Urlaub zu Hause – Gymnicher MühleEin Abenteuerspielplatz mit Lerneffekt
- Das Wasserzentrum Gymnicher Mühle ist zugleich Wasserspielplatz und Bildungstätte.
- Kinder wie Erwachsene können viel über die Erft, ihre Bewohner und ihre Umgebung im Naturparkzentrum lernen.
- Frank Scheer vom Naturpark Rheinland über Wasserqualität, Renaturierung und das einzigartige Konzept des Wassererlebnisparks.
Erftstadt-Gymnich – Ole kennt sich aus. Den kleinen blauen Falter zwischen all den wuchernden Pflanzen entdeckt er sofort: „Ein Bläuling.“ Und gleich darauf: „Ein Tagpfauenauge.“ Da wundert es nicht, dass er vom giftigen Fingerhut die Finger lässt und ein Blättchen der scharfen Wasabi-Rauke mit der gebotenen Vorsicht knabbert. Der Zehnjährige hat den Kräutergarten der Gymnicher Mühle zielstrebig angesteuert. Er fühlt sich zu Hause auf dem weitläufigen Gelände mit Wassererlebnispark, Aussichtsturm und Erftmuseum – schließlich ist sein Vater Frank Scheer stellvertretender Geschäftsführer des Naturparks Rheinland und hat den Sohn oft genug mitgenommen ins Naturparkzentrum.
Am Museum vorbei führt der Weg erst einmal zum Wasser. Nur Erwachsene nehmen die Brücke, auf Kinder übt die Furt eine magische Anziehungskraft aus. Er sei auch schon mal mit seiner Schulklasse hier gewesen, erzählt Ole. Mit der Klasse einer Kölner Schule, wohlgemerkt. „Es kommen auch Schulklasse aus Düsseldorf oder Mönchengladbach“, sagt Frank Scheer.
Denn das Naturparkzentrum Gymnich ist als außerschulischer Lernort anerkannt. Mit Keschern fischen die kleinen Forscher Insektenlarven aus dem Wasser, untersuchen sie unter der Lupe. Und manches Kind – nicht nur manches Stadtkind – watet zum ersten Mal in seinem Leben durch ein Bachbett.
103 Flusskilometer, von der Quelle der Erft bei Bad Münstereifel bis zu ihrer Mündung bei Neuss in den Rhein, sind auf dem 1,5 Hektar großen Gelände nachgebildet. Seit 2014 entwickelt sich das Projekt stetig weiter, die neueste und wahrhaftig nicht unwichtige Errungenschaft ist eine Toilettenanlage. 2014 ist das Projekt gestartet und Frank Scheer wundert sich, wie viel er seitdem gelernt hat. Er ist Diplom-Geograf und Biologe: „Von der Spielplatzverordnung beispielsweise hatte ich keine Ahnung.“
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Ein Abenteuerspielplatz mit Lerneffekt, so könnte man den Wassererlebnispark beschreiben. Herzstück ist der Miniatur-Tagebau, dessen betonierte Böschungen und steinernen Stufen besorgten Müttern und Vätern vermutlich den Angstschweiß auf die Stirn treiben. „Wir haben pro Jahr im Durchschnitt 30 000 Besucher, und es ist noch nie etwas Nennenswertes passiert“, beruhigt Scheer.
Ole demonstriert, was Kinder hier so alles fertigbringen. Mit einer Hand schafft er es, das Wehr zu schließen und die „Erft“, die als munteres Rinnsal in Windungen durch ihr gepflastertes Bett strömt, in den Tagebau umzuleiten.
An einem Seil hangelt sich der Junge die Böschung hoch, auf einer großen Rutschbahn saust er wieder hinab auf die Sohle der Grube, die herrlich matschig ist. Trocken und sauber nach Hause zu kommen zählt hier nicht zu den pädagogischen Zielen. Hier geht es um Heimatkunde, um Naturwissenschaften und um Nachhaltigkeit. Das Wasser, in und mit dem die Kinder – und oft auch die erwachsenen Besucher – spielen, hat keine Trinkwasserqualität. „Wasser ist ein Lebensmittel, und mit Lebensmitteln spielt man nicht“, sagt Scheer. Sauber ist es natürlich trotzdem. Es wird der Erft entnommen, zu Badewasserqualität geklärt und schließlich wieder in den Fluss eingeleitet.
