Konvoi erlebt ArmutVerein Menschenfreude aus Alfter bringt Hilfsgüter nach Polen
Alfter – „Die Eindrücke sind enorm und nehmen einen sehr mit. Trotz der schlimmen Erlebnisse haben viele Kinder, Frauen und Mütter aber immer noch ein Lächeln auf den Lippen, wenn sie merken und spüren, dass ihnen geholfen wird“, mit bewegenden Worten schildert Jürgen Perteck die Lage im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet, wo er gemeinsam mit zahlreichen ehrenamtlichen Helfern des vor drei Jahren von ihm und seinem Sohn Maximilian gegründeten Alfterer Vereins „Menschenfreude“ derzeit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine hilft.
Mit dem „West-Ost-Express“ des Christlichen Hilfswerks „Tabea“ aus Swisttal-Heimerzheim rollte diese Woche auch die in Alfter organisierte Hilfsladung nach Polen. Zwei Sattelschlepper, mehrere Transporter und Jürgen Perteck mit seinem Wohnmobil waren dabei. An Bord befanden sich vor allem die Spenden, die Bürger bis vorigen Samstag im „Tabea“ vorbeigebracht hatten: Lebensmittel, Getränke, Medikamente, Spielsachen, Kleidung und Decken. Jürgen Perteck: „Wir konnten unglaubliche 39 Tonnen Hilfsgüter auf den Weg bringen. Eine derart große Hilfsbereitschaft habe ich noch nie erlebt.“
Der Konvoi aus dem Rhein-Sieg-Kreis mit zehn Fahrzeugen und acht Anhängern versorgt vor allem Menschen in den nördlichen Grenzregionen der Ukraine, die derzeit kaum von den diversen Hilfsorganisationen angefahren worden sind. Ihre Ziele waren baptistisch-kirchlich organisierte Auffanglager für Flüchtlinge in Warschau, Lublin und Chelm sowie der Grenzübergang Dorohusk.
Konvoi macht Umweg über Warschau
Die erste Station führte den Tross in die Gegend von Posen, wo die Helfer in Hotels übernachteten. Perteck allerdings schlief in seinem Wohnmobil. Von Posen aus ging es weiter nach Warschau. Dort hatte eine Baptistengemeinde ein Konferenzzentrum zu einem Flüchtlingsheim umgestaltet. Perteck: „Wir wollten die Menschen mit dem versorgen, was sie wirklich benötigen, denn die Not vor Ort war sehr groß.“
Pastor Matthias Walter von der Baptistengemeinde Bad Godesberg hatte „Menschenfreude“ über die Einrichtung und ihre Bedürfnisse informiert. Der Geistliche steht in engem Kontakt mit der Warschauer Gemeinde. Eigentlich lag der Ort gar nicht auf der geplanten Route. Doch als die Helfer von der großen Not in Warschau erfuhren, planten sie um, um auch dort humanitäre Hilfe zu leisten. Warschau liegt 240 Kilometer von der ukrainische Grenze entfernt. Ein Grund dafür, dass dort kaum Hilfstransporte hinfahren.
Viele Schutzsuchende werden mit Bussen oder Privatautos in irgendwelche Dörfer oder Städte gefahren, damit sie überhaupt irgendwo ein Dach über den Kopf bekommen, schildert Perteck. So nahm die Warschauer Baptistengemeinde ungefähr 200 Menschen auf. Die Dynamik sei groß, manche bleiben nur wenige Stunden oder Tage, um anschließend zu Freunden oder Verwandten zu fahren.
Rückfahrt mit Geflüchteten
„Wir haben angeboten, Menschen mit nach Deutschland zu nehmen“, berichtet, Perteck, der eigentlich als Pilot arbeitet. Eine Mutter mit ihren vier Töchtern werden die Helfer nach Stuttgart bringen, wo die Familie Freunde hat. Zwei Brüder gehören zur Familie, doch sie durften die Ukraine nicht verlassen, weil sie gegen die russischen Invasoren kämpfen sollen. Der Familienvater ist bereits seit zehn Jahren tot.
Häufig kaufen die Freiwilligen auch Lebensmittel für die Betroffenen ein. Sie ließen sich eine „Wunschliste“ geben und fuhren in den nächsten Supermarkt: Wasser und Toilettenpapier wurden am dringendsten benötigt. Der Verein ließ dem Baptistenzentrum auch Geld, zum Einkaufen da.
Perteck lobt die Solidarität vor Ort: „Wir dürfen uns gerne ein Beispiel daran nehmen, wie selbstlos und hilfsbereit die Menschen hier sind, wie liebevoll sie mit ihren Nachbarn umgehen und möglichst jeder Person versuchen Unterschlupf zu ermöglichen.“
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Bürger nehmen Fremde bei sich auf, selbst wenn sie nur eine kleine Wohnung haben, und bereiten ihnen Mahlzeiten zu. Perteck: „Es ist wirklich katastrophal hier. Viele Menschen besitzen kein Geld mehr, um Lebensmittel zu kaufen. Sie brauchen dringend Hilfe.“ Da gerade die Temperaturen stark gefallen sind, werden vor allem Decken, Schlafsäcke und Winterjacken benötigt. Von Warschau aus reiste der Konvoi nach Lublin, zirka 90 Kilometer vom Grenzort Dorohusk entfernt, von dort aus weiter nach Chelm. Auch dort war eine Kirchengemeinde Empfänger der Hilfsgüter.
Ab dem Grenzübergang Dorohusk richtete das Team einen Shuttle-Service ein. Die Brühler Sportschule hatte dem Verein „Menschenfreude“ einen Neunsitzer-Bus gesponsert, um damit Menschen zu ihren neuen Unterkünften zu transportieren. Das Fitnessstudio „Die Schmiede“ aus Alfter finanzierte für das Gepäck der Geflüchteten einen separaten Transporter.
An diesem Samstag soll der Konvoi wieder Richtung Alfter aufbrechen. Und viel Zeit, um zur Ruhe zu kommen, wird es für die Initiatoren nicht geben: Weitere Hilfstransporte sind bereits geplant.