Mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ spricht Torsten Burmester über Bündnisse, Geld und seine ersten 100 Tage als Kölns Oberbürgermeister.
Kölns neuer OBTorsten Burmester: „Köln hat viele Probleme – und alle sind drängend“

Torsten Burmester ist in der Stichwahl zum neuen Oberbürgermeister Kölns gewählt worden.
Copyright: Alexander Schwaiger
Herr Burmester, was tragen Sie für Schuhe an Tag eins nach der Stichwahl?
Noch immer dieselben Turnschuhe. Ich freue mich, dass sie noch immer halten. Es gibt aber schon Angebote, sie für einen guten Zweck zu versteigern.
Also gibt es noch Hoffnung, Sie mal in anderen Schuhen zu sehen?
Ja, auf jeden Fall. Bei protokollarischen Terminen wird das nötig sein.
Was war der überraschendste Glückwunsch?
Der kam aus Luxemburg, von Jean Asselborn (ehemaliger Vize-Premierminister und Außenminister von Luxemburg, Anm. d. Red.). Er hat mir schon kurz nachdem das Ergebnis der Stichwahl feststand Glückwünsche geschickt.
Die CDU gratuliert Ihnen in den Sozialen Medien mit einem Foto von Ihnen, versehen mit dem CDU-Logo. Dass Sie ein SPD-Mann sind, ist nicht zu erkennen. Stört Sie das?
Ich bedanke mich für jede Gratulation, außer wenn sie von der AfD kommt. Vergiftete Gratulationen von undemokratischen Parteien will ich nicht und brauche ich nicht. Aber wenn demokratische Parteien hinter mir stehen, ist das ja überhaupt nicht verkehrt. Da gucke ich nicht, ob da ein Logo über meinem Kopf ist oder nicht. Ich wurde von vielen Menschen unterstützt, auch von CDU-Mitgliedern, dafür bin ich dankbar. Auf der anderen Seite gab es ja eine offizielle Wahlempfehlung der Linken für Berivan Aymaz. Bei mir hatte sich Markus Greitemann (unterlegener OB-Kandidat der Kölner CDU und Baudezernent, Anm. d. Red.) für mich ausgesprochen, ebenso wie übrigens Volker Görzel von der FDP und der unabhängige Kandidat Hans Mörtter.
Was sind die wichtigsten Punkte, die Sie sich für Ihre ersten 100 Tage als Kölner OB vorgenommen haben?
Die beginnen für mich mit meiner Vereidigung am 6. November und meine Schwerpunkte sind klar: Da ist zum einen das Thema Verwaltung, ich will Zuständigkeiten zusammenführen und die Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung mitnehmen und ihnen Verantwortung geben, damit sie wieder entscheiden. Außerdem werde ich die Themen Sauberkeit und Sicherheit erkennbar anpacken. Und ich werde das Thema bezahlbarer Wohnraum mit Stärkung des Mieterschutzes sofort in den Fokus nehmen.
Welches Thema wird am schwierigsten zu bewältigen sein?
Das Schwierigste ist die Komplexität. Köln hat eine Vielzahl von Problemen und alle sind drängend. Angefangen von der Mobilität und der Infrastruktur, über die wirtschaftliche Situation im Moment mit Ford und der weltweiten Krise bis hin zur schwierigen Haushaltssituation.
Als nächstes muss die Bündnis-Frage geklärt werden. Aus SPD-Kreisen ist zu hören, dass man ein Haushaltsbündnis eingehen und bei weiteren Themen wechselnde Mehrheiten frei verhandeln könnte. Was halten Sie davon?
Ich rate zur offenen Diskussion. Wir führen in dieser Woche Gespräche mit den anderen demokratischen Parteien und dann wird es eine Einschätzung geben. Das hängt ja auch von der Bereitschaft anderer ab, eine Form der Zusammenarbeit zu finden. Ich strebe ein Bündnis an, das funktioniert.
Soll es eher ein festes Bündnis sein, oder können Sie der Idee der wechselnden Mehrheiten etwas abgewinnen?
Es gibt mehrere Optionen, jetzt muss man eine stabile Variante für Köln finden. Wir sprechen jetzt mit den anderen Parteien und ich werde als Oberbürgermeister dabei sein – weil ich Gestaltungswillen habe.
Dem Wunsch der Wähler käme ein Bündnis zwischen SPD, Grünen und Linken entgegen. Ist eine Einigung mit den Linken für Sie vorstellbar?
Welchem Wunsch der Wähler?
