Neustart nach der FlutNach Zerstörung in Eicherscheid baut Firma Sieber in Zingsheim
Zingsheim/Eicherscheid – Die einstigen Bewohner sind zwar bereits ausgezogen. Doch noch liegen die Hinterlassenschaften der vielen Schafe, die auf der Weide das Gras genossen haben, großzügig verteilt auf dem Boden. Bald wird es hier anders zugehen.
Denn auf dem rund 16.000 Quadratmeter großen Gelände im Gewerbegebiet Zingsheim wird sich die Firma Sieber Forming Solutions ansiedeln, die während der Flutkatastrophe in Eicherscheid einen Komplettverlust von Werkshalle und Maschinen erlitten hat. Bereits im August soll, wenn alles klappt, die neue Werkshalle stehen. Darüber hinaus soll in einem zweiten Schritt ein Handwerks- und Gründerzentrum errichtet werden.
„Die Erft war in Bad Münstereifel immer ein freundlicher Partner, einen Meter breit und 30 Zentimeter tief“, erzählt Klaus Daniels, geschäftsführender Gesellschafter der Firma. Doch in der Flutnacht habe das Tal auf einmal auf 160 Metern Breite zwei Meter tief unter Wasser gestanden. „Wir hatten 100 Prozent Ausfall, alles war platt“, so Daniels.
Eicherscheider Belegschaft lässt sich nicht unterkriegen
Die Mitarbeiter haben am nächsten Tag mit Tränen in den Augen vor der Halle gestanden, berichtet er weiter. „Ihr Engagement war großartig“, lobt er die Belegschaft. Doch wie sollte es weitergehen? „Wir haben uns gesagt, wir haben alles überlebt, eine Restrukturierung, die Autokrise 2017 und auch Corona, da lassen wir uns von der Erft nicht unterkriegen“, sagt er kämpferisch.
Das Unternehmen
Die Firma Sieber Forming Solutions ist im Bereich der Kaltmassivumformung tätig. Das Unternehmen entwickelt die Verfahren und fertigt Werkzeugsätze, mit denen die Industrie bestimmte Teile für ihre Produkte herstellen kann. „Die Kaltumformung geschieht völlig spanlos und ist deshalb umweltfreundlich und ressourcenschonend“, sagt Geschäftsführer Klaus Daniels.
Für viele Branchen ist Sieber Forming Solutions im Einsatz, aber mit Schwerpunkt in der Automobilindustrie. 80 Mitarbeiter sind an zwei Standorten für das Unternehmen tätig. Der Hauptsitz der Firma ist in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg, wo auch die Hauptverwaltung angesiedelt ist. In Zingsheim sollen 35 Mitarbeiter arbeiten. (sev)
Provisorisch sei die Firma in der Halle eines Unternehmers in Bad Münstereifel, der nach der Flut aufgegeben hatte, untergekommen. „Dort wird wieder produziert, allerdings noch nicht mit voller Kraft, da wir noch nicht alle Maschinen haben“, so Daniels. Doch ein Neuanfang sei für ihn nur möglich, wenn der neue Standort nicht am Wasser liege und vielleicht in zwei Jahren wieder überspült werde. „Noch einmal überlebe ich nicht“, sagt er offen.
Die Halle für die Firma Sieber wird schon angefertigt
Auf der Suche nach einem Grundstück kam Daniels vor einigen Wochen in Kontakt mit den Projektentwicklern Hartmut Lackner und Jörg Wiskirchen von der Firma G + S Wohnbau. Über das Bauvorhaben des Rosenthalquartiers in Nettersheim verfügen die beiden über gute Kontakte zur Gemeinde Nettersheim, so dass schnell eine Fläche im Gewerbegebiet in Zingsheim gefunden werden konnte. „Die Halle ist bereits in Fertigung“, sagt Wiskirchen: „Da kommt jetzt auch ein Bauantrag.“
Denn der Zeitplan ist ambitioniert und nur durch eine gute Kooperation mit den Baubehörden des Kreises Euskirchen umzusetzen, betont Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump: „Der Ansatz ist, Firmen und Arbeitsplätze in der Region zu halten.“ Und da sei die Gemeinde eng mit dem Kreis unterwegs.
In Zingsheim soll auch ein Gründerzentrum entstehen
Doch damit ist die Planung der Projektierer noch nicht erschöpft. Auf einer Fläche von 8000 Quadratmetern soll ein Handwerks- und Gründungszentrum errichtet werden, in dem Betriebe, die in ähnlicher Notsituation sind oder einen Neuanfang wagen, hochwertige Flächen mieten können. „Da ist die Planung allerdings noch nicht so weit“, sagt Wiskirchen. Alle Gebäudeteile werden nachhaltig gebaut und mit Photovoltaik versehen, kündigt Hartmut Lackner an. „Das wird nicht gedankenlos hingesetzt“, verspricht er. Die Energieeffizienz sei angesichts der augenblicklichen Preisentwicklung ein riesiges Thema.
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„Es ist gut, sich auf die Zusage der Gemeinde verlassen und bereits mit der Umsetzung beginnen zu können“, lobt Wiskirchen. Das sei nicht überall so. „In der Eifel ist das so, da gilt ein Wort noch“, betont Crump.