Von Elefanten und Kamelen, festgefahrenen Festwagen und Frauen im Zoch – ein Blick auf die lange Geschichte des Rosenmontagszugs.
Höhepunkt des StraßenkarnevalsD'r Zoch kütt – Angeberwissen für den Rosenmontagszug

Jecken auf einer Tribüne und kostümierte Narren beim Rosenmontagszug 2023.
Copyright: IMAGO/Panama Pictures
Ab 10 Uhr zieht heute der Rosenmontagszug durch Köln – zur Feier des Tages und zur Einstimmung auf den Höhepunkt des Straßenkarnevals haben wir in Archiven und Gedächtnissen gekramt und Angeberwissen zum Rosenmontag zusammengetragen.
Der erste Masken-Zug Kölns
1823 zog der erste Masken-Zug mit dem „Held Carneval“ durch Köln – erwähnt wird eine Jungfrau, die auf einem Schimmel mitritt. 1825 sind Bauer und Jungfrau erstmals sicher im Zug vertreten, ab 1883 treten beide mit dem Prinzen als Einheit auf. Seit 1937 werden sie als Dreigestirn bezeichnet.
Als zwei Züge durch Köln zogen
1844 und 1845 gab es sogar zwei konkurrierende Züge. Die Gesellschaften, die den Maskenzug organisierten, waren derart zerstritten, dass sie sich nicht auf eine gemeinsame Strecke einigen konnten.
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Als die Züge aus der Reihe tanzten

Mitglieder der KG Treuer Husar Blau-Gelb von 1925 e.V. Köln nehmen auf pedalgetriebenen Gestellen mit einem Pferdekopf an Rosenmontagszug teil. Aufgrund der Gefahr von Sturmböen dürfen keine Pferde am Zug teilnehmen.
Copyright: Uwe Weiser
1890 lief der Zug ohne Musik, weil Kaiserin Augusta am 7. Januar gestorben war. 2016 und 2019 wurden nach Sturmwarnungen die Schilderträger, große Pappfiguren und die Pferde aus dem Zug genommen. Einige Gesellschaften wie die Prinzengarde und die Ehrengarde „ritten“ stattdessen auf Steckenpferden.
Exotische Tiere im Zoch
Papageien, Affen, Esel – immer wieder gab es auch exotischere Tiere im Zoch. Schon 1858 waren, heißt es, Elefanten dabei. Eine von Ulrich Soénius veröffentlichte Aufnahme von 1937 zeigt ebenfalls einen Elefanten. „Das Foto zeigt einen Elefanten mit einem Reiter in Tropenuniform beim Rosenmontagszug 1937 in der Ehrenstraße“, so der Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs. Das Motto damals: „Märchen und Sagen aus aller Welt.“

Das Bild vom Umzug 1937 in der Ehrenstraße stammt aus dem Nachlass des Schneiders Alfons Wunsch.
Copyright: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv
Der Schnappschuss stammt aus dem Nachlass des Schneiders Alfons Wunsch. Das Archiv fand zunächst auch mithilfe anderer Fotos heraus, dass die Karnevalisten an der Metzgerei Schieffer an der Ehrenstraße 69 und an der Kaffeerösterei Zuntz im Haus daneben vorbeiliefen. „Die Nachbarschaft bestand laut Adressbuch nur 1936 bis 1938“, so Ulrich Soénius: „Also musste das Foto in der Zeit entstanden sein.“ Nach Rücksprache mit Matthias Schumacher vom Karnevalsmuseum seien 1937 vier Elefanten im Zug dabei gewesen: „Also wird es das Jahr gewesen sein“, schlussfolgert der Historiker.
Ebenfalls mit einem exotischen Tier im Zoch unterwegs war Büttenredner Karl Küpper. Dieser ließ sich von Nationalsozialisten nicht auf Linie bringen und erhielt ein Redeverbot auf Lebenszeit. Doch Küpper war populär, hochbezahlt und auch im Rosenmontagszug umjubelt. Fotos zeigen ihn in den 1930er Jahren auf einem Kamel durch die Menge reitend.
Im von den Roten Funken organisierten Kinderzug 1948 ritt der Funk Peter Linden auf dem Rücken eines Elefanten, den der Circus Williams zur Verfügung gestellt hatte. Die britischen Besatzer erlaubten zwar keinen großen Zug, die Roten Funken zogen anlässlich ihres 125-jährigen Bestehens dennoch unter großer Anteilnahme über die Ringe. Bei der „Erweiterten Kappenfahrt“ 1949 war der spätere Zugleiter Peter Schumacher auf dem Elefanten „Märry“ eine Attraktion. Das Tier stammte ebenfalls aus dem Circus Williams. Ebenso wie acht Pferde, ein Pony und zwei Löwen (in Käfigen).
Pferde im Zoch

