2GplusWirte in Rhein-Sieg befürchten Verschärfung der Krise in der Gastronomie
Rhein-Sieg-Kreis – Ganz spontan in Restaurant oder Kneipe gehen wird schwieriger: Denn ab sofort gilt 2Gplus in der Gastronomie und beim Sport – außer für Geboosterte. Die ohnehin schon gebeutelte Gastronomie erwartet durch die neuen Corona-Regeln weitere Einbußen. Das ergab eine Umfrage dieser Zeitung unter Gastronomen.
Mit der neuen Regelung dürfen Genesene und Geimpfte nur noch mit einem tagesaktuellen Test gastronomische Einrichtungen betreten, Menschen mit der dritten Impfung sind davon ausgenommen. Falk Hohmann aus dem Alfterer Gasthaus „Zur Krone“ fürchtet weitere Verluste mit den neuen Regeln. Bereits in den vergangenen Monaten hätten viele größere Gesellschaften ihre Reservierungen storniert. Dieser Trend dürfte sich laut Hohmann fortsetzen.
Lockdown wäre die schlechtere Alternative gewesen
Zum Glück zählen beim ihm jedoch viele ältere Gäste zum Stammpublikum. Die Mehrzahl dieser Altersgruppe sei bereits zum dritten Mal geimpft und kann ohne vorherigen Test einkehren. Deshalb sollten die Folgen überschaubar bleiben. „Ein Lockdown wäre für uns zweifellos die schlechtere Alternative gewesen“, meint der Gastwirt. „Eine erneute Schließung würde dazu führen, dass wir Mitarbeiter verlieren, die sich in anderen Branchen nach einem neuen Job umschauen.“ Bislang konnte Familie Hohmann alle Aushilfen weiterbeschäftigen, was in Anbetracht der schwierigen Personalsituation der Gastronomie enorm wichtig sei.
25 Prozent der Gäste werde wegen 2Gplus zu Hause bleiben
Ohne Einbußen wird wohl auch das Restaurant „Ohm Hein“ nicht davonkommen. Besuche von Kurzentschlossenen im Altendorfer Gasthaus werden in den kommenden Wochen ausbleiben, vermutet Geschäftsführer Volker Deuster. Er schätzt, dass ungefähr 25 Prozent der Gäste unter den Bedingungen von 2Gplus zu Hause bleiben. Zudem könnten weitere Feiern abgesagt werden.
„Wir haben in den vergangenen Jahren jüngere Gäste hinzugewonnen, von denen viele noch nicht geboostert sind“, erklärt Deuster. Um die erwarteten Verluste aufzufangen, soll das Geschäft mit Speisen To go angekurbelt und es sollen eventuell auch wieder Speisen ausgeliefert werden. Einen Lockdown sieht er jedoch deutlich kritischer: „Sollten wir wieder schließen müssen, könnten wir Mitarbeiter verlieren. Ein personeller Aderlass wäre nur schwer zu kompensieren“, meint Deuster.
40 Prozent des Publikums noch nicht gebosstert
Kwdo Noori betreibt seit Mai 2019 das „Mosquito“ in Rheinbach. Das Lokal wird nicht nur zum Essen aufgesucht, sondern gilt auch als Cocktailbar, die viele jüngere Gäste anlockt. Noori schätzt, dass etwa 40 Prozent des Publikums bislang noch nicht zum dritten Mal geimpft sind. „Daher ist der Beschluss für uns ein harter Schlag“, sagt er. Der Gastronom glaubt, dass wenige Gäste bereit sind, sich für einen Cocktail testen zu lassen. Ein Lockdown wäre für Noori sogar eine akzeptable Alternative. „In diesem Fall könnten wir mit finanzieller Unterstützung durch den Staat rechnen. Unsere Verluste sind höher, wenn wir öffnen, unsere Betriebskosten weiterlaufen und niemand mehr kommt.“
Bassam Wakkas leitet seit 2009 das Restaurant „Zur grünen Gans“ in Niederbachem. Er versteht die Entscheidung der verantwortlichen Politiker, den Zugang zur Gastronomie weiter einzuschränken. „Wir müssen da durch und uns daran halten“, sagt er. Er sorgt sich aber um die Beschwerden mancher Gäste, die die Vorkehrungen nicht einsehen und ihre Kritik im Lokal loswerden wollen. Bei ihnen werbe er immer um Verständnis für die verordneten Maßnahmen. Insgesamt sei der Leidensdruck in der Gastronomie aber extrem hoch, sagt Wakkas. Die Einnahmen hätten sich infolge der Pandemie halbiert. Ähnliche Umsatzeinbußen registriere er auch bei Kollegen, „für viele geht es deshalb um das nackte Überleben“, schildert es der Gastwirt.
Er selbst wolle durchhalten, obwohl die Stimmung aktuell so schlecht sei wie noch nie. Dabei setzt Wakkas weiterhin auf sein Angebot, „Essen auf Rädern“ auszuliefern.
Familie Sistig betreibt die Gaststätte „Zum alten Bahnhof“ in Kardorf. Viele ihrer Gäste erhielten bereits ihre Auffrischungsimpfung. Trotzdem bleibt offen, wie viel Einfluss 2G plus auf die übrige Kundschaft haben wird. Deshalb sei die neue Regelung eine weitere Belastung, da Familie Sistig bezweifelt, ob Gäste den Aufwand betreiben werden, sich lediglich für einen Restaurantbesuch testen zu lassen.
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„Der Wegfall der Spontaneität wird auf jeden Fall zu spüren sein. Es drohen daher weitere Verluste“, sagt Sonja Reul, die das „Sonja’s“ in der Bonner Friedrichstraße leitet. Etwa 85 Prozent der Stammgäste sind nach Einschätzung der Wirtin zwar geboostert, sie fragt sich jedoch, wie die sich verhalten, wenn sie zum Beispiel mit ihren Kindern ausgehen wollen. Wahrscheinlich werden solche Besuche nun ausfallen.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) hatte sich bereits im Vorfeld der Beschlüsse von Bund und Ländern klar positioniert und seine ablehnende Haltung zum Ausdruck gebracht: „2G plus kommt faktisch einem Lockdown gleich“, meint Christoph Becker, Geschäftsführer des Verbandes Nordrhein. Schon durch die 2G-Einschränkung habe sich die Anzahl der Gäste und von Veranstaltungen – verbunden mit einem großen Umsatzverlust – verringert. Mit 2G plus reduziere sich die Anzahl der Gäste nochmals deutlich.
Der Verband beklagt weiter, dass schon jetzt viele Betriebe des Gastgewerbes unter erheblichen Liquiditätsprobleme litten. Diese Betriebe hätten nur geöffnet, um ihre Mitarbeiter zu halten, obwohl sich dies wirtschaftlich nicht mehr rechne.