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Equorius & Bunte HundeErlebnistage für Pferde- und Hundefreunde auf der Rennbahn

Lesezeit 5 Minuten
Fotocredit Victoria Hücker3

... und umrundet Tonnen im Galopp.

Der drahtige Reiter im Sattel könnte auch unter der sengenden Sonne Andalusiens  herantraben. Ein energischer  Schenkeldruck, kaum sichtbar  in die Flanken  seines  Pferdes, und schon fällt der Grauschimmel mit der langen Mähne scheinbar mühelos in  Galopp.  Mit kurzen, gesetzten Sprüngen umrundet er geschickt zwei große Holzfässer, um gleich darauf  ein sperriges Gatter anzusteuern.

Werden Pferd und Reiter es etwa überspringen? Nein. Vollbremsung mit allen vier Hufen gleichzeitig im Sand.  Aus dem Sattel heraus  öffnet der Reiter mit wenigen  geübten Handgriffen die Torfalle. Nur ein paar Tritte rückwärts, dann  sind  Pferd und Reiter auf der anderen Seite des Zauntors. Wendung auf der Hinterhand und Angaloppieren. Weiter geht es  durch den Parcours aus  Brücke, Wasserfurt und Stangen, die allesamt so aussehen als stünden sie im Sandviereck einer Finca im Süden Spaniens. 

Fotocredit Victoria Hücker1

Anja Ötting passiert auf Charanga eine Holzbrücke...

Working Equitation als Wettkampf

Working Equitation, die traditionelle Arbeitsreitweise der iberischen Rinderhirten im Sattel,  findet auch in Deutschland  immer mehr Anhänger.  Der Buchautor Stefan Baumgartner  ist ein   Pionier dieser Reitweise. Er gehört auch zu den Organisatoren der ersten Turniere in Deutschland: „Ein solide gerittenes Pferd sollte mit solchen  Trail-Hindernissen keine Probleme haben“, sagt er. 

Jeder Reiter, der Spaß an einem abwechslungsreichen Training hat und sich einen gelassenen und vertrauensvollen  Pferdepartner   wünscht, finde in den Grundsätzen dieser Reitweise hilfreiche  Anregungen. Working Equitation fasst die alten europäischen Arbeitsreitstile zusammen – sie sind zugleich die Ursprünge des Westernreitens.

Ein Blick zurück: Arbeit am Rind gab es in früheren Zeiten nur in Südeuropa – bei den spanischen Vaqueros, den Campesinos in Portugal, den südfranzösischen Gardiens mit ihren Camargue-Pferden und den italienischen Butteri. Das Hüten und Treiben von Rindern war dort Teil der regionalen Tradition, spielte aber in der klassischen Reiterei keine Rolle. Weshalb die Tricks und Kniffe der „Cowboys“ von der iberischen Halbinsel mit zunehmender Modernisierung in der Land- und Viehwirtschaft drohten, in Vergessenheit zu geraten.

Fotocredit Victoria Hücker3

... und umrundet Tonnen im Galopp.

Nur noch  wenige  Liebhaber kultivierten sie – und  riefen  zur Rettung  Standards für Vergleichswettkämpfe ins Leben: Der Start für Working Equitation. Als Wettkampfdisziplin besteht diese Reitweise  aus  verschiedenen Teilen: Einer Dressur und einem Trail, bei dem Rittigkeit, Vertrauen, Gehorsam und Geländegängigkeit der Pferde überprüft werden. Er wird auch  auf Tempo geritten. Das Besondere aber ist die Rinderarbeit. Sie soll an den Alltag der Original-Rinderhirten  auf den Campos erinnern, die einzelne Rinder aus den Herden trennen mussten – und die auf ihrem Ritt unterwegs mit allerlei Unwegsamkeiten zu rechnen hatten.

