Equorius & Bunte HundeErlebnistage für Pferde- und Hundefreunde auf der Rennbahn
Der drahtige Reiter im Sattel könnte auch unter der sengenden Sonne Andalusiens herantraben. Ein energischer Schenkeldruck, kaum sichtbar in die Flanken seines Pferdes, und schon fällt der Grauschimmel mit der langen Mähne scheinbar mühelos in Galopp. Mit kurzen, gesetzten Sprüngen umrundet er geschickt zwei große Holzfässer, um gleich darauf ein sperriges Gatter anzusteuern.
Werden Pferd und Reiter es etwa überspringen? Nein. Vollbremsung mit allen vier Hufen gleichzeitig im Sand. Aus dem Sattel heraus öffnet der Reiter mit wenigen geübten Handgriffen die Torfalle. Nur ein paar Tritte rückwärts, dann sind Pferd und Reiter auf der anderen Seite des Zauntors. Wendung auf der Hinterhand und Angaloppieren. Weiter geht es durch den Parcours aus Brücke, Wasserfurt und Stangen, die allesamt so aussehen als stünden sie im Sandviereck einer Finca im Süden Spaniens.
Working Equitation als Wettkampf
Working Equitation, die traditionelle Arbeitsreitweise der iberischen Rinderhirten im Sattel, findet auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Der Buchautor Stefan Baumgartner ist ein Pionier dieser Reitweise. Er gehört auch zu den Organisatoren der ersten Turniere in Deutschland: „Ein solide gerittenes Pferd sollte mit solchen Trail-Hindernissen keine Probleme haben“, sagt er.
Jeder Reiter, der Spaß an einem abwechslungsreichen Training hat und sich einen gelassenen und vertrauensvollen Pferdepartner wünscht, finde in den Grundsätzen dieser Reitweise hilfreiche Anregungen. Working Equitation fasst die alten europäischen Arbeitsreitstile zusammen – sie sind zugleich die Ursprünge des Westernreitens.
Ein Blick zurück: Arbeit am Rind gab es in früheren Zeiten nur in Südeuropa – bei den spanischen Vaqueros, den Campesinos in Portugal, den südfranzösischen Gardiens mit ihren Camargue-Pferden und den italienischen Butteri. Das Hüten und Treiben von Rindern war dort Teil der regionalen Tradition, spielte aber in der klassischen Reiterei keine Rolle. Weshalb die Tricks und Kniffe der „Cowboys“ von der iberischen Halbinsel mit zunehmender Modernisierung in der Land- und Viehwirtschaft drohten, in Vergessenheit zu geraten.
Nur noch wenige Liebhaber kultivierten sie – und riefen zur Rettung Standards für Vergleichswettkämpfe ins Leben: Der Start für Working Equitation. Als Wettkampfdisziplin besteht diese Reitweise aus verschiedenen Teilen: Einer Dressur und einem Trail, bei dem Rittigkeit, Vertrauen, Gehorsam und Geländegängigkeit der Pferde überprüft werden. Er wird auch auf Tempo geritten. Das Besondere aber ist die Rinderarbeit. Sie soll an den Alltag der Original-Rinderhirten auf den Campos erinnern, die einzelne Rinder aus den Herden trennen mussten – und die auf ihrem Ritt unterwegs mit allerlei Unwegsamkeiten zu rechnen hatten.
Sie sollten jederzeit in der Lage sein, Tore vom Pferd aus zu öffnen und zu schließen, über schmale Holzstege zu balancieren, durch Wasser zu galoppieren. Wer sich als Reiter an einen solchen Hindernislauf und die Dressuraufgaben heranwagt, der hat ein buntes Programm vor sich. In den höheren Wettbewerbsklassen werden in der Dressur auch Lektionen einhändig auf blanker Kandare geritten und Pirouetten gezeigt. Im Geschicklichkeitsparcours warten unterdessen nicht weniger als 15 Hindernisse darauf, fehlerfrei überwunden zu werden.
Dort stoßen Pferd und Reiter außer auf Gatter und Tonnen auch auf Bodenstangen, Brücke und Gassen mit und ohne Glocken. An die Stangen beim Seitwärtsrichten und im Parallel-Slalom darf kein Huf anschlagen: Die Tiere müssen geschickt wenden und entsprechend leicht auf die Hilfen des Reiters reagieren. Tief Durchatmen: So anspruchsvoll starten die Anfänger im Sattel noch nicht.
Reitschule Claashof aus Leverkusen auf Reitermesse
„Wir haben auch Reitschüler mit weniger Talent oder mit Angst. Im Trail bekommen solche Reiter eine klare Aufgabe und eine Technik an die Hand, ihr Pferd sicher zu führen“, erklärt Anja Ötting, Pferdwirtschaftsmeisterin an der Leverkusener Reitschule Claashof. Harmonie zwischen Pferd und Reiter ist das Ziel. „Man braucht ein durchlässiges, gehorsames aber auch wendiges Pferd, ganz gleich welcher Rasse“, sagt Ötting. Mit einem Team aus vier Reitern wird sie bei der Kölner Reitermesse „Equorius“ täglich live zeigen, wie die Arbeit im Sattel in der Praxis aussieht. „Im Vordergrund stehen die Rittigkeit und der Gehorsam der Pferde“, so Ötting.
Nicht mehr und nicht weniger gelten diese Tugenden zwar auch für die klassische Dressur, den Springsport, die Vielseitigkeits- und Distanzreiter und das Reining der Westernreiter. Doch anders als die etablierten Reitdisziplinen, in denen die Besten der Welt sich dieser Tage im US-amerikanischen Tryon bei den Weltreiterspielen messen, ist Working Equitation bislang eine eigene Reitsportszene. Mit eigenen Meisterschaften, aber gleichermaßen großen Erfolgen: Bei der WM im Mai auf der Olympia-Reitanlage in München gab es Teamgold für Deutschland – und Medaillen in den Einzelwertungen.
Erlebnistage mit Pferd & Hund
Erleben! Ausprobieren! Mitmachen! Das ist vom 28. bis 30. September das Motto auf dem Gelände der Kölner Galopprennbahn in Weidenpesch stattfindet. Denn bei der zweiten Auflage der „Equorius & Bunte Hunde“ steht das besondere Verhältnis von Mensch und Tier im Fokus.
Täglich von 11 bis 18.30 Uhr haben Pferde- und Hundefreude die Gelegenheit, Disziplinen kennenzulernen. Vor Ort können sie verschiedene Bereiche in der Praxis ausprobieren – vom Kutschenreiten bis zur Bodenarbeit, von Agility bis Man-Trailing. Für Kinder gibt es ein eigenes Programm: Für sie wird auf dem Rennbahngelände ein Tipi aufgebaut, in dem sie lernen können, wie Ponys richtig geputzt werden. Nach getaner Arbeit ist es Zeit für einen kurzen Ritt.
Außer Pferde- und Hundeshows gibt es Rassevorstellungen, Futtermittel, Equipments, Fotoshootings und Handwerk vor Ort: Schmied und Sattler zeigen ihre Arbeit.
Geöffnet täglich 11- 18.30 Uhr. Tagesticket 8 Euro, Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre frei.