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Henns GeschmacksacheIm Edelrestaurant „Herr Stollenwerk“ ist noch Luft nach oben

Lesezeit 3 Minuten
Ramazan Palanli und Bernd Stollenwerk leiten das Restaurant „Herr Stollenwerk“ in Ehrenfeld.

Ramazan Palanli und Bernd Stollenwerk leiten das Restaurant „Herr Stollenwerk“ in Ehrenfeld.

Bernd Stollenwerk kochte in mehreren Edelrestaurants Nordrhein-Westfalens. In seinem Restaurant „Herr Stollenwerk“ ist trotzdem noch Luft nach oben, findet Carsten Henn.

Der Platz reicht nicht aus, um Bernd Stollenwerks bisherige Stationen alle aufzuzählen. Ein paar müssen aber sein: Ambiance am Dom, Nada, Victorian (Düsseldorf), Casino Zollverein (Essen) und natürlich das Gut Lärchenhof (Pulheim). Zuletzt schwang der einst besternte Küchennomade im „Gasthaus Stollenwerk“ – später unter „Das Veedel“ firmierend – den Löffel.

Nun also das „Herr Stollenwerk“ im ehemaligen „Carls“. Dass er seine neueste Station so selbstbewusst benennt, ist natürlich eine Aussage. Präsentiert hier jemand sein umfangreiches kulinarisches Lebenswerk?

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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„Alle Gerichte in unserer Speisekarte zitieren deutsch mediterrane Küche mit französischen Nuancen unter dem Einfluss von Modernität und Tradition“, beschreibt man selbst den Stil, was natürlich eine ziemliche PR-Sauce ohne eindeutigen Geschmack ist.

Eingang zum Restaurant „Herr Stollenwerk“ in Ehrenfeld.

Das Restaurant „Herr Stollenwerk“ in Ehrenfeld.

An der Tür des Eckrestaurants steht dann aber prägnant „Cuisine française“. Dass der „Michelin 2019“-Aufkleber daneben prangt, ist bei einem erst 2024 eröffneten Restaurant natürlich Quatsch, auch wenn Stollenwerk solch ein Niveau locker hinbekommt – falls er will.

Stollenwerk beweist seine Kompetenz beim Abschmecken

Es gibt zwei Speisekarten – eine für das Restaurant, eine für die Brasserie, die aber in den gleichen Räumlichkeiten, mit gleichem Personal und gleicher Getränkekarte untergebracht ist. Sie unterscheiden sich im Ansatz wenig, auch preislich, sodass es konzeptionell kaum Sinn ergibt. Sie lassen sich auch kombinieren, wodurch man mit über zwanzig Speisen eine heute fast schon ungewöhnlich große Auswahl erhält. Von Wiener Schnitzel über Doradenfilet mit Oktopus-Bolognese bis zu Blutwurst-Ravioli mit Rahmsauerkraut und Trüffel-Jus wird vieles geboten.

Los geht es mit einer Kürbis-Kokossuppe, ausgesprochen cremig, allerdings dominiert die Palmenfrucht zu sehr, da helfen auch Kürbiskerne und Kürbiskernöl wenig.

Gebratene Garnelen und Garnelenkroketten mit Kürbischutney und Kürbiskernmayo

Gebratene Garnelen und Garnelenkroketten mit Kürbischutney und Kürbiskernmayo

Mit Kürbis – in Form von Chutney und Mayo – geht es weiter. Es gibt ihn zu Garnelen, die einen Hauch zu lang gebratenen wurden, und knusprigen Garnelenkroketten. Eine schöne Kombi, gekonnt abgeschmeckt, das geht schon Richtung Fine Dining. Bei den geschmorten Ochsenbäckchen beweist Stollenwerk, wie süffig er Saucen abschmecken kann, zusammen mit Lauchpüree, Rotweinschalotten und Champignons ergibt sich ein schlotziges Ganzes. Allerdings ist das Fleisch zu fest und der Teller kalt, was das Vergnügen trübt. Auch bei den Steinpilz-Ravioli mit Trüffel-Butter und Spinat beweist Stollenwerk seine Kompetenz beim Abschmecken, allerdings hätte die Pasta mehr Biss vertragen.

Geschmorte Ochsenbäckchen mit Lauchpüree, Rotweinschalotten und Champignons

Geschmorte Ochsenbäckchen mit Lauchpüree, Rotweinschalotten und Champignons

In Stollenwerks neuem Restaurant scheint Luft nach oben

Halbflüssige Schokoladentörtchen, auch als Lavakuchen bekannt, sind mittlerweile Standard auf vielen Speisekarten. Stollenwerk kombiniert sie klug mit Nougatparfait und Feigen – das Törtchen gerät aber nicht halbflüssig, sondern fest. Crêpe Suzette ist ein anderer Klassiker, der hier auf der Karte steht, dazu gibt es Vanilleparfait. Natürlich nicht am Tisch zubereitet, aber handwerklich solide.

Das Schokoladentörtchen halbflüssig mit Nougatparfait und Feigen

Das Schokoladentörtchen halbflüssig mit Nougatparfait und Feigen

Bernd Stollenwerk hat oft genug bewiesen, wie gut er am Herd ist, in seinem neuesten Restaurant scheint aber noch ein wenig Luft nach oben zu sein. Viele Plätze hat es im Inneren, dazu noch eine Außenterrasse. Eine kleine Weinkarte gibt es, die für Connaisseurs allerdings wenig bietet, sowie eine große Anzahl Cocktails. Was man ändern sollte: die unpassende und laute Musik.

Fazit: Große Auswahl an Speisen in schönem Gründerzeithaus von einem Routinier der Kölner Spitzenküche.

Bewertung: 3 von 6

Herr Stollenwerk, Eichendorffstraße 25, 50823 Köln. Mi-Do 17–0 Uhr, Fr–Sa 17–1 Uhr, So 17–0 Uhr, Tel. 0221-506019 49www.herr-stollenwerk.de

Henns Auswahl:

  1. Kürbis-Kokossuppe / Kürbiskernöl 9 Euro
  2. Gebratene Garnelen / Garnelenkroketten / Kürbischutney / Kürbiskernmayo 18,50 Euro
  3. Geschmorte Ochsenbäckchen / Lauchpüree / Rotweinschalotten / Champignons 33,50 Euro
  4. Steinpilz-Ravioli / Trüffel-Butter / Spinat 15 Euro
  5. Crêpe Suzette / Vanille-Parfait 12,50 Euro
  6. Schokoladentörtchen halbflüssig / Nougatparfait / Feigen 12,50 Euro
  7. Menu Surprise 52,50 Euro (3 Gänge), 59 Euro (4 Gänge)