Sie sollten  jederzeit  in der Lage sein, Tore vom Pferd aus zu öffnen und zu schließen, über schmale Holzstege zu balancieren, durch Wasser zu galoppieren. Wer sich als Reiter an einen solchen Hindernislauf  und die Dressuraufgaben heranwagt, der hat ein buntes Programm vor sich.  In den höheren Wettbewerbsklassen werden in der  Dressur auch Lektionen  einhändig auf blanker Kandare geritten und Pirouetten gezeigt. Im Geschicklichkeitsparcours warten unterdessen nicht weniger als 15 Hindernisse darauf, fehlerfrei überwunden zu werden.

Fotocredit Victoria Hücker2

Anja Ötting auf Charanga.

Dort  stoßen Pferd und Reiter außer auf Gatter und Tonnen auch auf Bodenstangen, Brücke  und Gassen mit und ohne Glocken. An die Stangen beim Seitwärtsrichten und im Parallel-Slalom darf kein Huf anschlagen: Die Tiere müssen geschickt wenden und entsprechend leicht auf die Hilfen des Reiters reagieren. Tief Durchatmen: So  anspruchsvoll  starten die Anfänger im Sattel  noch nicht.

Reitschule Claashof aus Leverkusen auf Reitermesse

„Wir haben auch Reitschüler mit weniger Talent oder mit Angst. Im Trail  bekommen solche  Reiter eine klare Aufgabe und eine Technik an die Hand, ihr  Pferd sicher zu führen“, erklärt Anja Ötting, Pferdwirtschaftsmeisterin  an der Leverkusener Reitschule Claashof.  Harmonie zwischen Pferd und Reiter ist das Ziel. „Man  braucht ein   durchlässiges, gehorsames  aber auch wendiges Pferd,  ganz gleich welcher Rasse“, sagt  Ötting. Mit einem Team aus vier Reitern wird sie bei der Kölner Reitermesse „Equorius“   täglich live zeigen, wie die Arbeit im Sattel in der Praxis aussieht. „Im Vordergrund stehen die Rittigkeit und der Gehorsam der Pferde“, so Ötting.

Nicht mehr und nicht weniger gelten diese Tugenden zwar auch für die klassische Dressur, den Springsport, die Vielseitigkeits- und Distanzreiter  und das Reining der Westernreiter. Doch anders als die  etablierten  Reitdisziplinen,  in denen die Besten der Welt sich dieser Tage im US-amerikanischen Tryon  bei den Weltreiterspielen messen,    ist Working Equitation bislang eine eigene Reitsportszene.   Mit eigenen Meisterschaften, aber gleichermaßen großen Erfolgen: Bei der WM  im Mai  auf der Olympia-Reitanlage in München gab es Teamgold für Deutschland – und Medaillen in den Einzelwertungen. 

Erlebnistage mit Pferd & Hund

Erleben! Ausprobieren! Mitmachen! Das ist vom 28. bis 30. September das Motto auf dem Gelände der Kölner Galopprennbahn in Weidenpesch stattfindet. Denn bei der zweiten Auflage der „Equorius & Bunte Hunde“ steht das besondere Verhältnis von Mensch und Tier im Fokus.

Täglich von 11 bis 18.30 Uhr haben Pferde- und Hundefreude die Gelegenheit, Disziplinen kennenzulernen. Vor Ort können sie verschiedene Bereiche in der Praxis ausprobieren – vom Kutschenreiten bis zur Bodenarbeit, von Agility bis Man-Trailing.
Für Kinder gibt es ein eigenes Programm: Für sie wird auf dem Rennbahngelände ein Tipi aufgebaut, in dem sie lernen können, wie Ponys richtig geputzt werden. Nach getaner Arbeit ist es Zeit für einen kurzen Ritt.

Außer Pferde- und Hundeshows gibt es Rassevorstellungen, Futtermittel, Equipments, Fotoshootings und Handwerk vor Ort: Schmied und Sattler zeigen ihre Arbeit.

Geöffnet täglich 11- 18.30 Uhr. Tagesticket 8 Euro, Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre frei.

www.equorius.com