„Gasthaus Scheiderhöhe“Hier trifft kraftvolle Küche auf handwerkliche Akkuratesse
- Unser Gastro-Kritiker Carsten Henn hat das „Gasthaus Scheiderhöhe“ in Lohmar besucht.
- In dem Fachwerkhaus mit gemütlicher Einrichtung wird seit Januar zeitgenössisch aufgetischt.
- Was Carsten Henn neben „Himmel un Ääd“ in flüssiger Variante oder einem Dessert zum Reinlegen besonders gut an der Küche gefällt, lesen Sie hier.
Ich weiß nicht, was ich gerade mit Kartoffelsuppen habe, aber innerhalb weniger Monate bin ich auf die dritte bemerkenswerte gestoßen – und die pfiffigste noch dazu! Im Gasthaus Scheiderhöhe, gelegen im Bergischen Land, wurde sie mir mit fein säuerlichen Apfelwürfeln und kleinen, würzigen Flönz-Streifen serviert, was das Ganze zu einer Art flüssigen Variante „Himmel un Ääd“ werden ließ. Es fehlte etwas an Salz, aber das stand ja genau wie Pfeffer auf den hellen Holztischen bereit.
„Zeitgenössische Gasthausküche“ nennt Koch Daniel Lengsfeld seinen kulinarischen Ansatz. Im Januar hat der aus Berlin kommende Mittdreißiger das Traditionshaus mit seiner Lebensgefährtin Stephanie Schulze wiedereröffnet, die charmant den aufmerksamen Service leitet. Dass er jahrelang in guten Küchen, unter anderem mit Fernsehkoch Tim Raue, gearbeitet hat, merkt man seinen Speisen an.
Der Koch arbeitet pointiert
Auch beim Garnelen-Cocktail, einem Gericht, um das man eigentlich einen großen Bogen machen sollte, weil die kleinen Meeresbewohner meist von Mayonnaise erschlagen werden. Bei Lengsfeld sind die Garnelenstücke groß und angenehm fest, das Dressing unterstützt gekonnt, übertönt aber nicht, sowohl Ingwer wie auch Chili (mutig eingesetzt) spielen aromatisch eine prägnante Rolle. So macht der Küchenklassiker richtig Spaß.
Auch beim Jus zum rosa gegarten Filet vom Eifelrind arbeitet Lengsfeld pointiert. Einem großen, in Butter gebratenen Stück Pollack (auch Steinköhler genannt, aus der Familie der Dorsche) verleiht er – ein sehr kluger Dreh – mit dünnen Röstkartoffelscheiben Crunch. Ein weiterer Star des Gerichts ist die köstliche Rahmsauce. Schade, dass die Teller auch bei diesem Gang nicht heiß waren, um die Temperaturen länger zu halten.
Tarte mit Tonkabohnen-Eis zum Reinlegen
Dem modernsten Gericht der Karte – einer pfiffigen Schokoladencreme mit Olivenöl, Meersalz und gepuffter Schweineschwarte – geht mit der Zeit etwas die Puste aus, dagegen ist die warme Birnen-Tarte mit einem großartigen Tonkabohnen-Eis ein Dessert zum Reinlegen.
Hier gibt es also richtig gute Gasthausküche, bei der alle Produkte, wie die Homepage informiert, aus „verantwortungsbewusster Landwirtschaft“ stammen (was immer das im Detail bedeuten mag). Trotz aller handwerklichen Akkuratesse ist es eine kraftvolle Küche mit starken Aromen, die sehr gut aufeinander abgestimmt sind.
Die kleine Weinkarte bietet einiges von der Ahr, zum Beispiel einen tollen knackig-trockenen Blanc de Noir von Senkrechtstarterin Julia Bertram (29 Euro). Räumlichkeiten gibt es für bis zu 263 Personen – und Fritten „Spezial“ übrigens auch. Groß, knusprig, in Gänseschmalz ausgebacken, dazu dünne Zwiebelscheiben und so gut, dass man sich die Fahrt in die Niederlande sparen kann.
Scheiderhöher Straße 49, 53797 Lohmar, Tel. 02246/18892Öffnungszeiten: Mo, Do & So 17-22 Uhr, Fr & Sa 17-22.30 Uhr
Henns Auswahl
- Fritten „Spezial“ in Gänseschmalz ausgebacken // 6 Euro
- Schaumige Kartoffelsuppe, Blutwurst, Apfel // 7 Euro
- Isländischer Pollack in Butter gebraten, Lauch, Rahmsauce, Röstkartoffel // 23 Euro
- Schokoladencreme 75%, Olivenöl, Meersalz, gepuffte Schweineschwarte // 7 Euro
- Birnen-Tarte, Tonkabohnen-Eis // 8 Eis
Fazit: Sehr gute Gasthausküche, teilweise mit gekonnt-kreativem Dreh
Das könnte Sie auch interessieren:
Hier können Sie sich Carsten Henns Gastrokritiken gebündelt als Dossier (Folge 2) herunterladen.