Motocrosstalent aus AlfterMit Vollgas Richtung Europameisterschaft
Alfter – Der VW Caddy von Klaus Zweiacker mit dem Anhänger für das Crossmotorrad seines Sohnes Jakob ist schon wieder unterwegs. Diesmal von Alfter an die Ostsee, nach Tensfeld zu den ADAC MX-Masters. Dort greift der 15-Jährige mit der 125-Kubikmaschine unerwartet früh die europäische Nachwuchselite an. Die Einladung kam erst am Dienstag.
Zweiacker senior ist zwar selbst von dem Tempo überrollt worden, mit dem sein Sohn Motorsportkarriere macht, aber er setzt alles daran, mitzuhalten. Er spendiert die Maschine, schraubt selbst und begleitet den Filius, damit der unbeschwert Gas geben kann. Für die besten Trainingsmöglichkeiten geht es häufig in die Niederlande. Ein Hobby, das den Vater monatlich derzeit etwa 5000 Euro kostet, aber der ist es als Online-Versandhändler gewohnt, Einsatz und Rendite zu berechnen.
Darum hat der Vater erst nur beobachtet, wie sich der Sohn entwickelt. „Jakob ist schon mit zehn Jahren am Gardasee mit dem Fahrrad Downhill, also den Berg runter, wo andere zu Fuß nicht runtergehen würden. Mit gerade mal zwölf Jahren sagte er: ,Ich will nicht mehr den Berg hochfahren‘ und hatte die Idee mit Motocross.“
Club erkannte das Talent
Für den Sport ist der Gymnasiast vom Alexander-von-Humboldt in Bornheim zwar ein Späteinsteiger – es gibt schon Motorräder für Dreijährige – aber der Motocrossclub Weilerswist nahm ihn trotz Aufnahmestopp direkt an. Talentierte Kinder gibt es nicht viele.
„Mit einem gebrauchtem Motorrad haben wir angefangen. Er musste aber bald ein eigenes haben, anders ging das nicht.“ So steckte der Versandhändler schon zu Beginn mehr als 3000 Euro in den neuen Sport des Sohns. „Alles ist budgetiert, und es wuchs immer weiter. Das ist die Herausforderung an mich. Ich sage immer: ,Dummerweise hat er auch Talent‘.“
Albert Schmitz aus Mechernich – „das ist der zweitgrößte Motocross-Händler in Deutschland“, erklärt der Vater – soll gesagt haben: „So ein Talent habe ich seit zehn Jahren nicht gesehen.“ Ihn deshalb gleich als Sponsor zu verpflichten, fiel Zweiacker damals aber nicht ein. „Ich dachte, es vergehen noch Jahre, bis wir an Sponsoren herangehen könnten.“ Erst später kam dem Alfterer in den Sinn: „Ups, wenn er das schon sagt.“ Und bald dachte er sich: „Der Junge steigert sich aber ganz schön schnell.“ Ende 2019 fuhr Jakob Zweiacker schon mit dem NRW-Meister in seiner Altersklasse auf einer 125-Kubik-Maschine um die Wette. Größere Maschinen sind nur in den offenen Klassen zu sehen.
Nach Wachstumsschub Maschine gewechselt
Apropos Größe. Der Junge wuchs nicht nur sportlich über sich hinaus. „Innerhalb eines Jahres hat er 20 Zentimeter zugelegt. Jetzt ist er 1,80 Meter lang – ganz eindeutig zu groß für eine 85-Kubik-Maschine. „Am Jahresanfang hatten wir gerade eine neue 85er gekauft, und die sollte zwei Jahre halten.“ Doch der damalige Trainer, Marcus Schiffer, einer der drei Team-Weltmeister in Deutschland, merkte nur trocken an: „Was soll er denn mit einer 85er. Der ist doch viel zu groß.“ Da war dann auch der Vater überzeugt, dass er wieder nachlegen musste.
Nächstes Jahr will Jakob Zweiacker bei der Europameisterschaft der Jugend fahren. „Das darf er bis zu dem Jahr, in dem er 17 wird.“ Und obwohl er erst kurz im Rennsport ist und darum für keines der Qualifikationsrennen fest eingeschrieben sein kann, hat er sich doch schon ein paarmal den Nachrückerplatz verdient und gepunktet. Auch an diesem Wochenende ist er Gaststarter bei der Rennserie.
