Gemeinsam mit der Stadt Köln setzt die Wirtschaftsförderung Köln-Business ihr Pilotprojekt zur Gemeinwohl-Bilanzierung fort. Was das bringt und wer dabei ist.
Wirtschaftsnacht 2024Warum Gemeinwohl auch nachhaltig ist - und was Firmen davon haben
Gemeinwohl liegt in der DNA von Hilfsorganisationen wie der Caritas. Und doch hat der Caritasverband Köln ein Jahr lang analysiert, wie er mit Kunden, Mitarbeitern, Finanzpartnern und Lieferanten umgeht. Als Arbeitgeber für mehr als 2100 Menschen und mit rund 80 Diensten und Einrichtungen war das ein ganz schöner Kraftakt. Am Ende stand eine sogenannte Gemeinwohl-Bilanz, die weltweit mehr als 1300 Unternehmen und Organisationen erstellen. Auch knapp 60 Gemeinden und Städte sowie 200 Hochschulen sind dabei.
Wirtschaft soll den Menschen dienen
Das Grundprinzip der Gemeinwohl-Bilanzierung ist, dass die Wirtschaft den Menschen dienen soll, und nicht umgekehrt. Die Gemeinwohl-Bilanz beleuchtet daher insbesondere die sozialen Aspekte eines Unternehmens. Im Kern geht es darum, dass Unternehmen nicht nur ihren Gewinn maximieren, sondern auch Themen wie Klimaschutz, Transparenz und den fairen Umgang mit Mitarbeitern, Zulieferern und Kunden mitdenken. Die Bilanzen sollen am Ende von Fachleuten bewertet werden, sind aber auch für Bürger im Internet einsehbar.
Die Caritas Köln kam bei ihrer ersten Bilanz auf 336 Punkte - maximal gibt es tausend. Eine Bilanz von null Punkten bedeutet, dass ein Unternehmen momentan alle rechtlichen Anforderungen erfüllt, die Deutschland an die Wirtschaft stellt. Jeder Punkt über null ist also mehr, als gefordert wird. Punktezahlen über 300 gelten als vorbildlich.
Zwei städtische Töchter im Pilotprojekt
Die Kölner Stadtentwässerungsbetriebe kamen bei ihrer ersten Gemeinwohlbilanz im Jahr 2022 auf 522 Punkte. Pluspunkte gab es unter anderem dafür, dass das Unternehmen in Gebäude- und Gartenpflege überwiegend Menschen mit Behinderung beschäftigt, meist regionale Lieferanten auswählt und eine unabhängige Ombudsperson für die Anliegen der Mitarbeiter bereitstellt. Die Entwässerungsbetriebe waren Teil eines Pilotprojekts, das der Rat der Stadt Köln im Jahr 2021 beschlossen hatte. Zwei städtische Unternehmen sollten sich bilanzieren lassen, darunter auch die Kölnbäder - die städtische Tochter kam auf 377 Punkte.
Gemeinsam mit der Stadt Köln setzt die Wirtschaftförderung Köln-Business das Pilotprojekt zur Gemeinwohlbilanzierung fort. Elf Unternehmen aus dem Kölner Club- und Gastrogewerbe sind in dieser Runde dabei, darunter „Bei Oma Kleinmann“, der „Club Bahnhof Ehrenfeld“ und die „Brauerei zur Malzmühle“.
EU-Regulatorik wird strenger, auch für kleine Unternehmen
Dass immer mehr Unternehmen auf diese Art bilanzieren, liegt auch an den Vorgaben der EU. Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, genannt „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD), trifft nämlich große und kleine Unternehmen gleichermaßen. Bislang müssen nur kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie die Finanz- und Versicherungsbranche berichten, inwieweit sich ihre Geschäftstätigkeit auf Mensch und Umwelt auswirkt.
Ab kommendem Jahr erweitert sich dieser Kreis: Für das Geschäftsjahr 2025 müssen all jene Firmen ihre Nachhaltigkeitsdaten offenlegen, die mehr als 250 Menschen beschäftigten, mindestens 50 Millionen Euro erlösen oder deren Bilanzsumme mehr als 25 Millionen Euro beträgt. Schätzungsweise 15.000 Unternehmen in Deutschland sind hiervon betroffen. Ab 2026 trifft die Regelung auch kleine und mittelgroße Firmen. Wer also schon heute seine wirtschaftlichen Aktivitäten bilanziert - ob nun mit dem Berichtsstandard der Gemeinwohl-Ökonomie oder einem anderen Standard - sammelt schon einmal wichtige Daten und kann entsprechend gegensteuern.
Unternehmen, die sich besonders in Sachen Nachhaltigkeit verdient machen, könnten am 29. Oktober anlässlich der Wirtschaftsnacht Rheinland ausgezeichnet werden. In der Kategorie Nachhaltigkeit werden Projekte und Konzepte prämiert, die einen nachweisbaren Einfluss auf die Verbesserung der Klimabilanz eines Unternehmens oder auf eine konkrete Produktnutzung haben. Auch soziales Engagement wird gewürdigt. Die Wirtschaftsnacht ist eine Veranstaltung der Kölner Stadt-Anzeiger Medien in Zusammenarbeit mit diversen Partnern aus der Region.