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„Heulend nach Hause gegangen“Kölner Sternekoch Daniel Gottschlich spricht über Stress und „alte Schule“

Lesezeit 3 Minuten
Daniel Gottschlich

Sternekoch Daniel Gottschlich (40), Betreiber der Kölner Restaurants „Ox & Klee“ und „Pvls“

Nach dem Metoo-Skandal um Starkoch Christian Jürgens haben wir Kölner Spitzengastronomen gefragt: Ist das normal? Hier erzählt Sternekoch Daniel Gottschlich („Ox & Klee“, Pvls“).

„Man nennt es ja alte Schule, dass man früher in der Küche fertig gemacht wurde. In manchen Küchen existiert dieses Glaubenssystem auch heute noch. Aber so sollte man generell nicht mit Menschen umgehen – egal, ob im beruflichen oder privaten Kontext. Trotzdem üben in vielen Branchen bestimmte Personen in Führungspositionen eine Art Tyrannei aus.

Je höher das Level, desto höher der Druck. Desto mehr hängt dran und desto mehr Emotion ist drin. Aber wer will mit herumschreienden Leuten arbeiten, wie das früher üblich war? Es ist wichtig, dass das endlich nicht mehr geduldet wird. Wenn du so ein kleines Ego hast, dass du andere runtermachen musst, hast du in einer Führungsposition nichts verloren.

Wenn man als Chef ein Arschloch zu den Mitarbeitern ist, sind sie es auch

Meiner Meinung nach gibt es heute noch zehn Prozent alte Schule, und ich glaube, dass es das nicht mehr lange geben wird. Wenn du dein Personal sehr eng hältst, ist der Stressfaktor größer und es entstehen Fehler. Ich respektiere meine Leute sehr und das sollen sie auch untereinander machen. Wenn man als Chef ein Arschloch zu den Mitarbeitern ist, dann sind sie es im Team auch.

Bei mir gilt: Miteinander, statt von oben herab. Mir ist wichtig, dass die Köche eigenverantwortlich und kreativ arbeiten können. Wenn du immer nur runtergebuttert wirst und nur machst, was der Chef will, entwickelt sich nichts. Ich will etwas erschaffen, wo alle zusammen für eine Sache kämpfen. Ich will die Leute mitreißen, statt unter Druck zu setzen.

Ich habe mein Restaurant mit 27 eröffnet, da war ich noch grün hinter den Ohren. Ich habe auch Fehler gemacht. Da gibt es dann einen Stressmoment und ungewollt wird harsch geredet, auch unter der Gürtellinie. Das geht nicht. Am Ende wird wieder miteinander gequatscht und man ist wieder cool miteinander. Meine Lehre 2000 war anders, da gab es viel Druck, Sticheleien, ständig irgendwelche Spitznamen vom Chef oder Sous-Chefs machen dich fertig. Ich bin mehrfach heulend nach Hause gegangen und habe mir gesagt: Morgen gehe ich nicht mehr zur Arbeit. Aber am nächsten Tag bin ich wieder hin und alles war plötzlich wieder normal. Total paradox und schizophren.

Frauen sind das Beste, was einem Restaurant passieren kann

Meiner Meinung nach sind Frauen das Beste, was einem Restaurant passieren kann, weil sie eine andere Art haben und nicht so proletenhaft sind. Nie würde ich eine Truppe nur aus Männern haben, das ist wie eine Junggesellentruppe in der Küche. Mit Frauen hast du einen ganz anderen Respekt untereinander.“ (Aufgezeichnet von Carsten Henn)

Ox & Klee, Im Zollhafen 18, 50678 Köln, Telefon: 0221 16956603 | www.oxundklee.de | Pvls, Bürgerstraße 2, 50667 Köln, Telefon: 0221 22288700 | www.pulsrestobar.com