In der Schule läuft es laut Vater gut: „Er kommt jetzt in die Zehnte und hat die Quali für die Oberstufe.“ Und nach dem Abi? Der Junge denkt vielleicht schon, dass er seinen Lebensunterhalt mit dem Motorsport verdienen könnte, glaubt der Vater. Im Jugendzimmer sammelten sich schon früh die Pokale. Und wie reagiert eine Mutter auf solch eine Karriere? „Am Anfang hatte sie Angst. Inzwischen ist sie ruhiger geworden. Im Oktober 2020 hatte Jakob einen Schienbeinkopf gebrochen, aber seitdem ist nichts mehr passiert – außer ein paar Abschürfungen“, berichtet Klaus Zweiacker.
Traumziel Superstar wie Ken Roczen
So kann der Junge ungebremst seinem Idol Ken Roczen nacheifern. „Das ist der einzige deutsche Einzelweltmeister. Er fährt als Superstar Supercross in amerikanischen Stadien“, erklärt der Vater. Er weiß also ganz genau, wie sich sein Sohn die Zukunft vorstellt. „In dieser Szene kommt man schnell mit den Großen in Kontakt. Tom Koch stand da in Grevenbroich beim letzten Rennen und schaute zu. Motocross ist eine große Familie“, sagt Zweiacker senior. Inzwischen ist der Trainer André Stumpf auf einer Anlage bei Roermond in den Niederlanden. Stefan Ekerold, der gerade in der deutschen Meisterschaft die Wertung anführt, gehört mit zum Trainingsteam. „Sie laufen sich als regelmäßig über den Weg.“
Erst Anfang des Jahres ist der Nachwuchsfahrer aus Alfter von seinem Club in Weilerswist zu dem Verein nach Grevenbroich gewechselt. „Dort gibt es die einzige Sandstrecke hier, überall sonst ist Hartboden. Ein guter Sandfahrer kann überall gut fahren. Das ist der Grund, aus dem die Holländer so stark in diesem Sport sind.“
Der Vater denkt in allem strategisch: „Wir versuchen häufig, Strecken zu wechseln, um Routinen zu brechen.“ Satzfey, Hürtgenwald, Billig ... auf allen Strecken der Umgebung ist Jakob Zweiacker schon gefahren. „Fast jedes Wochenende sind wir irgendwo in den Niederlanden auf einer Strecke. In seinem Caddy hat er die Rückbank ausgebaut, damit der Sohn sich dort umziehen kann. Ein kleiner Kofferanhänger muss für Motorrad und Werkzeug reichen.
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„Ich schaue jeden Monat nach den Kosten und denke, das war wieder zu viel. Man kann aber auch mit 5000 Euro im Jahr so richtig Spaß haben. Der Verschleiß hält sich in Grenzen, wenn man einmal die Woche fährt.“ Der Vater schraubt selbst. „Ich bin für das Material verantwortlich, er für die körperliche Performance. Das ist unser Agreement.“ Darum trainiert der Junge derzeit dreimal die Woche auf dem Motorrad, viermal nebenbei. Zweimal die Woche im Fitnessstudio in Alfter – in der „Schmiede“. Ausdauertraining ist wichtig. „Mit einem alten Basketballkumpel geht er hin, heute war er zwei Stunden Radfahren. Je schneller er Motorrad fährt, umso mehr Grundlagen braucht er.“
Mit Wohlwollen bemerkte der Vater, wie sich der Sohn mit Ernährung befasst. „Er geht nicht mehr nach dem Training zum Burgerladen, sondern isst Müsli mit Dinkelmilch oder Hafermilch. Beim Rennen hatte er mal Bauchschmerzen von Rohkost – ausgerechnet bei einem Lauf zur deutschen Meisterschaft.“
Wenn es mal nicht läuft, sind Ausreden – wie es hätte am Fahrwerk gelegen – selten. Aber da ist sich der Vater sicher, was er tut. „Ich bin ein Jahr selbst gefahren, habe mir das Schrauben selbst beigebracht. Ich wusste, wie man einen Fahrradreifen wechselt, mehr nicht. Dann ging es um den Austausch von Luftfiltern, um die Kette und das volle Programm.“ Für die Ostsee ist jedenfalls alles fit.