Restaurant „1875“Brühler Kaiserbahnhof überzeugt mit Bistro-Küche
Brühl – Ein Restaurant, an dem nur wenige Meter entfernt Züge vorbeidonnern? Wo man trotzdem herrlich auf der Sonnenterrasse sitzt (und genauso herrlich drinnen) und sich nach einiger Zeit kaum noch daran stört?
Das gibt es in Brühl, genauer im „1875“ des denkmalgeschützten Kaiserbahnhofs, zu dem auch ein Biergarten gehört. Benannt ist es nach dem Baujahr des im Renaissance Stil errichteten Bahnhofs und dieser selbst nach Kaiser Wilhelm I. Für kulinarisch Interessierte wichtiger ist allerdings, dass Rudolf Thewes hier am Herd steht, der sich im Schloss Loersfeld einst einen Stern erkochte.
Als er in Brühl startete schien es, als könne er das Kunststück mit einer ambitionierten Küche wiederholen – von der hat man sich seitdem aber verabschiedet. Das muss kein Grund zur Trauer sein. Caesar Salad, Wiener Schnitzel, Roastbeef, Rheinische Kartoffelsuppe oder Matjes nach Hausfrauenart mögen Allerweltsgerichte sein, aber so ordentlich zubereitet wie hier findet man sie nicht oft genug.
Besonders stolz scheint man auf die Steaks vom Black Angus aus Argentinien zu sein, die im Southbend-Ofen bis auf 860 Grad erhitzt werden. Sie überzeugen tatsächlich.
Spannender ist es aber, wenn Thewes eine pfiffige Bistroküche angeht. Die sehr cremige Erbsensuppe kombiniert er mit herrlich röstigem Lamm (sowie einem geschmacklich belanglosen Pfifferlingsflan); den subtil gebeizten Saibling mit Kohlrabi und gegrillter Wassermelone (nur der Quinoasalat erscheint als unnötig-modernistische Spielerei).
Wie vielen klassischen Küchenchefs bleibt auch Thewes das Vegetarische fremd, so dass die Ricotta-Spinat-Ravioli mit Gemüse nicht zu einer schlotzigen Einheit werden. Souverän gelingen Thewes dagegen Medaillons vom Eifler Landschwein mit Rahmsauce, Spitzkohl, Pfifferlingen und Spätzle – eine große Portion, fair bepreist.
Auch die andernorts so häufig nachlässig gestalteten Desserts sind überzeugend. Egal ob lauwarmer Mandelkuchen den Apfelconfit (mit Säure) und Frozen Yoghurt perfekt begleitet und erweitert, oder die „Beerenzeit“ im Glas, die herrlich fruchtig daherkommt, und bei der die gebrannte Mandel für Crunch sorgt.
Die Weinkarte bietet etliches Schönes um die 30 Euro, und der Service agiert freundlich und souverän. Bei allem Verständnis für das Problem nicht wahrgenommener Reservierungen: Die No-Show-Regelungen sind zu drakonisch. Nur zwei Wochen vorher kann man kostenfrei stornieren, danach kostet es kontinuierlich mehr. Bis zum vollen Preis.
Henns Empfehlungen und Service
- Rib-Eye-Steak (250 g) mit mariniertem Spitzkohlsalat, Rosmarinkartoffeln und Sauerrahm // 23,50 Euro
- Ricotta-Spinat-Ravioli mit jungem Lauch und Blattspinat // 16,50 Euro
- Gebeizter Saibling, Kohlrabi, gegrillte Wassermelone, Quinoasalat // 16 Euro
- Medaillons vom Eifler Landschwein, Rahmsauce, Spitzkohl, Pfifferlinge, Spätzle // 17 Euro
- Beerenzeit – Himbeerespuma, Erdbeereis, gebrannte Mandeln // 7,50 Euro
Kierberger Straße 158, 50321 Brühl, ☎ 02232/ 25581, Di-Sa 18-22.30 Uhr, So 10-14.30 Uhr (Brunch und Mittagstisch), 18-22.30 Uhr
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