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Kommentar

Kolumne über Fußball-Sammelkarten
Flopps statt Topps – Ich will Panini zurück

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Hamburg: Eine Frau klebt 2018 Panini- Sammelbilder der an der kommenden Fussballweltmeisterschaft teilnehmenden Spieler in das Sammelalbum.

Panini- Sammelbilder 2018

Der Wechsel von Panini zu Topps als Sammelkartenpartner für die Europameisterschaft ist für unseren Kolumnisten ein Flop.

Der Fußball, so führt man allenthalben Klage, sei nicht mehr, was er einmal war. Nicht nur, dass sich der Deutsche Fußball-Bund jüngst auf der Suche nach Sponsorengeld von Adidas abwandte und einem US-Mitbewerber in die Arme warf, bloß weil man sich mit einem teuren Protzbau seine Finanzen versaut hat.

Nein, es geht noch schlimmer: Zur in Kürze beginnenden Fußball-Europameisterschaft (wir berichteten gelegentlich) gibt es kein Panini-Heft mehr. Der neue offizielle Sammelkartenpartner ist die US-Firma Topps. Passender wäre: Flopps.

Wechsel zu Topps: ein Fiasko mit Ansage

Es ist ein Fiasko mit Ansage. Torhüter der deutschen Nationalmannschaft ist bei Topps ein gewisser Oliver Kahn. Auf der Team-Doppelseite finden sich auch Niklas Süle, Matthias Ginter, Robin Gosens, Bastian Schweinsteiger und Lothar Matthäus – allesamt Spieler, die in Julian Nagelsmanns aktueller Planung eher keine Rolle spielen.

Immerhin verzichtete Topps auf Sticker von Fritz Walter, Hans Tilkowski und Karl-Heinz Schnellinger. Mit im Heft sind dagegen Wayne Rooney, Luis Figo, Zinedine Zidane und Franz Beckenbauer. Und zwar in nicht weniger als sechs Varianten. Dafür fehlen Kilian Mbappé und Manuel Neuer. Es ist lächerlich.

Gewiss: Es ist immer eine Lotterie. Aber was waren das für goldene Zeiten, als Panini-Alben noch echte Referenzmedien waren – und bunte Kaleidoskope dessen, zu was die Evolution und schlechte Friseure in der Lage sind. Bei der WM 1982 zum Beispiel hätten die buschigen Augenbrauen von Dino Zoff einen eigenen Sticker verdient. Karl-Heinz Rummenigge sah aus wie Art Garfunkel mit Heuschnupfen. Und Felix Magath hatte schon diesen diabolischen Blick, als würde er in seiner Freizeit Frösche aufpusten oder kuwaitische Mittelfeldspieler.

Ich bin klebensmüde
Imre Grimm

Jedes Panini-Tütchen war eine Verheißung. Es löste selbst dann Glücksgefühle aus, wenn sich im Innern schon wieder keine „Silberne“ befand, sondern bloß Morteza Pouraliganji (Iran). Es war ein haptischer Genussmoment, das Gummiband um den dicken Stapel mit Doppelten zu fühlen. Natürlich hatte auch Panini zuletzt in grenzenloser Geldgier überrissen: Zur WM 2018 benötigte man schon 682 Aufkleber – fast genau doppelt so viele wie bei der WM 1994.

Das Kleben der Anderen

Die komplette Topps-Kollektion zur EM aber umfasst 728 Sammelbilder. Mit allen „Sonderstickern“ in allen Varianten zählen wir sogar 1428 Motive. Eintausendvierhundertachtundzwanzig. Für eine EM. Zu sammeln sind neben den Spielern auch 48 „Sehenswürdigkeiten“ aus allen EM-Ländern (Schloss Neuschwanstein, Eiffelturm etc.), der Ball, die Stadien und diverse Logos und Embleme.

Ich bin klebensmüde. Wir sind raus. Wir beobachten das Kleben der Anderen und sparen Hunderte Euro. Vorschlag für die EM 2028: Topps verkauft ein Heft mit weißen Seiten. Zu sammeln sind auch alle Zeugwarte, die Frauen der Zeugwarte, die Mütter der Zeugwarte, die Mitglieder des Uefa-Exekutivkomitees, die Mütter der Mitglieder des Uefa-Exekutivkomitees, sämtliche Seitenzahlen im Heft plus alle EM-Spielfelder in Originalgröße – 2,3 Millionen Sticker pro Platz. Schönes Wochenende!


Dieser Text gehört zur Wochenend-Edition auf ksta.de. Entdecken Sie weitere spannende Artikel auf www.ksta.de/wochenende.