Backen wie früherAn diesen Orten kommt das Brot noch aus dem Holzofen
Wussten Sie, dass die Geschichte des Brotes mindestens 30 000 Jahre zurückreicht? Bis heute kommt es bei vielen täglich auf den Tisch. Längst ist es zwar zu einem Massenprodukt geworden – und hat manchmal seine Qualität verloren, aber es bleibt der Deutschen liebstes Grundnahrungsmittel.
Viele glauben an gutes, echtes Brot: Und backen ihr Brot selbst mit natürlichen Zutaten, so wie die Vorfahren es taten. Am 16. Oktober ist World Bread Day – also Zeit, sich einmal umzusehen nach Mühlenbetrieben und Backhäusern, wo noch im Holzofen gebacken wird. Der Begriff Backes bezeichnet dabei nichts anderes als das Backhaus. Das Gemeinschaftsgefühl beim Brotbacken in so einem Dorfofen ist phänomenal. Brot gemeinsam zu backen und zu essen verbindet – das wird Anno dazumal genauso gewesen sein wie heute.
Folgen wir also dem Duft nach frischgebackenem, knusprigem Brot. Es natürlich herzustellen, bleibt eine Kunst. Und jede Region hat eigene Rezepte, die ihr Brot besonders machen.
Ofenfrisch aus dem Backes
Das Backen im alten Steinbackofen erfordert viel Erfahrung. Schließlich sollen die Brote nicht nur schön knusprig werden, sondern auch schmecken. Sechs originale Backhäuser sind im Bergischen Land noch erhalten, die meisten davon in der Hand des Landschaftsverbandes Rheinland. Zu bestimmten Terminen im Jahr kneten dort noch Bäcker den Teig, die die alte Kunst der Sauerteigherstellung und des Brotschiebens über der Holzglut beherrschen ganz so wie einst die Urgroßeltern.
Dort können sich auch Laien mit Backtechniken vertraut machen: Vom Graubrotbacken über das Ansetzen eines Schwarzbrotteigs bis zum Zubereiten eines Lauchkuchens. Eines dieser Backhäuser gehört zu einem sehenswerten Gebäudekomplex aus dem 17. Jahrhundert: Auf Gut Hungenbach steht ein kleines Fachwerkhaus mit grünen Fensterläden. Drinnen heizt der Ofen noch wie früher, als Backhäuser in jedem Ort errichtet wurden, mit festen Backtagen für die Dorfgemeinschaft. Zu Hause wurden die Teige geknetet, zu Brotlaib geformt und auf Brettern zum Backes geschleppt.
Tipp: An einigen Freitagen im Jahr ab 17 Uhr wird auf Gut Hungenbach der Backes angefeuert. Bäcker Mario Fritzen von der Kürtener Landbäckerei backt dann vor Ort. Das Brot kann man kaufen. Teilnahme kostenlos.
Gut HungenbachHungenbach 12, 51515 Kürten-Hungenbach, 0 22 68 / 80 151-0www.guthungenbach.de
Rheinisches Getreide
Wer ein gutes Brot backen will, der braucht Mehl dafür – am liebsten aus der Heimat und so naturbelassen wie möglich. Die Horbacher Mühle in Troisdorf produziert nun schon seit über hundert Jahren und in vierter Familiengeneration Feinmehl zum Backen. Einst drehte sich hier ein Wasserrad und trieb das Mahlwerk an. Heute sorgen modernste Turbinen und Sensortechnik für den automatischen Mahlbetrieb.
Die Müller-Familie Dobelke legt Wert auf ihr besonderes Mahlverfahren, bei dem das Mehl besonders viele wertvolle Inhaltsstoffe behält, da es kühl gemahlen wurde. Anschließend wird es mit der Hand in eine Kraftpapiertüte mit Pergamenteinsatz verpackt. Das Getreide stammt häufig von Landwirten aus der Region: Dinkel unter anderem von den eigenen Feldern und Weizen aus der Kölner Bucht. Verarbeitet werden in den zwölf Mahlgängen der Horbacher Mühle vornehmlich Weizen, Roggen, und Dinkel. Letzterer ist auch für Allergiker und für Menschen geeignet, die unter Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit) leiden.