Dem, der sich in der Sitzverteilung im Stadtrat zeigt. Die Grünen haben 22 Sitze, die SPD hat mit Ihnen 19 Sitze, die Linken haben zehn. Das wäre mit 51 Stimmen eine ganz gute Mehrheit.
Bei der Stichwahl habe ich etwas anderes gesehen. Da gab es ja eine klare Empfehlung der Linken in Richtung Berivan Aymaz. Und Frau Aymaz ist nicht gewählt worden.
Das hört sich nicht so an, als wäre eine Einigung mit den Linken möglich.
Auch mit den Linken werden wir Gespräche führen. Wir werden mit allen demokratischen Parteien sprechen.
Das liebe Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Werden Sie mit Steuererhöhungen gegensteuern?
Es gibt zwei kommunale Steuern, an deren Schrauben wir drehen könnten, die Grundsteuer und die Gewerbesteuer. Beide haben Auswirkungen. Bei der Grundsteuer über die Nebenkostenabrechnung auf die Mieter. Bei der Gewerbesteuer würden die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in dieser Stadt deutlich verändert werden.
Heißt, an beiden drehen Sie nicht?
Das heißt, dass eine gute Wirtschaft stabile Rahmenbedingungen braucht. Und wenn jemand bezahlbaren Wohnraum fordert, wie ich das tue, kann er nicht indirekt an der Preisschraube für Nebenkosten drehen.
Wie können Sie trotzdem klarkommen mit dieser schwierigen Haushaltslage?
Ich setze darauf, dass wir möglichst schnell einen wirtschaftlichen Effekt in dieser Stadt haben, trotz der schwierigen Situation. Und es geht darum, die Ausgabenpolitik insbesondere bei den großen Projekten nochmal zu überprüfen. Ich erinnere an die Budgetüberschreitung von 328 Prozent bei der Mülheimer Brücke. Auch gilt es, weiterhin das Thema Altschuldenregelung auch politisch massiv zu fordern. Dann das Förderprogramm-Monitoring: Wenn wir das Geld selbst nicht haben, müssen wir das Geld anderer einsetzen. Das sind die Punkte, mit denen wir in den Haushalt gehen müssen und das werde ich mit der Stadtkämmerin Dörte Diemert diese Woche besprechen.
Glauben Sie, dass Sie als Oberbürgermeister solche Millionengräber wie die Kölner Oper oder die Mülheimer Brücke verhindern können?
Ich bin sehr dafür, dass wir Lehren aus unseren Großprojekten ziehen, dass wir die Fehler analysieren, auch extern. Deswegen werde ich möglichst schnell, auch innerhalb der ersten 100 Tage, ein zentrales Projektmanagement und ein Kosten- und Budget-Controlling einführen, über das Großprojekte gesteuert werden.
Aktuell gibt es in der Kölner Stadtverwaltung zehn Dezernate, vor fünf Jahren kamen das Umweltdezernat und das Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsdezernat dazu. Streben Sie an, das zu ändern? Ginge das überhaupt?
Nicht so schnell und einfach. Aber sie müssen ja zumindest eine Absicht formulieren, die ist bei mir und der SPD klar. Wir müssen von der Anzahl der Dezernate und der beteiligten Ämter runter, weil sich immer wieder Zuständigkeiten verheddern. Ich erinnere an das Beispiel Bauen und Wohnen, da sind fünf Dezernate und 21 Ämter beteiligt.
Man kann Dezernenten aber nicht so einfach kündigen.
Nein, aber wir können Zuständigkeiten bündeln. Und wenn entsprechende Vertragslaufzeiten enden, können wir eine Veränderung der Dezernatsstruktur herbeiführen.
Dafür bräuchten Sie eine Ratsmehrheit.
Ja, deswegen sprechen wir ja auch miteinander. Aber für mich ist das ein zentraler Punkt, weil diese zusätzliche Anzahl an Dezernaten nicht zu einer besseren Verwaltung in Köln geführt hat.
Als Sie gestern als neuer Oberbürgermeister auf der Wahlparty Ihrer Partei eintrafen, wurde das Lied „Et jitt kei Wood“ von Cat Ballou gespielt. Das war Ihr Wunsch, wie man hört. Wieso dieses Lied, was bedeutet es Ihnen?
Ich weiß nicht, wer kolportiert hat, dass es mein Wunsch war. Wir hatten einen erstklassigen DJ gestern, der hat gute Musik gemacht. Und natürlich kenne ich das Lied, ich bin ja karnevalserprobt. Das Lied ist schön, es hat etwas mit dem Stolz auf diese Stadt zu tun. Und ich bin dafür angetreten, dass dieser Stolz wiederkommt.