Reiter der Prinzengarde auf der Severinstraße (Archivbild)
Copyright: Herbert Bucco
Proteste gegen den Einsatz von Pferden gab es schon Anfang der 1950er Jahre – doch auch dagegen, Pferde durch Traktoren zu ersetzen, regte sich Widerstand. Es hieß: Pferdegespanne seien traditionsreich, romantisch, unverzichtbar. 1951 wird vor einen Prunkwagen erstmals ein Traktor gespannt. 1952 sind es bereits die Hälfte der Wagen, ab 1954 werden alle Festwagen von Traktoren gezogen.
Frauen erst seit 1979 erlaubt
Bis in die 70er Jahren waren Frauen im Zug nicht gern gesehen, vor allem nicht auf den Festwagen. Noch 1970 sagte Festkomitee-Präsident Ferdi Leisten, das Mitfahren von Frauen sei wegen der herumfliegenden Wurfgeschosse nicht ungefährlich. Zudem fehle es den Damen auch an Trinkfestigkeit. Es gab Ausnahmen: Musikerinnen in den Kapellen, Tanzmariechen, Tänzerinnen in den Tanzgruppen und prominente Frauen. So fuhr 1950 beispielsweise die Schauspielerin Magda Schneider als Gast auf dem 4711-Wagen mit. Im selben Zug war die Künstlerin Grete Fluss als Stadtgründerin Agrippina/Mutter Colonia zu sehen.
Auch zuvor hatte es schon couragierte Frauen gegeben, die sich nicht aufhalten ließen: So ritt 1939 Liesel Bertram an der Seite ihres Mannes Paul, Korpskommandant des Reiterkorps Jan von Werth, als „Wallensteinerin“ im Rosenmontagszug mit. Seit 1979 dürfen Frauen offiziell im Rosenmontag mitgehen. 1990 gab es erstmals auch im Festkomitee-Vorstand weibliche Mitglieder.
Biblischer Kalender macht die Regeln
Wann Rosenmontag gefeiert wird, ist abhängig vom Osterfest. Das Datum liegt zwei Tage vor Aschermittwoch und 48 Tage vor Ostersonntag. Der früheste Termin für Rosenmontag ist der 2. Februar – zuletzt war das 1818 der Fall, also noch vor der Etablierung des organisierten Karnevals. 1845 und 1913 zog der Rosenmontagszug dann am 3. Februar durch die Stadt. Der spätestmögliche Termin für Rosenmontag ist der 8. März – an diesem Datum zog der Zoch zuletzt 1943 durch die Straßen Kölns. Je nachdem, auf welchen Termin der Rosenmontag fällt, kann es leicht dunkel werden, bis der allerletzte Zugteilnehmer das Ziel erreicht hat.
Der winzigste Zug aller Zeiten

Einen Zoch en miniature – den gab es 2022 wegen der Pandemie.
Copyright: stefan worring
Weil im Corona-Lockdown öffentliche Veranstaltungen nicht möglich waren, organisierte das Festkomitee 2022 mit dem Hänneschen-Theater und dem WDR einen Zug im Miniaturformat. Der Zugweg war 32, der Zug selbst 70 Meter lang. Es gab 13 Prunk- und 16 Persiflagewagen, gebaut nach den Originalentwürfen im Maßstab 1:3. Dabei waren 177 Zugteilnehmer –Puppen aus dem Theater – und fünf Pferde. Statt 300 Tonnen Süßigkeiten reichten drei Tüten mit Kamelle, Weingummi und Schokotäfelchen und ein paar handverlesene Strüßjer.
Der längste Zug aller Zeiten

2023 war der Zug besonders lang, dadurch dauerte alles länger als sonst. Es gab aber auch diverse Pannen, was dafür sorgte, dass der Zug die Severinstorburg erst im Dunkeln erreichte
Copyright: Michael Bause
Der Rosenmontagszug 2023, mit dem der 200. Geburtstag des organisierten Kölner Karnevals gefeiert wurde, war bislang auch der längste in der Geschichte: Auf 8,7 Kilometern zogen 12.000 Teilnehmer in 78 Gruppen, von denen etwa 1600 auf den 24 Persiflagewagen und 80 Festwagen mitfuhren. Die große Mehrheit ging zu Fuß, darunter 1700 Tanzgruppenmitglieder und 1260 Musiker in 65 Kapellen. 3840 Helfer wie Kamellejunge waren im Einsatz. In Richtung der 81 Tribünen und 68 Lkw-Tribünen wurden rund 300 Tonnen Süßigkeiten geworfen, darunter 700.000 Schokoladentafeln, 220.000 Schachteln Pralinen und 300.000 Strüßjer. Übrigens: Aus Anlass des Jubiläums drehte der damalige Zugleiter Holger Kirsch die Laufrichtung des Zugweges um: Los ging es am Deutzer Bahnhof auf der Schäl Sick. Über die Deutzer Freiheit ging es dann auf die Deutzer Brücke Richtung Altstadt.
Der Zoch 2023 war nicht nur besonders lang, sondern fraß wegen diverser Pannen auch extraviel Zeit. Eine Auswahl: Der Zoch musste auf Höhe des Maritim-Hotels kurz stoppen, weil ein falsch geparkter Lkw die Strecke blockierte. An der Ecke Neuhöffer Straße/Deutzer Freiheit staute es sich wegen Zuschauern, die immer wieder auf den Zugweg drängten. Der Wagen des Corps à la Suite der Prinzengarde hatte ein technisches Problem und konnte nicht rechtzeitig in Deutz starten. Nach Ende des Zuges hatte sich ein Wagen des Reiterkorps Jan von Werth festgefahren.
Die höchsten Wagen
In den ersten 100 Jahren ab 1823 wurden die Wagen immer größer und prächtiger – und höher, teils bis zu 13 Meter hoch. Damit war 1928 Schluss. Ab da durften die Festwagen nicht mehr höher als 4,80 Meter sein. Mit dem Aufkommen der „Elektrischen“ überspannten Straßenbahndrähte weite Teile der Innenstadt.
Der größte Nicht-Rosenmontagszug aller Zeiten

