Obstbauern im Rhein-Sieg-KreisLandwirte blicken mit Sorgen Richtung Ukraine
Rhein-Sieg-Kreis – Der Krieg in der Ukraine beeinflusst die Menschen auch in unserer Region auf ganz verschiedene Art und Weise. Auch die Obst- und Gemüsebauern sorgen sich um die Menschen im Kriegsgebiet – und um ihre Erntehelfer. Einig sind sich die Verbände, die Landwirte und auch die Agentur für Arbeit darüber, dass die humanitäre Hilfe an erster Stelle stehe, doch sollte der Angriff Russlands lange andauern, könnten die Landwirte vor großen Problemen stehen.
Irmgard Hensen leitet mit ihrem Mann Ralf einen der größten Erdbeer-Betriebe Deutschlands mit Sitz in Swisttal. Der Fruchthof Hensen beschäftigt in der Hochsaison, meist ab Ende Mai, mehrere hundert Erntehelfer. Die Saisonkräfte kommen ausschließlich aus Rumänien und werden auf dem Gelände des Hofs in Containern mit Sanitäranlagen untergebracht.
Ihr sei bereits zu Ohren gekommen, dass es auch in Rumänien Überlegungen gibt, Männer für den Militärdienst einzuziehen, je nachdem wie der Konflikt in der Ukraine weiter verläuft. „Wenn das so wäre, müssten die Männer sofort nach Rumänien zurück, sonst könnten sie inhaftiert werden“, schildert Hensen. Wenn die Situation vor Mai eintrete, könnten auch viele gar nicht erst nach Swisttal und in die Region kommen.
Gegenseitige Hilfe möglich
Trotz der aktuellen Ungewissheit, sind die Sorgen von Irmgard Hensen um die Ernte aktuell noch gering. Vielmehr denkt sie darüber nach, was sie möglicherweise für die Ukrainer tun kann, denn sie ist sicher: „Wir müssen den Menschen helfen, die fliehen müssen. Hoffentlich ist das schnell vorbei!“
Eine Möglichkeit der gegenseitigen Hilfe wäre es laut Hensen, wenn die Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland auch arbeiten dürften. „Unterkünfte für Erwachsene haben wir genug, nur für die Kinder müssten wir uns dann etwas einfallen lassen“, sagt sie.
Einen guten Draht hat Hensen auch zum Provinzialverband Rheinischer Obst und Gemüsebauern, der sich derzeit intensiv mit der Situation um die Erntehelfer beschäftigt, allen voran der stellvertretende Vorsitzende Peter Muß. Er sieht die Lage aktuell problematisch, betont aber auch, dass derzeit alle Überlegungen reine Spekulation seien.
Muß erklärt: „Es kann auch niemand wissen, wie lang der Krieg andauert.“ Fest steht lediglich, dass Ukrainer in Deutschland nur unter bestimmten Bedingungen einreisen und arbeiten dürfen, da ihr Land kein EU-Mitgliedsstaat ist. Somit sind es laut Muß meist nur Studenten, die in ihren Semesterferien nach Deutschland kommen und mit einer Arbeitserlaubnis als Erntehelfer tätig sind.
Deutschlandweit rund 7000 Kräfte aus der Ukraine
Die Zahl der ukrainischen Saisonkräfte in Deutschland ist somit auch üblicherweise gering, die meisten kommen aus Rumänien oder auch aus Polen, das bestätigt auch die Bundesagentur für Arbeit. Sie beziffert die Beschäftigten in der Landwirtschaft aus der Ukraine deutschlandweit auf 7000 in 2021. Aus Polen waren im vergangenen Jahr 23.000 Saisonkräfte in Deutschland in der Landwirtschaft tätig und aus Rumänien 28.000.
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Auch er spricht von Gerüchten, dass auch in den ukrainischen Nachbarländern Meldungen im Umlauf seien, dass sich die Wehrfähigen dort bereithalten sollen. Somit könnten auch aus den EU-Mitgliedsstaaten deutlich weniger Hilfsarbeiter zur Verfügung stehen. Der Agraringenieur gibt dabei aber auch zu bedenken, dass Informationen momentan schon nach zwei Stunden nicht mehr aktuell seien. So schnell ändert sich die Lage. Die Verantwortlichen des Provinzialverbands hoffen, dass die ukrainischen Flüchtlinge, die arbeiten wollen, in Deutschland auch eine Arbeitserlaubnis von der Bundesagentur für Arbeit erhalten.
Susanne Eikemeier, Medienreferentin der Bundesagentur für Arbeit, erklärt dazu auf Anfrage dieser Zeitung: „Es kann derzeit nicht abgeschätzt werden, wie sich die aktuelle Lage in der Ukraine in dieser Saison auf die Beschäftigung in der deutschen Landwirtschaft auswirken wird.“