Eckkneipe in KölnWährend der Küchenzeit geht es im Alcazar zu wie im Bienenstock

Julia Floß im Alcazar
Copyright: Thomas Banneyer
Köln – Köln ist eine Stadt der Geschichten und Geschichtenerzähler. Anekdoten über berühmte Persönlichkeiten, die großen Söhne und Töchter der Stadt, die Trümmerfrauen und alteingesessene Familien gibt es zahlreiche. Eine spannender als die andere und viele längst in Vergessenheit geraten. Vor lauter Zeitgeist übersieht man manchmal das Zeitalter.
Die Geschichte von der „alten Frau Schmitz“, die nach dem Krieg das ehemals prächtige Stadthaus an der Ecke Bismarckstraße/ Brüsseler Straße wieder aufbaute und fortan dort eine Gaststätte betrieb, ist eine der bekannteren. Bis zu ihrem Tod, Mitte der 90er Jahre, wohnte sie über dem heutigen Alcazar.
Gemauerte Stadtgeschichte
Die Eckkneipe im Belgischen Viertel ist gemauerte Stadtgeschichte: florierender Studententreff in den 60ern, Namensgebung im Folgejahrzehnt, experimentelle Mischung aus Kneipe und französischer Küche, Verwahrlosung und kurzweilige Schließung, Neustart.
Im letzten Jahr feierte das Alcazar 30-jähriges Bestehen. Von den fünf Ur-Geschäftsführern von 1986 ist noch Kneipier-Legende Günter Zabel übrig. Er betreibt zusammen mit Küchenchef Albert Müller das Kneipen-Restaurant. Das Alcazar ist für die einen Karnevals-Kölsch-Zentrale und für die anderen Wohnzimmer.
Publikum ist so bunt wie die Einrichtung
Während der Küchenzeiten geht’s zu wie im Bienenstock. Jeder Platz wird besetzt. Zur Not gibt’s das Pot-au-feu an der Theke. Das Publikum ist so bunt wie die Einrichtung: Geschäftsleute, die hier täglich zu Mittag essen, die ältere Nachbarin, die Schlag 18 Uhr jeden Abend am gleichen Tisch sitzt, Studenten, Familien. Unter der Woche gibt’s von 12 bis 14.15 Uhr Mittagstisch, ab 18 Uhr die Abendkarte.
Fragt man andere Gastronomen, wo sie privat gerne essen, kommt häufig die Antwort: „Alcazar. Die kochen solide.“ In der Kneipenszene ist „solide“ kurz vor Lobhudelei und bedeutet so viel wie kontinuierlich gut, keine Fertigprodukte, Seelenessen. Albert Müller schreibt Lieblinge wie Hühnerfrikassee, Kartoffelsuppe mit Mettwürstchen und Rindfleischsalat mit Bratkartoffeln auf die Karte. Die wechselt (zum Teil) täglich. Das Frikassee ist so gut, dass es sogar dem meiner Mutter Konkurrenz macht.
Das Alcazar, die Grande Dame unter den Kneipen, steht für gutes, ehrliches Essen und familiären Service. Und wenn man Glück hat, erzählt jemand eine Stadtgeschichte.
Blick auf die Speisekarte und Kontakt
Das hat Julia Floß probiert:
Hühnerfrikassee mit Kapern und Reis // 13 Euro
Rotbarschfilet mit Salzkartoffeln, Remoulade und Salat // 12,50 Euro
Rindfleischsalat mit Bratkartoffeln // 9 Euro
Pot-au-feu mit falschem Kalbsfilet und Meerrettich // 14 Euro
Entenkeulenconfit mit Backpflaumenjus, Rotkohl und Kartoffelpüree // 16 Euro
Kartoffelsuppe mit Mettwürstchen // 4,50 Euro (Vorspeisensuppe)
AdresseAlcazarBismarckstr. 39a,Tel.: 0221 515733
ÖffnungszeitenMo-Fr 12-1 Uhr, Sa 18-1 Uhr,So 17-0 Uhrwww.alcazar-koeln.de