Eierwurf, ZahnpastaWie fies dürfen Halloween-Streiche sein?
Nicht nur in den USA ist Halloween ein beliebtes Fest: Am Samstag (31.10.), dem Abend vor Allerheiligen, zieht fast jedes zweite Kind in Deutschland gruselig maskiert durch die Straßen und klingelt an Türen. Mit dem Ausspruch „Süßes, sonst gibt's Saures“ stellen die kleinen Monster und Hexen ihre Nachbarn vor die Wahl einer spendierten Nascherei – oder eines meist harmlosen Streiches.
Doch die Grenzen zur Randale sind manchmal fließend: Übeltäter beschmieren an Halloween Autos, reißen Pflanzen aus, heben Gullydeckel heraus oder werfen Eier auf Hauswände. Die Polizei appelliert jedes Jahr wieder an Kinder und Jugendliche, es nicht zu weit zu treiben, denn: „Nicht alles, was Spaß macht, ist auch erlaubt!“ Eltern sind zudem aufgefordert, ihren Nachwuchs im Voraus über die Konsequenzen übler Halloween-Scherze aufzuklären. Wie bleiben die Späße für alle Beteiligten ohne rechtliche Folgen?
Eier und Farbe an Fassaden sind Sachbeschädigung
An Halloween ziehen Kinder und Jugendliche von Tür zu Tür und fordern Naschereien, weil sie den Bewohnern ansonsten Streiche spielen. Das reicht vom rohen Ei, das ans Fenster geworfen wird – bis hin zur Farbbombe an der Hausfassade. „Wird das Erscheinungsbild einer Sache erheblich und nachhaltig beeinträchtigt, handelt es sich bei dem Streich um eine Sachbeschädigung“, sagt Rechtsexperte Jürgen Renz, Partneranwalt bei der Roland-Rechtschutzversicherung.
Das trifft etwa zu, wenn Farbe oder Eier von der Fassade nicht mehr ohne größeren Aufwand zu entfernen sind, wenn eine Scheibe zu Bruch geht oder ein Böller den Briefkasten beschädigt. Hier haftet das Kind – allerdings erst ab einem Alter von sieben Jahren, nach dem Grad seiner Einsichtsfähigkeit. „Die Haftung ist also einzelfallbezogen. Besitzt das Kind kein Vermögen, wird das Urteil später vollstreckt“, erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke.
Wenn Jugendliche ab 14 Jahren fremdes Eigentum beschädigen, werden sie in der Regel durch eine erzieherische Maßnahme belangt. Über 21-Jährige gelten strafrechtlich hingegen als Erwachsene und erhalten eine Geldstrafe oder -auflage. Das Strafgesetzbuch sieht bei Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor.
Am besten direkt mit den Eltern einigen
Geschädigte sollten am Besten direkt mit den Eltern sprechen und eine außergerichtliche Einigung finden, rät Michael Henn vom Verband Deutscher Anwälte. „Meistens übernimmt die Haftpflichtversicherung der Eltern den Schaden. Und der Streit über einen Anwalt bleibt erspart.“
Hat der Hauseigentümer die Halloween-Gespenster nicht erwischt, bleibt als letzte Lösung eine Strafanzeige gegen unbekannt. Die Chance sei allerdings meist gering, den Täter zu schnappen. „Halloween ist halt ein allgemeines Lebensrisiko“, so Henn.
Kleine Kinder auf dem Beutezug begleiten
Gleichzeitig können aber auch Eltern haftbar gemacht werden, die Kinder unter 16 Jahren ohne Aufsicht durch die Straßen geistern lassen und somit ihre Aufsichtspflicht grob verletzen. „So gibt es dann womöglich zwei Haftende“, mahnt Rechtsanwältin Eva Becker, Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Eltern sollten ihre Sprösslinge daher auf dem Beutezug begleiten, insbesondere wenn diese unter sieben Jahre alt sind.
Ziehen die Kinder alleine los, sollten Mütter oder Väter mit ihnen im Vorfeld darüber sprechen, was erlaubt ist und was nicht. Eine Haftpflichtversicherung, die greift, wenn doch etwas passiert, ersetzt dies allerdings aus Sicht von Becker nicht: „Eine Haftpflicht sollte man für Kinder grundsätzlich haben. Das macht immer Sinn und in diesem Kontext ganz besonders.“
Eine private Haftpflichtversicherung greife ohne nur für Schäden, die Kinder ab sieben Jahren verursachen und die nicht vorsätzlich angerichtet wurden. Doch schon das Verkleben einer Türklinke könnte ein Gericht als vorsätzliche Tat auslegen, warnt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Wann wird aus Halloween-Streichen Nötigung?
Auch womit gedroht wird, will gut überlegt sein. „Denn rechtlich betrachtet kann daraus schnell eine Nötigung werden“, weiß Anwalt Jürgen Renz. „Die Ankündigung, Zahnpasta unter die Türklinke zu schmieren, hat zum Beispiel eine andere Qualität als die Drohung, die Autoreifen aufzuschlitzen.“
Die Strafen für Nötigung richten sich nach dem Alter des Täters. Bei unter 14-Jährigen bleibt es bei einer Ansprache durch die Polizei. Wer zwischen 14 und 21 Jahre alt ist, muss mit erzieherischen Maßnahmen wie beispielsweise Sozialstunden rechnen. Erwachsene erhalten eine Geldstrafe oder Geldauflage, die sich nach ihrer wirtschaftlichen Situation richtet.
Worauf sollten Erwachsene achten?
Für Erwachsene birgt Halloween aus rechtlicher Sicht eine andere Gefahr, weiß Rechtsanwalt Christian Solmecke: „Wer sich mit einer Maske hinters Steuer setzt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Die Sicht auf den Straßenverkehr darf durch das Kostüm in keinem Fall behindert werden.“
Zahlt die Haftpflichtversicherung bei üblen Streichen? Darf man an Allerheiligen tanzen? Fragen rund um Halloween beantwortet unsere Bildergalerie: