Die „Drei ???“Darum ist die Hörspiel-Serie weltweit die erfolgreichste
Köln – Bob, bist du noch wach?“ – „Du kannst reinkommen, Mom.“ Mit diesem Dialog beginnt die jüngst erschienene 201. Folge „Höhenangst“ der „Drei ???“. Bob Andrews erhält darin einen unheimlichen Anruf, der den drei Detektiven einen neuen Fall beschert. Alles wie immer. Alles wie seit 40 Jahren.
Am 12. Oktober 1979 erschien in Deutschland mit „Die drei ??? und der Super-Papagei“ der erste spezial gelagerte Sonderfall der drei Jungs aus Kalifornien. Und was als kleine Hörspiel-Produktion in Hamburg begann, wurde zu einer unglaublichen Erfolgsgeschichte. Mehr als 50 Millionen Tonträger mit den Abenteuern der „Drei ???“ wurden bisher verkauft, das macht die Reihe zur erfolgreichsten Hörspiel-Produktion weltweit.
Dreigespann: Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews
Von Anfang an ist Andreas Fröhlich Bob Andrews. Seit mehr als 40 Jahren spricht der heute 54-Jährige einen Schüler, der über die Zeit nur ein paar Jahre gealtert ist, der immer noch in seinem Kinderzimmer im Haus seiner Eltern lebt. Zwölf Jahre war Fröhlich alt, als er 1978 zum ersten Mal im Tonstudio von Regisseurin Heikedine Körting stand.
„Oliver Rohrbeck, den ich auch schon kannte, sollte Justus sein. Und Jens Wawrczeck sollte Bob sprechen. Es war nur leider so, dass ich wirklich nicht besonders gut lesen konnte. Ich konnte leise lesen, aber fürs laut Lesen brauchte ich noch etwas. Ich war nicht so begabt wie die beiden anderen, die die Situation vom Blatt gleich mitgespielt haben“, erinnerte er sich im Gespräch mit dieser Zeitung.
„Und die Regisseurin Heikedine Körting, die mich extra aus Berlin hatte einfliegen lassen, dachte sich, dass sie jetzt diesen Typen an der Backe hat, der nicht in der Lage war, einen geraden Satz zu sagen. Und dann entschied sie spontan, dass Jens Peter sein sollte und ich Bob.“ Und so waren die Rollen verteilt und bis heute hat sich daran nichts geändert.
Eine Jugend zwischen Schulbank und Tonstudio
Die ersten Folgen wurden an jenem Wochenende produziert, die Jungs fuhren nach Hause und gingen zur Schule. Dass „Die drei ???“ sie von da an ihr ganzes Leben lang begleiten sollten, ahnten sie nicht. Auch nicht, dass sie als Herren im mittleren Alter irgendwann ganze Stadien füllen sollten, von ihren Fans bejubelt wie Popstars. Am 7. November werden sie mit „Die drei ??? und der dunkle Taipan“ in der Lanxess-Arena zu Gast sein. Die Veranstaltung ist ausverkauft.
„Darf ich Ihnen unsere Karte geben?“ – Es sind Sätze wie diese, die Generationen von Deutschen regelmäßig im Ohr hatten, wenn sie zum Einschlafen eine neue Folge in den Kassettenrekorder schoben. Und die meisten von ihnen können auch heute noch im Schlaf ergänzen, was dann kam: „Erster Detektiv: Justus Jonas. Zweiter Detektiv: Peter Shaw. Recherchen und Archiv: Bob Andrews“. Oft folgen danach Erwiderungen wie „Sehr eindrucksvoll“ oder ein mit Erstaunen hervorgebrachtes „Ihr wollt Detektive sein?“ Doch die drei Juniorermittler haben sich von solcher Skepsis nie aus der Ruhe bringen lassen.
Der erste Band der Buchvorlage erschien 1964
Warum auch? Wer kann schon von sich behaupten, das Rätsel einer flüsternden Mumie gelöst, einen Meisterdieb überführt, einen grünen Geist entzaubert und einen sprechenden Totenkopf zum Schweigen gebracht zu haben? Und das alles zu Beginn seiner Detektivkarriere. Ihrem Motto bleiben sie dabei stets treu: „Wir übernehmen jeden Fall.“
Die deutschsprachige Hörspielreihe basiert auf einer Buchvorlage, die aus den USA stammt, dort erschien bereits 1964 der erste Band. Der Schriftsteller Robert Arthur ersann die drei Schlauberger. Ein Marketingtrick sollte die Verkäufe ankurbeln: Arthur erwarb die Lizenz, für die Bücher den Namen und das Konterfei von Kultregisseur Alfred Hitchcock verwenden zu dürfen.
Erwachsene Fans - Reise in die 80er-Jahre-Kindheit
Autor für „Die drei ???“ war Hitchcock allerdings nie. In den USA wurde die Serie schon 1991 eingestellt. In Deutschland ging es – mit Unterbrechungen wegen rechtlicher Auseinandersetzungen – immer weiter. In keinem anderen Land weltweit haben die drei Ermittler einen solchen Kultstatus erreicht wie bei uns.
Für heute längst erwachsene Fans sind gerade die ersten Folgen eine Reise in die eigene behütete 80er-Jahre-Kindheit. Zurück in eine Zeit, in der die Welt noch so viel leichter zu verstehen war, in der die einzige Sorge darin bestand, pünktlich zum Abendessen zu Hause zu sein.
Und während die bundesdeutsche Jugend meist einen relativ ereignislosen Alltag zwischen Schule, Sportverein und Freunden erlebte, in dem die erste heimlich gerauchte Zigarette schon der Gipfel an Aufregung war, durften Justus, Peter und Bob im fernen Kalifornien unzählige Abenteuer erleben. Rocky Beach, wie das schon klang. Nach Weite, Pazifik, Sonnenschein. Christian Rodenwald hat ein Buch über „Die Welt der Drei ???“ geschrieben.
Gangsterjagd statt Schule und Sportverein
Das fiktive kalifornische Rocky Beach sei für deutsche Hörer der perfekte Handlungsort, sagt er: „Das hat eine gewisse Exotik, grenzt niemanden aus. Würde es in Berlin oder Hamburg spielen, gäbe es zwar für manche eine hohe Identifikation, andere hingegen blieben außen vor.“
In die Schule musste bei den „Drei ???“ niemand, ins Bett auch nicht. So hatten sie immer Zeit, in ihrer Zentrale auf dem Schrottplatz über ihren neuesten Fall zu beraten, eine Telefonlawine zu starten oder mit dem Fahrrad Gangster im Auto zu verfolgen, deren Spur sie dank ihres Peilsenders nie verlieren. Ewige Sommerferien, meist perfektes Wetter und hinter jeder Ecke lauert ein Abenteuer. Justus, Peter und Bob wurden zu guten Freunden.
Die Gewissheit, dass es am Ende Kirschkuchen gibt
Man kannte ihre Macken, man wusste, dass Justus allzu oft den altklugen Besserwisser raushängen lässt, der seinen Freunden gerne mal seine neuesten Geistesblitze unter die Nase reibt. Man sah der Sportskanone Peter nach, dass er ein ziemlicher Angsthase ist und sich regelmäßig vor übernatürlichen Erscheinungen fürchtet. Und man begleitete Bob in die Bibliothek oder ins Archiv der Zeitung, wo er gewissenhaft recherchierte.
Dazu kamen vertraute Nebenfiguren, die Orientierung boten. Onkel Titus und Tante Mathilda, die Eltern von Peter und Bob, einige treue Gefährten wie Chauffeur Morton oder Kommissar Reynolds, aber auch Skinny Norris, der Erzfeind der drei Detektive, und der international gesuchte Kunstdieb Victor Hugenay.
Und auch wenn es zwischendrin mal gruselig wurde, so hatte man doch immer die Gewissheit, dass alles gut ausgehen, dass niemand während der Ermittlungen sterben, dass Tante Mathilda weiter Kirschkuchen backen und am Ende alle wieder vereint sein würden.
„In einer nicht so heilen Welt ist das genau das Richtige.“
Das ist auch für Andreas Fröhlich eines der Erfolgsrezepte: „Ich glaube, gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Welt so unsicher ist und es an allen Ecken kracht und knallt, sind die ein bisschen spießigen und altbackenen »Drei ???« mit ihrem Abschlusslacher eigentlich genau das Programm, das man braucht, um zu entspannen. Es ist die heile Welt. Und in einer nicht so heilen Welt ist das genau das Richtige.“
Eines Tages hätte allerdings eigentlich Schluss sein müssen, spätestens als die Sprecher zu alt waren, um Kindern ihre Stimme zu leihen, und jene erste Fan-Generation erwachsen wurde. Doch das Gegenteil war der Fall. „Die drei ???“wurden zum Kult. Alte Fans blieben der Reihe treu, neue wuchsen nach. Denn immerhin die Hälfte der Hörer sind auch heute noch Kinder.
Früher Kassetten, heute Spotify: „ Drei ???“ sind Kult
Und während die Fans früher Kassetten im Kiosk kauften, streamt die jetzt junge Generation die neuen Folgen eben bei Spotify. Und irgendwann standen „Die drei ???“ außerhalb von Zeit und Raum. Sie wurden älter, aber nur ein paar Jahre. Sie begannen, Auto zu fahren, nutzten irgendwann Computer und Handys, recherchierten im Internet.
Heute sind sie merkwürdig alterslos und dank der großartigen Sprecher nimmt man ihnen die Jugendlichen immer noch ab. Wenn sich Pippi Langstrumpf einst wünschte, nie erwachsen zu werden – den „Drei ???“ ist es gelungen. In einigen Folgen hatten sie zwar auch mal Freundinnen, aber das kam bei den Fans nicht so gut an. Die Hörspiel-Boyband soll ihre Liebe eben nicht teilen.
„Sofort ein wohliges Gefühl, wenn ich einschalte.“
Buchautor Christian Rodenwald hat einen schönen Vergleich für den Erfolg der Reihe gefunden: „»Die drei ???« sind wie eine alte Stehlampe in meinem Wohnzimmer. Ich habe sofort ein wohliges Gefühl, wenn ich sie einschalte. Sie gehören zu den ganz wenigen Dingen im Leben, die nur positiv besetzt sind.“ Als er, der Fan, sich für sein Buch intensiver mit dieser Welt beschäftigte, hatte er Angst, enttäuscht zu werden. Aber das Gegenteil war der Fall.
Das Team um Heikedine Körting, die immer noch alle Fäden in der Hand hält, habe so viele goldrichtige Entscheidungen getroffen. Die Sprecher seien fantastisch, gerade die Jazz-Funk-Musik aus den Anfangszeiten von Carsten Bohn sei grandios und innovativ gewesen, die Cover hätten einen hohen Wiedererkennungswert.
Justus, Peter und Bob begleiten ein Leben lang
„Die haben sich was getraut. Der Erfolg ist nicht vom Himmel gefallen.“ Rodenwald hat auch eine Antwort darauf, warum zwar viele in der Kindheit auch „TKKG“ oder „Fünf Freunde“ hörten, damit jedoch irgendwann aufhörten, während „Die drei ???“ sie weiterhin begleiteten. „Das ist ein viel höheres Niveau. Die Charaktere in den anderen Hörspielen sind viel eindimensionaler. Bei den »Drei ???« werden die Hörer ernst genommen. Sie sind einfach besser.“