Tipp: Im Mühlenlädchen gibt es nicht nur Mehl, sondern auch Backmischungen, Schrot, Saat, Getreide (Körner), Nudeln, Müsli, Senf, Honig, Backzubehör, Backzutaten und vieles mehr.
Horbacher MühleOberhorbacher Str. 25, 53819 Neunkirchen-Seelscheid, 0 22 47 / 300 102www.horbacher-muehle.de
Besuch im Brotmuseum
Zugegeben, bis ins gut 200 Kilometer entfernte Nieheim in Westfalen ist es eine Tagesreise aus dem Rheinland. Aber für Freunde der Kulinarik lohnt sich der Weg. Schon wegen der hübschen ehemaligen Ackerbürgerhäuser im westfälischen Stil. Sechs solcher Bauten beherbergen das Westfalen Culinarium, in dem sich auf gut 3000 Quadratmetern gleich vier Museen zusammengeschlossen haben. Sie alle beschäftigen sich mit Genüssen aus der Heimat : Brot, Käse, Schinken und Bier. Die drei Letztgenannten funktionieren eigentlich kaum ohne Brot.
Wir wollen deshalb mehr über Brotherstellung und seine Kultur und Geschichte erfahren. Bei einem Rundgang werden verschiedene Kornsorten vorgestellt, Besucher können das Aroma von Kümmel, Mohn oder Sesam entdecken und Wissenswertes über die besondere Herstellung der westfälischen Brotspezialität Pumpernickel erfahren. Das kleine schwarze Brot ist nicht nur wegen seines ungewöhnlichen Namens über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Und es wird gar nicht gebacken, sondern stundenlang gegart.
Tipp: Mittwochs, samstags und sonntags schmeißt das Brotmuseum außerdem den größten Königswinterbackofen Ostwestfalens an und Besucher können frisch gebackenes Brot und Kuchen genießen.
Westfalen CulinariumLange Straße 12, 33039 Nieheim, 0 52 74 / 830-4www.westfalen-culinarium.de
Mühlsegel hissen
Diese Mühle ist die fleißigste am Niederrhein. Die Kriemhildmühle ist eine historische Windmühle in Xanten – die einzige in der Gegend, welche täglich noch betrieben wird. Erbaut wurde die Mühle als Teil der Xantener Stadtbefestigung in Form eines Wach- und Wehrturms am Ende des 14. Jahrhunderts. Wenn der Wind kräftig genug weht, setzt der Müller die Segel und die Holzzahnräder werden ins Getriebe gelegt. Dann läuft das Getreide aus dem Trichter in die Mühlsteine und eine Etage tiefer rutscht frisch gemahlenes Vollkornmehl in die Mehltonne.
Besucher erleben, wie das Korn zu Brot wird und können zwischen den Eichenholzbalken aufsteigen bis zu den Mühlsteinen. Wenn über ihnen die Zähne der Holzräder ineinandergreifen, beginnt der Mahlvorgang. Für Gruppen aus Kindergärten, Schulen oder Vereinen bietet der Mühlenverein ein spannendes Programm an: Von der einfachen Führung ohne Seil und Knoten bis zum Schnellkurs mit Segelsetzen, Mehlsack packen und Selberbacken. Hinterher hat man garantiert Körner in den Schuhen und Mehl an der Hose.
Tipp: In der Backstube wird jeden Abend ein kräftiger Sauerteig angesetzt. Am nächsten Morgen riecht er reif und alkoholisch, genau richtig für ein reines Sauerteigbrot ohne Zusätze. Täglich geöffnet.
KriemhildmühleNordwall 5, 46509 Xanten, 0 28 01 / 65 56www.kriemhild-muehle.de
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