Köln benötigt dringend neuen Wohnraum. Doch die Immobilienbranche stellt neue Projekte auf den Prüfstand – auch, weil Käufer sie derzeit kaum bezahlen können.
ImmobilienWohnungen für viele nicht mehr bezahlbar – Kölner Firmen bremsen Bauprojekte
Die Bedingungen für die Immobilienbranche sind denkbar ungünstig. Hohe Baukosten, Lieferengpässe und ein Mangel an Fachkräften machen der Branche zu schaffen. Noch stärker ins Gewicht fallen allerdings die stark gestiegenen Zinsen, die vor allem den Verkauf von Eigentumswohnungen und -häusern bremsen. Die Unternehmen in der Region zeigen sich derzeit deshalb zurückhaltender, was die Umsetzung von Projekten angeht.
„Im Wohnungsbau treffen Angebot und Nachfrage derzeit nicht aufeinander“, sagt Alexander Jacobi, Geschäftsführer des Kölner Immobilienunternehmens Bauwens. Der Bedarf sei zwar weiter hoch – angesichts der hohen Zinsen könnten aber immer weniger Menschen eine Immobilie finanzieren. „Im Wohnungsbau verschieben wir bestehende Projekte deshalb ein Stück weit, um etwa 18 bis 24 Monate. Neue Projekte akquirieren wir sehr selektiv.“
Projektentwickler Pareto bei Wohnungsprojekten zurückhaltender
Auch Pareto, der Projektentwickler der Kreissparkasse Köln, agiert vorsichtiger, was die Aufnahme neuer Projekte angeht. „Wir sind zurückhaltender bei reinen wohnwirtschaftlichen Bauträgerprojekten – also dort, wo es um den Einzelverkauf von Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser an private Endnutzer geht“, sagt Geschäftsführer Martin Koll.
In den vergangenen Jahren habe man gestiegene Kosten noch durch höhere Verkaufspreise an die Käufer weitergeben können. „In der derzeitigen Situation ist dies deutlich schwerer geworden als vorher. Aufgrund der deutlich gestiegenen Zinsen ist die Kapitaldienstfähigkeit der Käufer – also die Fähigkeit, die monatliche Zins- und Tilgungsbelastung nachhaltig zu tragen – in vielen Fällen nicht mehr gegeben“, so Koll. Sowohl Bauwens als auch Pareto berichten, dass die Lage bei gewerblichen Immobilien derzeit noch deutlich entspannter sei als im Bereich Wohnen.
Die GAG stellt neue Projekte auf den Prüfstand
Das Kölner Immobilienunternehmen Pandion teilt mit, ebenfalls die „erheblichen Auswirkungen von Zinsanstieg und Inflation“ zu spüren zu bekommen. „Dennoch werden wir unsere Projekte in Köln und NRW trotz der momentan erschwerten Marktbedingungen im geplanten Zeitrahmen entwickeln und bauen.“ Man habe in den vergangenen Jahren einige Grundstücke in guten Lagen angekauft, diese Projekte sollen nun umgesetzt werden. Pandion entwickelt unter anderem das Max-Becker-Areal in Ehrenfeld.
Bei der GAG, die in Köln über einen Bestand von rund 45.000 Mietwohnungen verfügt, sind die Herausforderungen etwas anders gelagert. Dort ist es vor allem der hohe Kostendruck, der dazu führt, dass neue Bauprojekte „noch einmal durchgerechnet“ werden müssten, wie Sprecher Jörg Fleischer sagt. „Aufgrund der verschlechterten Rahmenbedingungen müssen wir neue Projekte natürlich noch einmal auf den Prüfstand stellen.“
Im Ergebnis könnte sich die Zahl der geplanten Wohneinheiten oder die Ausstattung einer Immobilie verändern. Projekte abgesagt habe man aber keine, so Fleischer. Auch laufende Neubau- und Modernisierungsvorhaben würden wie geplant umgesetzt. Dabei könne es zwar zu kleineren Verzögerungen infolge von Lieferengpässen oder der fehlenden Verfügbarkeit von Fachfirmen kommen. „Es ist aber nicht so, dass wochenlang Stillstand herrscht und das Unkraut auf der Baustelle zu sprießen beginnt“, so Fleischer.
Wohnungsunternehmen fordern bessere Förderkulisse
Die Kölner Wohnungsunternehmen fordern angesichts der erschwerten Bedingungen vor allem eine bessere Förderkulisse. „Die Fertigstellungszahlen von Neubauimmobilien werden in den kommenden Jahren deutlich sinken“, sagt Pareto-Geschäftsführer Martin Koll. „Daher wird die Wohnungsknappheit steigen. Insofern wären staatliche Förderprogramme wünschenswert, die es Kaufwilligen möglich machen, die hohen Investitionskosten zu stemmen.“ Auch die GAG verweist darauf, dass Fördergelder „gerade bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum“ ein „unverzichtbarer Baustein“ seien. Bauwens-Geschäftsführer Alexander Jacobi regt eine Neuauflage der Eigenheimzulage an. „Das wäre eine Maßnahme, die relativ schnell Wirkung zeigen würde.“
Die Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Lage erst kommendes Jahr erholen könnte. Unterdessen könnten steigende Löhne ein wichtiger Faktor für die Branche werden: Denn wenn Haushalte mehr Geld zur Verfügung haben, wird Eigentum für sie auch wieder erschwinglich.