Alltours-Chef Verhuven„Wir sind Umweltverschmutzer, da gibt es nichts schönzureden“
- Das Word „Flugscham“ wurde es von der Fridays for Future-Bewegung und den Schulstreiks der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg geprägt. Doch bei den deutschen Urlaubern ist es noch nicht angekommen.
- Alltours-Inhaber Willi Verhuven hat mit uns über die Umweltschädlichkeit von Flügen gesprochen – und stellt fest: Einen Rückgang der Nachfrage nach Flugreisen gibt es nicht.
Düsseldorf – Das Phänomen „Flugscham“ ist das neue Modewort, das aus Schweden zu uns herüberschwappt. Es meint, dass sich die immer mehr umweltbewussten Verbraucher dafür schämen, dass sie mit dem Flugzeug regelmäßig und oft in den Urlaub fliegen, obwohl bekannt ist, das dies extrem umwelt- und klimaschädlich ist. Geprägt wurde es von der Fridays for Future-Bewegung und den Schulstreiks der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg. Doch bei den deutschen Urlaubern ist dies noch nicht angekommen.
„Wir spüren keinen Rückgang der Nachfrage nach Flugreisen, die im Zusammenhang mit der negativen Klimabilanz stehen“, sagte Alltours-Inhaber Willi Verhuven dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Rande der Bilanzpräsentation. „Wir können nichts dergleichen feststellen“, so der Chef des Reiseveranstalters. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass die von seinem Unternehmen verkauften Produkte aus Klima-Sicht kritisch zu betrachten sind. „Ja, wir sind Umweltverschmutzer, da gibt es nichts schönzureden. Ein Fluggast verbraucht 3,5 Liter Kerosin pro 100 Kilometer die er fliegt“, sagte Verhuven.
Sympathien für Greta Thunberg
Gleichzeitig zeigt der Reiseveranstalter offen Sympathien für die Thunberg-Bewegung. „Ich freue mich, dass die Kinder für das Klima auf die Straße gehen, ich unterstütze das, obwohl eine andere Klimapolitik sicherlich mein Geschäft belasten würde“, sagte der Firmenchef. Bei den Verbrauchern müsste ein Umdenken stattfinden, sie müssten ein neues Bewusstsein entwickeln, was das Reiseverhalten mit dem Flugzeug angehe.
Andere Reise- und Mobilitätsanbieter setzen in Sachen Klimaschutz auf Zusatztickets zum Ausgleich der beim Flug entstehenden CO2-Emissionen. Die eingenommenen Gelder werden dann etwa zur Anpflanzung von Bäumen ausgegeben. Solche vermeintlich klimafreundlichen Angebote lehnt Verhuven kategorisch ab. „CO2-Ausgleichs-Pakete finde ich sehr schlecht. Ein gutes Öko-Gewissen ist nicht käuflich. Die Menschen sollen ruhig ein schlechtes Gewissen haben und lernen: „Man kann sich die Welt nicht mit Geld gesund kaufen“, sagte Verhuven.
Markt spürt Air-Berlin-Pleite immer noch
Dennoch spürt der erfolgsverwöhnte Reiseveranstalter einen Rückgang an Buchungen, jedoch haben die Gründe nichts mit einem anderen Umweltbewusstsein zu tun. „Der Winter begann vielversprechend“, sagte Verhoven am Dienstag. „Doch das Aus der Germania hat die positive Entwicklung gestoppt.“ Die Fluggesellschaft mit Sitz in Berlin hatte Anfang dieses Jahres Insolvenz angemeldet. Zwar habe es sich dabei um eine kleinere Airline gehandelt. Doch der Markt habe sich von der Air-Berlin-Pleite im Jahr 2017 noch nicht erholt.
„Das war dann schon eine besondere Keule“, sagte Verhuven. Die darauf folgenden Engpässe hätten dazu geführt, dass die hohe Nachfrage im Winter nicht habe bedient werden können. Auch das Sommergeschäft läuft für das Familienunternehmen noch nicht rund. „Aufgrund des heißen Sommers im vorigen Jahr lassen sich die Kunden in diesem Jahr Zeit“, teilte Alltours mit. Allerdings sieht Verhuven mittelfristig unlösbare Engpässe bei Flugreisen. „Neben den insgesamt fünf Airline-Insolvenzen der letzten Zeit wird das Angebot an Flügen dadurch stark verknappt, dass alle Flugzeuge des Typs Boeing 737-Max nach dem Absturz zweier Flieger in Folge technischer Probleme am Boden bleiben.
Eine leichte Entspannung verspricht sich Alltours durch eine stärkere Zusammenarbeit mit der deutsch-türkischen Fluggesellschaft Sunexpress. Neben Zielen in der Türkei würde diese nun auch für Alltours-Kunden nach Ägypten fliegen. Die Option, selbst eine Fluggesellschaft oder eigene Flieger zu kaufen, lehnt Verhuven ab. Germania-Chef Karsten Balke habe ihn am 24. Dezember 2018 angerufen und gefragt, ob Verhuven die Germania kaufen wolle, diese brauche Geld. „Das Ergebnis meiner Prüfung hieß: nein“, so Verhuven.