Gastrokritik „NeoBiota“ auf Kölner EhrenstraßeDas Frühstück ist der absolute Hammer
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Das Restaurant auf der Ehrenstraße interpretiert Frühstücksklassiker neu und deutscht internationale Gerichte kreativ ein. Eine Lobhudelei unseres Restaurantkritikers Carsten Henn.
Es ist schon ein kantiger Name, dieses „NeoBiota“. Laut Wikipedia steht es für „Arten, die sich in einem Gebiet etabliert haben, in dem sie zuvor nicht heimisch waren.“ In der Ehrenstraße steht es seit Kurzem für ein Restaurant, das morgens Frühstück (dann nennt es sich „Neo“) und abends Fine Dining bietet („Biota“). Erfreulicherweise sind Name und Konzept kantiger als das Essen.
Das Frühstück ist, und ich wähle meine Worte mit Bedacht, der absolute Hammer. „Brunch ist tot“ überschreibt man die Karte und erfindet dann rund zehn Frühstücksklassiker aus aller Welt neu. Das Restaurantteam besteht aus Sonja Baumann und Erik Scheffler, die zuvor im mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Gut Lärchenhof in Pulheim die Küche leiteten.
Wo soll ich beginnen mit der Lobhudelei? Die Pancakes! Es sind japanische, sie sind enorm hoch, enorm fluffig und unfassbar köstlich. Kein Wunder, dass Sonja Baumann als Pancake-Queen gefeiert wird. Allerdings könnte sie auch für ihre Zimtschnecken adlig gesprochen werden. Zubereitet mit Zimt und Kardamom, noch heiß serviert, begleitet von ungesüßter Sahne mit Kaffeegeschmack sind sie ein Gericht puren Glücks. Wenn sich beim „Aal Benedict“ das pochierte Ei über den Aal in vielerlei Formen ergießt und mit krossem Röstbrot und Spinat eine Einheit eingeht, möchte man auch den oftmals verpönten Fisch einen Adelstitel zusprechen.
Auch das Biota ist unkonventionell, Gyros ist hier fleischlos, Griebenschmalz ohne Grieben, der Zander wird von Fichtensprossen gepimpt, die Kartoffel erhält durch Johannisbeeren einen Frischekick. Grundsätzlich soll internationale Küche eingedeutscht werden. Eine kulinarische Herausforderung, die mal mehr, mal weniger gelingt.
Erfahrene Gourmets werden sich über die selbstbewusste Kalkulation wundern, sie startet bei 75 Euro für vier Gänge, obwohl nahezu keine Edel-Zutaten verwendet werden – man bezahlt für die Kreativität. Essenstechnisch sollte man ein Freund von Löffeln sein, denn fast jeder Gang lässt sich damit verspeisen.
Die Weinkarte ist recht klein und es mangelt an Jahrgangstiefe, dafür ist die nichtalkoholische Menübegleitung herausragend. Schade dagegen: Welche Gänge man bei Vier-, Sechs- und Acht-Gang Menü isst, wird exakt vorgegeben, jeder Wechsel kostet extra. Und wer das Getränkepaket bucht, muss für Kaffeespezialitäten außer Espresso und Filterkaffee (beeindruckend mit Unterdruck am Tisch erzeugt) etwas drauflegen. Da geht noch was in Sachen Flexibilität. Das enorm sympathische Team Baumann & Scheffler hat ein gutes Ohr für seine Gäste.
Fazit: Begeisterndes Frühstück und sehr eigenständiges Fine Dining, das Internationales kreativ eindeutscht.