Peruanisch essen im Belgischen ViertelKreative und ambitionierte Küche im Tigermilch
Köln – „Mein Vater war noch nie am Machu Picchu.“ Chefin Anna schüttelt lachend den Kopf. Zusammen mit ihrem Bruder Fabian eröffnete sie im Dezember ihr modernes, peruanisches Restaurant. „Die Leute haben so ein bestimmtes Bild von Peru: Folklore, Inkas und Alpakahirten. Wir möchten die Vielfalt abbilden.“ Damit hat sich das halbperuanische Geschwisterpaar eine beträchtliche Aufgabe gesetzt. Peru hat drei Klimazonen: eine wüstenartige Küste, das Andenhochland und subtropische Regenwälder – mehr Biodiversität ist kaum möglich.
Wer bei der Landesküche ausschließlich an Ceviche, Meerschweinchen und Reis mit Bohnen denkt, muss von deutscher Küche Weißwürste und Brezeln erwarten. Das Land zählt allein über 4000 Kartoffelsorten. Die unfassbare Produktvielfalt wird von den verschiedenen Landesküchen ins Unzählbare multipliziert. Jede Einwanderungswelle hat auf der peruanische Speisekarte ihre Fußabdrücke hinterlassen. Nikkei ist beispielsweise die japanisch beeinflusste Küchenrichtung, Chifa die chinesische.
Vor knapp zehn Jahren begann in Peru die kulinarische Revolution mit Gastón Acurio. Er war derjenige, der erst seinen Landsleuten und anschließend dem Rest der foodinteressierten Welt, die Vielfalt und Schönheit der peruanischen Küche veranschaulichte. Die Nachfolgergeneration, allen voran Virgillio Martinez, kocht an der Weltspitze. Die Geschwister wollen diese Entwicklung nach Köln bringen.
Appetitliche Kunstwerke
Sowohl das Sharing-Konzept, als auch die Begeisterung liest man bereits auf der Karte. Gleich die erste Seite klärt anfängliche Produktfragen, der nette Service alle anderen. Die Teller sind liebevoll gestaltete, appetitliche Kunstwerke.
Vegetarierer haben in peruanischen Restaurants häufig die Wahl zwischen frittiertem Maniok und frittiertem Maniok. Die Tigermilch serviert wunderbare Gemüse-Alternativen: Ceviche aus Kräuterseitlingen und Süßkartoffeln, Quinoa-Zucchini-Kroketten, Causa mit Avocado und roter Bete. Küchenchef Philipp Alber schreibt kreativ und sehr ambitioniert, die Umsetzung ist noch ein bisschen unausgewogen. Dem Nikkei-Ceviche fehlt das Tigerstyle-Selbstbewusstsein.
Der Fisch auf beiden Tellern ist hervorragend, jedoch bekommt der eine ein verrückt gutes Feuerwerk aus Chili, Wassermelone und (ausgerechnet) Kiwi und der andere relativ neutralen Algensalat und dezent aromatisierte Sojasauce. Der gegrillte Oktopus ist köstlich und präzise gegart, die Rinderherzen ausbaufähig. Das ist Meckern auf hohem Niveau, zumal die Schwierigkeit der Produktbeschaffung eingerechnet werden muss. Das junge Team macht sehr viel richtig und meistert seine Mammutaufgabe. Gastón Acurio hat die peruanische Küche auch nicht an einem Wochenende revolutioniert.
Probiertes
Ceviche Nikkei // Adlerfisch, rote Zwiebel, Algensalat, Sesam, Ingwer-Maracuja-Sojasauce, Aji Rocoto // 13 EuroAnticuchos Classico // Rinderherzspieße, Kartoffel, Aji Panca, Salsa de Rocoto, Huancaina // 7 EuroPulpo a la Plancha // gegrillter Oktopus, Parmesanpolenta, Paprika-Safran-Creme, Oliventapenade // 12,50 EuroCroquetas de Quinoa // Quinoa-Zucchini-Kroketten mit drei hausgemachten Saucen // 4,50 Euro
TigermilchBrüsseler Str. 120221/75985821Öffnungszeiten: Di-So 18-23 Uhr
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