An der Erft gibt es so viele Wasserburgen wie nirgends sonst in Europa. Im Erlebnispark kann man sich mit Wasserspritzen eine Schlacht um eine Mini-Burg liefern. „Mein Lieblingsplatz ist der Aussichtsturm“, ruft Ole. Und schon ist er unterwegs, die Treppen hinauf. Von oben fällt der Blick auf eine weite, grüne, aber nicht unbedingt aufsehenerregend schöne Landschaft. Noch.
„Noch ist es eine Wiese, wo mal ein Fluss hinkommt“, sagt Scheer. „Und demnächst ist es ein Fluss, wo mal eine Wiese war.“ Denn auf der unspektakulären Fläche wird der Erftverband dem Fluss, der ihm seinen Namen gab, wieder zu einem gewundenen Bett verhelfen. Langsam soll er dort fließen, mit Schleifen, in denen sich neue Tiere und Pflanzen ansiedeln können, mit Wiesen, die nach starken Regenfällen unter Wasser stehen.
Das ist einerseits von der europäischen Wasserrahmenrichtlinie so gewollt, andererseits aber auch eine tolle Sache für jeden, der sich für Natur interessiert. Denn hier kann er zum Teil eines Forscherteams werden, kann helfen, Pflanzenarten zu bestimmen oder Tiere zu zählen. „Wir stellen an einigen Stellen spezielle Rahmen auf, in die man sein Handy zum Fotografieren stecken kann“, erzählt Scheer. „Dann hat man immer wieder neue Bilder aus dem exakt gleichen Blickwinkel und kann die Entwicklung der Natur nachvollziehen.“ Soweit ist es aber noch nicht, die Renaturierung sollte planmäßig in diesem Jahr beginnen.
Ole will noch kurz am Tümpel vorbeischauen. Ein schöner Abschluss: Wer sich ausgetobt hat und leise ist, kann hier den Fröschen zuschauen und zuhören. Und dabei die Hosenbeine trocknen lassen.
Wasserzentrum Gymnicher Mühle Gymnicher Mühle 1050374 Erftstadt-Gymnich02237 6388070www.gymnichermuehle.info
Öffnungszeiten: Während der Ferien ist der Wassererlebnispark dienstags bis sonntags, 10 - 14 Uhr und 15 - 19 Uhr geöffnet, Montag ist Ruhetag. Außerhalb der Ferien sind die Öffnungszeiten dienstags bis freitags, 15 - 19 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen 10 - 14 Uhr und 15 - 19 Uhr, Montag ist Ruhetag.
Anfahrt: Das Naturparkzentrum Gymnicher Mühle liegt zwischen Erftstadt-Gymnich und Kerpen-Türnich. Über das Autobahnkreuz Kerpen ist der Weg leicht zu finden, Parkplätze gibt es reichlich.
Eintritt: Im Wassererlebnispark zahlen Kinder und Jugendliche ab zwei Jahren 4,50 Euro. Erwachsene 2,50 Euro. Wegen der Corona-Beschränkungenmuss online gebucht werden.
Der nützliche Tipp: Wer nicht allzu weit weg wohnt, sollte über ein Gutscheinheft nachdenken. Die Zehnerkarte für Kinder kostet 35,00 €, für Erwachsene 12,50 €. Und dann gibt es noch Kombitickets für Wassererlebnispark und Erftmuseum für 4,50 €.
Bei schlechtem Wetter: Ein Besuch im „KM 51 – Erftmuseum“ ist empfehlenswert. Bei Eintrittspreisen zwischen ein und vier Euro erfährt man an zwölf interaktiven Stationen viel über die Erft. Im begehbaren Flusskörper ist die Tier- und Pflanzenwelt der Erft dargestellt.
Pause mit Picknick: Die Gymnicher Mühle ist konsumfreie Zone: Kein Kiosk, kein Café. Dafür jede Menge Platz für ein Picknick. Dazu laden schon gleich am Eingang die Bänke unter der wunderschönen mächtigen Linde ein.
Stärkung für unterwegs: Gemüse-Quiche
Zutaten für sechs Personen:1 Fertig-Quicheteig800 Gramm buntes Gemüse der Saison4 Eier100 ml SahnePfeffer und Salz
Zubereitung:Gemüse schnippeln und kurz in der Pfanne andünsten, anschließend auf dem Quicheteig verteilen. Eier mit Sahne und Pfeffer und Salz vermengen, auf den mit Gemüse belegten Quicheteig geben. Die Quiche 35 Minuten bei 160 Grad Umluft backen.