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Kölner Spitzenkoch im Porträt„Ich hab sehr oft um mein Leben gefürchtet“

Lesezeit 6 Minuten
PreetFoto

Jaspreet Dhaliwal-Wilmes ist der Besitzer des Restaurants „Der 4. König”.

  1. In unserer neuen Serie stellen wir statt Restaurants interessante Köche in Köln vor.
  2. In dieser Folge geht es um Jaspreet „Preet“ Dhaliwal-Wilmes, dem Besitzer des Restaurants „Der 4. König".
  3. Gastrokritiker Carsten Henn spricht mit Dhaliwal-Wilmes über seine gefährliche Reise nach Deutschland und erfährt, wie er vom Elektrotechnik-Studenten zum Gastronom wurde.
  4. Außerdem verrät er ein Haus-Rezept für ein frühlingshaftes Gericht.

Ich kannte Jaspreet „Preet“ Dhaliwal-Wilmes schon einige Jahre, als mir zum ersten Mal sein schlichter, silberner Armreif auffiel. „Das hat mit meiner Religion zu tun. Ich bin ein Sikh und das ist ein Kara. Es soll mich daran erinnern, immer die Wahrheit zu sagen“, erklärte er mit seinem charmanten, indischen Akzent. Ich habe ihn noch niemals unfreundlich erlebt, immer ist er höflich und bescheiden. Man würde nicht vermuten, dass er eine dramatische Lebensgeschichte hinter sich hat.

Aber eigentlich ist es ein mehrfaches Wunder, dass er nun in Köln mit dem „4. König“ sein eigenes Restaurant hat.

Nachdem zwei Sikh-Leibgardisten Indiens Premierministerin Indira Gandhi 1984 erschossen hatten, beginnt die Verfolgung von Mitgliedern seiner Religion. Jaspreets Familie sammelt Geld, damit der damals 24-Jährige über Moskau nach Kanada ausreisen kann. Damals studiert er Elektrotechnik, schon als kleiner Junge hatte er aus Pappe und Motoren Autos gebastelt.

Aber in Moskau strandet er, denn der bezahlte Schleuser lässt sich nicht mehr blicken. Es folgt eine viereinhalbmonatige Odyssee durch Europa. „Zuerst in kleinen Lkw mit 50-60 Menschen, wir hatten kaum Sauerstoff. Dann zu Fuß durch den Wald, wir haben in Scheunen übernachtet, teilweise tagelang.

Russland, Litauen, Lettland, Polen und bei Dresden nachts den Fluss im Winter mit Kleidung durchschwommen, da waren wir nur noch zu viert. Ich hab sehr oft um mein Leben gefürchtet, wir wären fast verhungert.“ Das hat Jaspreet geprägt, der heute noch keine Lebensmittel wegschmeißen kann, alles wird verwertet, die Nachhaltigkeit liegt ihm im Blut. „Mir blutet das Herz, wenn volle Teller in die Küche zurückkommen.“

Seine Reise führt ihn schließlich ins Rheinland, wo er bei Köchen wie Klaus Jaquemod, Franz Hütter und Jean-Marie Dumaine sein Handwerk lernt. Die französische Klassik prägt ihn genauso wie die Wildkräuterküche Dumaines. Zusammen mit der indischen macht sie die einzigartige Küche des „4. Königs“ aus.

Geschmacksfragen

Was haben Sie als Kind am liebsten gegessen und wie blicken Sie heute auf dieses Lieblingsgericht?

Meine Familie in Indien sind Bauern, daher hatten wir immer viel Gemüse. Draußen im Garten gab es eine kleine Ecke, wo meine Mutter gekocht hat. Holzkohle, darauf einen Tontopf, morgens früh mit Mungobohnen, Wasser, Kurkuma, Garam Masala und Knoblauch aufgesetzt, dann ganz langsam gekocht bis abends. Wenn man von der Arbeit auf den Feldern nach Hause kam, waren die Mungobohnen unfassbar lecker.

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Wir haben zwar aus Schüsseln gegessen, aber der Tontopfgeschmack war drin. Zuhause machen wir das auch manchmal, der Tontopf gibt einen leicht sandigen Geschmack. Auch im Restaurant arbeite ich damit, wenn ich Linsen Dal koche. Aber letztes Mal ist der Topf kaputt gegangen, den muss ich neu besorgen aus Indien.

Was hat Sie bewogen, Koch zu werden?

In Indien habe ich meiner Mutter immer geholfen, Gewürze zu machen. Also selbst geerntet und sauber gemacht, getrocknet, das hab ich alles miterlebt und mitgemacht. Wir hatten einen riesengroßen Mörser, an dem zwei Leute stehen mussten und gemörsert haben, allein konnte man das nicht, der Holzstock war viel zu schwer. Wir hatten auch Büffel, die hab ich gemolken und meine Mutter hat die ganze Nacht über Butter gemacht. Ich auch, das hat mir Spaß gemacht.