Statt Rosenmontagszug gab es 2022 eine große Demonstration gegen den russischen Angriff der Ukraine (Archivfoto).
Copyright: Uwe Weiser
Am Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 entschieden die Kölner Karnevalisten, eine Friedenskundgebung mit Demonstrationszug zu veranstalten. Diese sollte den Rosenmontagszug, der wegen der Corona-Pandemie durch das Stadion des 1. FC Köln hätte führen sollen, ersetzen. Und es wurde der größte Nicht-Rosenmontagszug aller Zeiten: Polizei und das Festkomitee Kölner Karneval gaben die Teilnehmerzahl mit über 250.000 an. Der damalige Zugleiter Holger Kirsch sagte, die Kölner Demo werde von der gesamten Stadtgesellschaft mitgetragen. Allen gehe es darum, ein Zeichen zu setzen: „Ein Zeichen für die Solidarität der Menschen in der Ukraine und ein Zeichen gegen Krieg in Europa.“
Zoch-Querulanten

Lukas Podolski (1. FC Köln) war 2011 Teil des Zochs.
Copyright: imago sportfotodienst
Lukas Podolski, 2011 Spieler des 1. FC Köln, sollte als Gast der Roten Funken mitfahren, konnte jedoch erst später zusteigen – als der Zug schon lief. Das ist aus Sicherheitsgründen verboten, weswegen ihn die Zugleitung wenig später auch wieder von dem Wagen holen lassen wollte. Kurios, denn Absteigen ist natürlich auch verboten. Zudem hatte die Zugleitung die Rechnung ohne die Roten Funken gemacht. Sie verhinderten den Platzverweis von Poldi mit den Worten: „Wir machen schon seit 188 Jahren Unfug und sind der Meinung, Karneval bedeutet Widerstand gegen Orbrigkeiten. Wenn es darauf ankommt, sind wir 1000 Mann stark.“ Poldi durfte weiterfahren. Heute ist der Ex-FC-Star übrigens wieder dabei. Wer ihn sehen möchte: Er fährt auf Wagen 20 bei den Roten Funken mit.
Als der Zoch in Köln ausfiel
D'r Zoch kütt net: Der Kölner Rosenmontagszug musste diverse Male abgesagt oder verschoben werden: 1830 aus Protest gegen die Zensur durch die Preußen, 1861, weil König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen am 2. Januar gestorben war, 1868, weil es zu stark regnete, 1931 und 32 wegen der Weltwirtschaftskrise, natürlich während der Weltkriege. 1991 gab es wegen des Golfkrieges keinen Rosenmontagszug, 2021 fiel er wegen Corona aus, 2022 gab es den klassischen Zoch nicht wegen des Einmarschs Russlands in die Ukraine.
Der erste Fernsehauftritt des Rosenmontagszugs
Den ersten TV-Bericht vom Kölner Rosenmontagszug gab es 1953, der damit deutschlandweit auf den allerdings noch nicht sehr weit verbreiteten TV-Geräten zu sehen war. 1958 wurde der Rosenmontagszug erstmals in voller Länge im TV übertragen – im Jahr zuvor hatte es immerhin schon Berichterstattung mit sechs Kamerapositionen gegeben.
Die Einkaufsliste der Wagenbauer
Der Materialaufwand für die Fertigung der kreativen Zugwagen ist Jahr für Jahr gigantischer. Für den Bau der Wagen und der Großfiguren werden in diesem Jahr rund 4000 Meter Dachlatten verarbeitet, außerdem 16.000 Meter Bindedraht und 2000 Quadratmeter Maschendraht. Auf der Einkaufsliste der Wagenbauer stehen außerdem 300 Quadratmeter Hartfaser-, Span- und Tischlerplatten, 2000 Kilo Nägel, Schrauben und sonstige Kleinteile sowie 2000 Kilo Farbe und 350 Kilogramm Papier.
Paradies für Zucker-Liebhaber
Zucker-Freunde kommen Rosenmontag in Köln so richtig auf ihre Kosten: Es werden etwa 300 Tonnen Süßigkeiten in die Menge geworfen, genauer: 700.000 Schokoladentafeln und 220.000 Schachteln Pralinen. Außerdem werden etwa 300.000 Strüßjer, Tausende Stoffpuppen und kleine Präsente den Jecken am Zugweg zugeworfen.