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WohnungsgenossenschaftenGenossen sparen und kassieren Dividenden

Lesezeit 5 Minuten

Ein Beitritt zur Wohnungsgenossenschaft lohnt sich oft nicht nur für Wohnungssuchende.

Ein Ratschlag, den wahrscheinlich jeder Finanzfachmann im Lauf einer Beratung gibt, lautet: Die Vermögensanlage breit streuen. Oder salopp gesagt: Nicht alle Eier in einen Korb legen. Das heißt, je nach Risikobereitschaft ein bisschen Geld auf das Festgeld- oder Tageskonto legen, ein paar Aktien halten, ein wenig Gold für alle Krisenfälle im Tresor (hoffentlich einbruch- und ausbausicher) parken – und wenn möglich, noch in Immobilien investieren. Glücklich wer überhaupt so viel Geld zum Streuen hat.

Auf eine weitere interessante Art der Geldanlage weisen die Fachleute der Zeitschrift Finanztest in ihrem Februar-Heft hin. Dort befassen sie sich mit Sparangeboten von Wohnungsgenossenschaften und kommen zu dem Ergebnis: „Wohnungsgenossenschaften zahlen oft bessere Zinsen als Banken.“ Sparen könnten zwar nur Mitglieder von Genossenschaften, doch würde sich oft ein Beitritt nicht nur für Wohnungsuchende lohnen. Mit den besten Festzinsangeboten der Genossenschaften könnten allenfalls einige ausländische Direktbanken mithalten. Aber auch die würden es nicht schaffen, „eine Rendite von 2,5 Prozent für sechs Jahre Laufzeit zu übertreffen“.

Mitgliedschaft ist Pflicht

Der Haken an der Sache: Es gibt mehr als 1800 deutsche Wohnungsgenossenschaften, aber längst nicht jede, sondern nur ein kleiner Teil von ihnen nimmt auch Spargelder entgegen. Schließlich ist es nicht ihre Zweckbestimmung, als Sparverein zu agieren, sondern den Mitgliedern bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Deshalb besitzen nur 48 Wohnungsgenossenschaften eine Spareinrichtung, und die meisten von ihnen stehen auch nur Sparern aus dem Einzugsgebiet offen.

Finanztest konnte im Endergebnis nur zehn davon testen, weil viele Wohnungsgenossenschaften die für den Test notwendigen Daten nicht lieferten. Die Finanzfachleute vermuten, dahinter steckte die Sorge, dass es zu einem Ansturm von Kunden kommen könnte. Laut Auswertung gehört zu den Besten der getesteten Genossenschaften die Gewoba Nord, die in Hamburg und Schleswig-Holstein aktiv ist und Zinsen (festverzinsliche Einmalanlage ohne vorzeitige Verfügbarkeit) bis zu 2,5 Prozent bietet. Der Volks-Bau- und Sparverein in Frankfurt am Main bietet bei drei Jahren Laufzeit immerhin 1,4 Prozent.

Informieren: Wie immer gilt, dass man sich gut informieren soll. Bei Wohnungsgenossenschaften wie Volksbanken enthält der Geschäftsbericht genauere Informationen zur Ertragslage und zu Risiken. Allerdings ist bei Wohnungsgenossenschaften das Risiko gering. Seit Gründung eines Selbsthilfefonds der Branche 1974 hat es noch keine Pleite gegeben.

Aufpassen: „Finanztest“ rät eindringlich, Wohnungsgenossenschaften nicht mit Wohnungsgesellschaften zu verwechseln, die um Kapitalanleger werben. Wer in solche Finanzprodukte investiere, müsse sich des Risikos bewusst sein: Schlimmstenfalls könne dort das eingesetzte Kapital verloren gehen. Bei Zinsanlagen von Wohnungsgenossenschaften sei das unwahrscheinlich.

Interessant sind auch die Konditionen der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892. Hier hat die Berliner Zeitung detailliert nachgefragt: Bei drei Jahren Laufzeit gibt es 1,5 Prozent. Wer dort sein Geld nur ein Jahr anlegen möchte, bekommt aktuell immerhin 1,0 Prozent. Bei fünf Jahren Laufzeit sind es 1,75 Prozent und bei zehn Jahren stattliche 2,25 Prozent – rund doppelt so viel immerhin wie bei zehnjährigen Bundesanleihen. Eine Obergrenze für die Geldanlage gibt es nicht. Um dort Geld anzulegen, muss man auch nicht in Berlin wohnen: Das Unternehmen akzeptiert Anleger aus ganz Deutschland.

Bei Anlagen mit variablen Basiszinsen liegen laut Finanztest ebenfalls die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 sowie die Gewoba Nord vorn. Sicherheitsbedenken haben die Tester nicht. Zwar gebe es – im Vergleich zu den Banken – ein „eher grobmaschiges Sicherungsnetz“. Doch würden die Immobilien für ein hohes Maß an Sicherheit sorgen. Wohnungsgenossenschaften dürften keine zweckfremden Kredite vergeben und auch nicht mit den Einlagen spekulieren – das mache das Risiko überschaubar. Außerdem würden die Jahresabschlüsse der Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtungen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) kontrolliert.

Wer bei einer Genossenschaft sparen will, muss dort Mitglied sein. Das kostet zuweilen eine Aufnahmegebühr. Aber die Anteile an der Genossenschaft werden mit einer Dividende belohnt. Die ist allerdings vom geschäftlichen Erfolg der Genossenschaft abhängig. Sie kann gute vier Prozent betragen, in schlechteren Zeiten aber auch komplett ausfallen.

2400 Euro Dividende

Die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 zahlt schon seit Jahren vier Prozent Dividende auf die Genossenschaftsanteile. Insgesamt darf jeder Anleger dort für 60.000 Euro Anteile erwerben. Wer diesen Maximalbetrag ausnutzte, kassierte also Jahr für Jahr 2400 Euro Dividende. Um in den Genuss der Sparangebote des Berliner Unternehmens zu kommen, reicht aber der Erwerb eines einzigen Anteils zu 300 Euro.

Wenn man es mit der Streuung der Vermögensanlage ernst meint, kann man sich auch mit der Mitgliedschaft bei einer Volksbank befassen. Es gilt auch hier das Prinzip: Mit den Anteilen erwirbt man eine direkte Beteiligung, die je nach Geschäftsergebnis der Bank mit einer – bisweilen üppigen – Dividende bedacht wird. Die Berliner Volksbank zahlte beispielsweise für das Jahr 2013 drei Prozent Dividende. Ein Anteil kostet 52 Euro, die Bank selbst empfiehlt den Erwerb von zehn Anteilen. Die Höchstgrenze liegt bei 500 Stück. Bedingung ist, dass man bei der Bank ein Konto unterhält. Mittlerweile sind mehr als 146.000 Kunden auch Mitglieder der Berliner Volksbank.

Die Volksbanken sehen die Mitgliedschaft weniger als Kapitalanlage für Kunden, sondern mehr als Element einer festen Kunden-Bank-Beziehung. Der Anteilserwerb ist auch für Anleger nur sinnvoll, wenn man langfristig dabeibleibt. Denn Dividende ist nicht gleich Rendite. Die volle Dividende bekommt man nur, wenn man das volle Jahr Mitglied war. Sonst wird quartalsweise gerechnet. Zudem muss man rechtzeitig – sechs Monate Kündigungsfrist – zum Jahresende kündigen, wenn man sich die Anteile wieder auszahlen lassen. Der Wert der Anteile und die Dividende wird aber erst nach der Vertreterversammlung ausgezahlt, also Mitte des folgenden Jahres. Bis dahin muss man mit Null-Verzinsung leben.