Ein fünfjähriges Kind wurde nach einer Kollision mit einem Lkw schwer verletzt – nicht der erste schwere Unfall in Sülz.
„Leider eine Frage der Zeit“Schwerer Unfall mit fünfjährigem Kind entfacht Verkehrs-Debatte in Köln
Rot-weißes Absperrband flattert an der Ecke Luxemburger Straße/Gottesweg im Wind. Mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei stehen im Kreuzungsbereich der stark befahrenen Ausfallstraße. Ein Unfallaufnahmeteam ist im Einsatz. Einer der Polizisten trägt ein rotes Kinderfahrrad auf dem Arm von der Straße.
Am Dienstagmorgen ist ein fünfjähriger Junge dort mit einem Lkw kollidiert und schwer verletzt worden. Nach bisherigem Kenntnisstand der Polizei fuhr das Kind gegen 8.15 Uhr in Begleitung seines 45-jährigen Vaters auf einem Fahrrad den Gottesweg in Richtung Sülzburgstraße.
Köln: Nicht der erste schwere Unfall an der Luxemburger Straße
Als der Lkw-Fahrer, der ebenfalls auf dem Gottesweg in Richtung Sülzburgstraße unterwegs war, mit seinem Sattelzug samt Auflieger nach rechts in die Luxemburger Straße einbog, geriet der Fünfjährige unter die Hinterachse der Zugmaschine. Der Vater des Jungen musste den Unfall mitansehen, er fuhr hinter seinem Sohn und konnte nicht mehr eingreifen. Rettungskräfte brachten den ansprechbaren Jungen und seinen Vater in eine Klinik. Wie genau es zu dem Unfall kam, sei noch Gegenstand der Ermittlungen, so ein Polizeisprecher am Nachmittag.
Alles zum Thema ADFC
- Gefahren für Radfahrer Aktionstag in Leverkusen: Reflektoren können Leben retten
- Verkehrsachse In Burscheid wird die Balkantrasse weiterhin nicht geräumt
- Stellplätze subventioniert In Siegburg eröffnet ein zweites Fahrradparkhaus
- Leverkusener Brücke Der neue Radweg ist schön breit, aber es gibt Kritik
- Innenstadt-Umbau Naturschützer wollen mehr Grün an Burscheids Montanusstraße
- Bundesweit auf Platz fünf Ist die Kalker Hauptstraße wirklich die gefährlichste Straße Kölns?
- Anwohner rufen zu Demo auf Wie die Luxemburger Straße nach Unfall mit Fünfjährigem sicherer werden soll
Rund um den Unfallort hinterlässt der Vorfall schockierte Anwohner: Die Verkäuferin einer Bäckerei stellt klar: „Ich würde mein Kind hier definitiv nicht Fahrrad fahren lassen.“ Sie wünsche sich, dass alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer auf der Luxemburger Straße besser aufeinander acht geben.
Die Mitarbeiterin eines Tabakladens sagt: „Ich habe den Unfall gesehen und bin geschockt. Ich hoffe einfach gerade nur, dass es dem Kind gutgeht.“ Rufe nach Maßnahmen an der viel befahrenen Unfallstelle kämen ihr noch zu früh. „So ein tragischer Unfall kann leider überall passieren, wo viele verschiedene Verkehrsteilnehmer miteinander klarkommen müssen.“
Und doch: Immer wieder kommt es auf der Luxemburger Straße und ihren Zufahrten zu schweren Unfällen – sie befeuern auch die Debatte um Schutzmaßnahmen. Erst im April wurde eine Radfahrerin ein paar hundert Meter weiter westlich auf der Luxemburger Straße von einem LKW überrollt. Sie starb an ihren Verletzungen.
An der gleichen Stelle kollidierte 2007 ein zwölfjähriges Mädchen mit einem Lkw. Das Kind war mit seinem Fahrrad auf dem Bürgersteig des Gotteswegs gefahren und wollte die Luxemburger Straße überqueren. Auch dieser Unfall endete tödlich. Das Mädchen erlag wenige Wochen später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Noch immer erinnert ein Grablicht an der Kreuzung an den Unfall. Damals gab es dort noch keine Schutzstreifen für Radfahrer. Das hat sich mittlerweile, wie auf zahlreichen anderen Straßen Kölns auch, geändert. Doch offenbar konnte auch der Schutzstreifen den Unfall nicht verhindern.
ADFC fordert Umgestaltung der Kreuzung
„Es war leider nur eine Frage der Zeit, bis so etwas an dieser Kreuzung passiert“, sagt Christoph Schmidt von Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Köln (ADFC). „Sie war schon immer unangenehm und gefährlich.“ Das sei nicht nur so, weil es sich um eine enge, viel befahrene Ausfallstraße handelt. Sondern auch wegen der Ampelschaltung, meint Schmidt. So könnten die Rechtsabbieger Radfahrer und Fußgänger nur schwer erkennen, die Richtung Sülzburgstraße unterwegs sind. „Wer momentan vom Gottesweg stadteinwärts Richtung Luxemburger Straße fährt, muss an der Ampel auf Fußgänger achten, die dort Richtung Sülzburgstraße laufen. Beide haben gleichzeitig grün.“
Autofahrer müssen eigentlich warten. „Die Sicht ist aber durch einen Baum und einen Mast eingeschränkt, sodass Rechtsabbieger querende Fußgänger leicht übersehen können“, so Schmidt. Es braucht getrennte Ampelschaltungen, fordert er. Auch wenn für Autofahrer längere Wartezeiten bedeute.
Außerdem brauche es auf der Luxemburger Straße mehr Platz für Fahrradfahrer. „Es ist nicht schwierig, die Straße umzubauen und entweder eine Autospur oder den Parkstreifen zugunsten einer Fahrradspur auszutauschen. Das ist eine rein politische Entscheidung.“
Dass die Sicherheit für Radfahrer in Sülz verbessert werden muss, ist seit Jahren unstrittig. Das gilt auch für die parallel zur Luxemburger verlaufende Berrenrather Straße, die seit 2016 zwischen der Universitätsstraße und dem Sülzgürtel umgebaut und mit breiten Radstreifen ausgestattet werden soll.
Geschehen ist bisher nichts. Im Dezember 2023 hat die Bezirksvertretung Lindenthal beschlossen, zumindest provisorische Fahrradstreifen auf der Fahrbahn anzulegen. Doch selbst diese Notlösung kommt einfach nicht zustande, weil die Rhein-Energie und verschiedene Telefongesellschaften dort noch Suchschachtungen vornehmen müssen.
Erst wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, könne die Stadt ihre Straßenplanung fertigstellen, teilt die Verwaltung auf Anfrage mit. Wann das der Fall sein wird, bleibt offen. Provisorische Fahrradstreifen kommen wohl nicht infrage. Dafür müsse zuvor die Fahrbahndecke saniert werden. „Ein solches Provisorium erfordert einen längeren Planungszeitraum, bis es dann zu einer Umsetzung kommen kann“, so die Stadt.
Schmidt warnt davor, sich nur auf die Berrenrather Straße zu konzentrieren. „Natürlich kann man die Berrenrather Straße perfekt umbauen, aber es wird weiterhin Radfahrer geben, die auf der Luxemburger Straße unterwegs sein werden. Und auch diese Straße muss für sie sicher sein – so wie alle Straßen in Köln.“