LVR-Freilichtmuseum KommernHier wird das dörfliche Rheinland im Museum lebendig
Dieses Museum hat 365 Tage im Jahr geöffnet. Man kann einen ganzen Tag dort verbringen und noch einen – und immer etwas Neues sehen, hören, lernen. Denn das Freilichtmuseum in Kommern mit seinem vielen Fachwerkgebäuden lebt – es wird gesät und geerntet, geschmiedet und gekocht.
Typische Gebäude aus dem dörflichen Rheinland
Dabei stand bei der Gründung des Museums 1958 beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) der „Rettungsgedanke“ im Vordergrund. Auf dem Kahlenbusch (bei Mechernich) sollten typische Gebäude aus dem dörflichen Rheinland einen Platz finden, deren Untergang im Wirtschaftswunderland drohte.
Mehr als 60 Gebäude
Mehr als 30 Bauernhäuser, Ställe, Scheunen Werkstätten und auch eine Mühle wurden direkt in der Gründungszeit transloziert – inzwischen stehen dort mehr als 60 Gebäude, längst hat man den Blick auch auf die Zeit nach 1945 erweitert. Der Umzug der Gebäude ist immer ein großes Spektakel: Manche Häuser werden auf Tiefladern nach Kommern gebracht.
Quer durch die Jahrhunderte
Der Schwerpunkt des LVR-Museums hat sich gewandelt. Nicht allein Baustile sollen sich erschließen, sondern der Alltag der Menschen vom Kind bis zum Greis quer durch die Jahrhunderte. Neuestes Kapitel: Provisorische Unterbringungen – für Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch für heutige Flüchtlinge. Am Rande des Marktplatzes Rheinland steht ein Flüchtlingscontainer vom Beginn der 1990er Jahre.
Niederrhein, Eifel, Westerwald und Bergisches
Man kann durch das 100 Hektar große Gelände wandern – die Dörfer vom Niederrhein, aus der Eifel und dem Westerwald sowie dem Bergischen Land sind mit Spazierwegen verbunden, die durch schattige Waldstücke führen. Man kann Eberhard, den Eber, und seine Säue studieren, über die Glanrinder auf der Wiese erfahren, dass sie gute Zugtiere sind, gute Milchkühe – und auch Fleischlieferanten. Jeder der (auch mit Rollator) laufen kann, findet seinen Weg ins bildende Vergnügen. Niemand langweilt sich, weil für jede Generation Zugänge geschaffen werden, das bäuerliche Leben sowie den wirtschaftlichen und sozialen Wandel kennenzulernen.
„Wir Rheinländer“
Man kann durch die meist komplett möblierten Gebäude stromern – Kopf nicht an den Balken stoßen. Man kann staunen: Warum sind die Betten so klein? Weil die Menschen halb im Sitzen schliefen. Schnuppern – nicht nur im Rauchhaus hat die Nase zu tun. Wenn das Wetter garstig ist, kann man sich in die Ausstellungshallen zurückziehen – mit der Dauerschau „Wir Rheinländer“ und Wechselausstellungen.
Service, Tipps, Termine und Infos zum Freilichtmuseum Kommern
LVR-Freilichtmuseum Kommern,Eickser Straße, 538945 Mechernich, Tel. 02443-9980www.kommern.lvr.deGeöffnet: Täglich 19. März bis 31. Oktober; 9 bis 19 Uhr, im Winter 10 bis 17 Uhr.Eintritt: Kinder bis 18 Jahre/ Flüchtlinge: frei, Erw.: 7,50 EuroAnreise: Mit dem Auto über die Autobahn 1 bis Wißkirchen/ Kommern oder Bad Münstereifel/Mechernich.Mit der Bahn: RB 22 oder 24 Richtung Gerolstein (ab Köln ca. 50 Min. Museumsbus: 02443/1000)
Steckbrief
Die Sammlung besteht aus mehr als 70 Häusern, Ställen und Werkstätten aus Dörfern des Rheinlands, die historisch eingerichtet sind und bewirtschaftet werden. Kommern ist ein lebendiges Museum, das „gespielte Geschichten“ bietet – und in dem Kühe, Gänse, Hühner und Schweine leben.
Für Kinder
Das Museum bietet 70 Sonderveranstaltungen im Jahr, viele davon sind auch für Kinder und Schulklassen geeignet. Im Sommer ist es im Waldpädagogik-Zentrum Eifel besonders interessant. Wann und wo der Schmied seine Feuer entfacht hat, wann der Imker seine Arbeit erläutert oder die Wäscherin oder der Wagenbauer, das wechselt von Tag zu Tag. Wer an der Reihe ist, steht auf einer Tafel am Eingang des Museums.
Besondere Feste sind am 9. Oktober das Apfelfest und der wildromantische Martinszug am 5. November. Schulklassen können eine Woche lang im Museum leben und dort übernachten. Dieses Projekt ist Monate im Voraus ausgebucht.
Umgebung und Café
Attraktionen in der Nähe: Die Sommerrodelbahn (dafür gibt es eine Kombikarte mit dem Museum) und der Wildpark in Kommern liegen in der Nachbarschaft. Aber eigentlich reicht das Museum als Tagesausflugsziel völlig aus.
