Nur 17 Prozent sprechen anlässlich einer Familienfeier darüber. Vier von fünf Befragten finden übrigens, dass derjenige das Gespräch suchen sollte, der etwas vererben will.