Als ich in Köln ankam habe ich bei einem Verwandten gearbeitet, dem das „Da Luna“ in Ostheim gehörte, der war ein sehr guter italienischer Koch. Zuerst als Spüler, aber nach einem Monat konnte ich die komplette Karte kochen, obwohl ich kein Wort Deutsch sprach. Im „Vieux Sinzig“ hab ich dann ein Praktikum gemacht. Und danach hat Jean-Marie Dumaine gesagt: „Du bist ein Tiger, exakt und schnell und nie müde!“ Als Elektrotechniker hätte ich weitere Prüfungen ablegen und weiter studieren müssen, aber Kochen hat mir so viel Spaß gemacht! Ich war dann der beste Lehrling in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Welches Produkt finden Sie zurzeit besonders spannend?

Regionale Produkte, wie zum Beispiel Bärlauch. Da kann man viel mit machen, zum Beispiel ein Pesto mit Kürbiskernen, das ist unglaublich lecker. Oder Risotto, Quark, Suppe. Ich gehe den auch selbst sammeln, in Porz-Langel findet man den, aber bei mir im Garten gibt es ihn auch. Diesen Mittag hatten wir Spaghetti mit Bärlauch-Pesto.

Was ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten?

Die Leute wollen das alles schnell geht, mit fehlt der alte Kochstil. Ich liebe Schmorgerichte, die habe ich damals auch bei Jean-Marie Dumaine gelernt: Wildschweinkeule sieben Stunden über die Nacht gegart, oder Kalbsnacken, der lange gegart wurde.

Welches Gericht wollen Sie nie mehr kochen, essen, sehen?

Ich esse wenig Innereien, auch an rohe Muscheln oder Austern gehe ich nicht ran. Hummer habe ich manchmal auf der Karte, den koche ich auch gerne, aber habe ihn dann aber nicht selbst getötet – wegen meiner Religion. Auch rohes Fleisch esse ich nicht, das ist allgemein bei mir so. Aber wenn wir Wurst oder Frikadellen machen, dann probiere ich das natürlich ein bisschen.

Welches Gericht wollten Sie schon lange mal wieder kochen und warum?

Manchmal gehe ich an meine alten Rezept-Ordner, um zu überlegen, und denke dann: „Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht, das nehmen wir auf die Karte“. Jetzt steht zum Beispiel Rücken- und Crépinette (Netzwürstchen) vom Duroc mit Estragonsoße darauf. Das habe ich in meiner Ausbildung gelernt, allerdings nicht mit Duroc, sondern mit Wild. Aber Duroc hat mehr Fett, deshalb bleibt das Crepinette saftiger. Bei Wild hat man mehr Wildgeschmack, beim Duroc kommen dagegen meine Gewürze mehr raus. Ich mache alle meine Gewürzmischungen selbst.

Ihr Haus-Rezept für unsere Leser?

Ich gehe gerne nach draußen in die Natur und habe letztens zufällig bei mir im Garten Schaumkraut gefunden, das gibt es im Moment, viele halten es für Unkraut. Es schmeckt leicht senfig. Damit habe ich eines meiner Rezepte erweitert. Es ist ein schönes, sehr frühlingshaftes Gericht. Man kann draußen in der Sonne sitzen und den Avocado-Mango-Salat essen.

Der 4. König, Gottesweg 165, 50939 Köln, Tel.: 0221 4848 1288, Take Away: Vorbestellungen bis Donnerstagabend, Abholung Fr. und Sa. 16-19 Uhr. derviertekoenig.com

Rezept: Avocado-Mango-Salat mit Honig-Gewürz-Kruste und marinierten Garnelen

(Für 4 Personen)

Schaumkrautrezeptfoto credit Preet

Avocado-Mango-Salat mit Honig-Gewürz-Kruste und marinierten Garnelen.

Honig-Gewürz-Kruste

Zutaten2 Blätter Filoteig100 g Honig flüssig20 ml Zitronensaft20 ml OlivenölSesamPaprikapulverGetrocknete KräuterFleur de SelZubereitungFür die Kruste, den Filoteig quadratisch schneiden und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Honig mit Zitronensaft und Olivenöl verrühren und mit einem Pinsel auf die Teig-Quadrate streichen. Mit Sesam, Paprikapulver, getrockneten Kräutern und Fleur de Sel bestreuen. Im Backofen bei 150 °C ca. 10 min backen.

Avocado-Mango-Salat

Zutaten

1 Mango (unreif)2 Avocado2 EL Limettensaft4 EL OlivenölSalz / PfefferEspelette Paprika (alternativ einen grünen Chili, entkernt und fein geschnitten)2 EL gehackte Schaumkresse (alternativ Brunnenkresse, frischer Koriander oder Bärlauch)1 TL Ingwer (fein geschnitten)1 Frühlingszwiebel (in feine Ringegeschnitten)

Zubereitung

Avocado und Mango in 0,5 cm dicke Würfel schneiden. Die anderen Zutaten zum Würzen dazugeben. Falls vorhanden 1 TL Garam Masala, dann wird es noch indischer.

Marinierte Garnelen

Zutaten

400g Garnelen2 EL OlivenölCurryGetrockneter OreganoSalz / Pfeffer

Zubereitung

Die Garnelen mit Olivenöl, Curry, Oregano, Salz und Pfeffer marinieren, 30 min an einem kühlen Ort ziehen lassen. In einer heißen Pfanne ca. 2 min anbraten. Zum Anrichten ein Türmchen mit Avocado-Mango-Salat und Krusten bauen. Die Garnelen danebenlegen. Mit Schaumkresse dekorieren.