Die Gastronomie auf dem Gelände ist originell, die Preise akzeptabel: Die Gaststätte Watteler (mit Eifelblick) ist in den 70er Jahren stehengeblieben (mit Bluna und Afri-Cola). Die Gastwirtschaft „Zur Post“ bietet in romantischem Fachwerk rheinische Küche mit Produkten aus dem Museum.www.tagenundfeiern.de
Impressionen vom LVR-Freilichtmuseum in Kommern:
Josef Mangold über sein Museum
Das Rheinische Freilichtmuseum in Kommern wurde Ende der 1950er Jahre gegründet, es gehört zu den größten seiner Art in Europa. Von Anfang an war es wichtig, keinen „Häuserzoo“ zu zeigen, sondern die dörflichen Strukturen lebensnah nachzuzeichnen – mit Gärten und Obstwiesen und natürlich auch mit Tieren. Bei uns finden Sie Deutsche Weideschweine, die den Schwäbisch-Hällischen ähneln, aber besser schmecken, Glanrinder und Hühner. Wir bemühen uns um die Rückzüchtung alter Rassen. Bei uns wird gemäht und geerntet – wie in Dörfern üblich und nach historischen Vorbildern. Wie übrigens auch im LVR-Freilichtmuseum Lindlar, wo ich lange gearbeitet habe.
Was ist eine Muusfallsverkäuferin?
Sie können einer Muusfallsverkäuferin (Mausefallenverkäuferin) bei der Arbeit zusehen und mit ihr plaudern – und eine Menge lernen. Zu meinen weiteren Lieblingen gehört der singende Schmied, ihn findet man in Haus 38 in der Baugruppe Westerwald, nicht weit vom Eingang. In der Schmiede lodern meist mittwochs und sonntags die Flammen – und Schmied Knoll singt dazu. Der Garten von Haus Kessenich – es stammt aus dem Jahr 1616 und aus Bonn – grünt alles besonders schön. Etwas oberhalb: eine tolle Wacholderwiese.
Neues Konzept für den Marktplatz Rheinland
Wir legen Wert darauf, dass alles bis ins Detail stimmt – auf besondere Exponate, die man auf den ersten Blick nicht als solche erkennt, weisen wir übrigens mit einem goldenen Rahmen hin. Am besten und idealsten ist das neue Konzept für den Marktplatz Rheinland (bei der Gaststätte Watteler), mit dem wir seit 2010 die Zeit nach 1954 in den Blick rücken. Das Haus ist von A bis Z so wieder aufgebaut worden, wie man es in Eschweiler über Feld kannte – inklusive Jukebox, Tischen, Stühlen, Gardinen, Theke, Tapete und der ganz besonderen Toiletten.
Wir sind stolz darauf, dass die letzte Eigentümerin uns viele Details berichtet und übergeben hat – so wünschen wir es uns für jedes Gebäude: Dass Zeitzeugen genau berichten – und dass die Besucher sich und ihre Erinnerungen wiederfinden.
Stifterinnen wie Gerti Vermassen sind der Idealfall
Am Marktplatz Rheinland, der die Zeit seit 1945 spiegeln soll, sind noch Plätze frei. Es gibt aber schon ein Quelle-Fertighaus aus Pulheim Stommelerbusch, eine Polizeinotrufsäule und eine gelbe Telefonzelle unter der Dorfeiche, einen klassischen 1960er-Jahre Bungalow auch. Gerade sind zwei Notunterkünfte aus der Nachkriegszeit – Nissenhütten – mit ihren Tonnendächern eröffnet worden.
Kleinstwohnhaus aus Herkenrath
Ein Kleinstwohnhaus aus Herkenrath soll folgen, ebenso ein Umspannhäuschen aus Bürvenich und eine Notkirche aus Overath. Aber eines der Prachtstücke steht schon perfekt parat: Die Gaststätte Watteler aus Eschweiler über Feld – wo sie 2009 wegen Bergschäden hätte abgebrochen werden müssen. Dass sie derart perfekt ins Museum umgezogen ist, dass frühere Kneipengäste „Pippi in den Augen bekommen“, wenn sie das Lokal hier wieder betreten – das liegt an der letzten Wirtin, Gerti Vermaasen. Als das Museum an sie herantrat mit der Bitte, das komplette Haus mitzunehmen, dachte sie „Die spinnen ja“ – verstand die Idee aber sofort. Und begann, Inventarteile, die sie schon weggegeben hatte, zurückzuholen.
Musiktruhe ist mit Singles gefüllt
Deswegen findet man alles, wirklich alles im Schankraum, wie es immer war – sogar das Kissen, das im Scherz für einen Stammgast an die Wand geschraubt wurde, hängt an seinem Platz. Die Musiktruhe ist mit Singles (bis 1974) gefüllt. Weil die Familie Vermaasen sich von nichts trennen konnte, fanden die Museumsleute auf dem Dachboden auch die original Holzfenster, die die Wirtsleute durch modernere ersetzt hatten. Auch die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens – zum Haus gehörte eine Metzgerei – ließ sich mühelos rekonstruieren. In der Garage steht ein blauer Opel Admiral 2800 S, wie ihn die Vermaasens besaßen. Zur Eröffnung der Gaststätte im Museum (2013) fuhr Wirtin Vermaasen darin vor - samt Pelzhütchen und Perlzkragen.
Das könnte Sie auch interessieren: