Die „Frohnatur“ möchte zugänglich sein, nicht nur für Food-affine Besserverdiener. Ob das gelingt, hat Gastrokritikerin Julia Floß getestet.
Schmeckt’s, Frau Floß?Das neue „Frohnatur Bistro“ am Kölner Friesenwall ist wild und eigensinnig
„Dann machen wir es eben selber.“ So in etwa lautet das Motto von Pauline Ipfelkofer, Johannes Ipfelkofer und Armin Hagenhenrich. Die drei Freunde halten sich erst gar nicht mit kulinarischem Pessimismus auf. Sie fackeln nicht lange und setzen ihre ambitionierten Ideen in die Tat um. Der erste Clou gelang ihnen im vergangenen Jahr in Ehrenfeld. Sie verwandelten in kürzester Zeit eine alte, latent angeranzte Kölschkneipe in ein junges, modernes Restaurant. Wobei diese Definition auch immer zwischen abgedroschen und subjektiv tänzelt.
Was macht das Team „Frohnatur“ so außergewöhnlich?
Was macht das Team „Frohnatur“ denn so außergewöhnlich? Alle drei begeistern sich natürlich für Wein und gutes Essen, das ist das offensichtliche Fundament. Außerdem gibt es einen gewissen Hang zu größeren Renovierungsarbeiten und Besuchen beim Wertstoffhof.
Die dritte Komponente ist der drängende Wunsch nach Niederschwelligkeit. Die „Frohnatur“ möchte zugänglich sein, nicht nur für Food-affine Besserverdiener, sondern für alle, die sich für Wein und gutes Essen interessieren. Ein Vorsatz, den sie mit vielen Kölner Gastronominnen und Gastronomen teilen und der manchmal ähnlich kompliziert scheint, wie die Quadratur des Kreises.
Wie begeistert man junge Leute für Naturwein, die Produktqualität von Lebensmitteln und schafft sowohl Verständnis als auch die Bereitschaft für die entsprechenden Preise? Pauline, Johannes und Armin haben darauf eine simple Antwort: Sie erschaffen „einfach“ die gastronomischen Orte, die sie selber gerne besuchen würden.
Wenige Monate nach der Eröffnung des Restaurants in Ehrenfeld begannen auch schon die Sanierungsarbeiten am Friesenwall. Die „BarBarBar“ eröffnete im November 2023. Kaum war die Baustelle abgeschlossen, räumte man auch schon den Schutt aus dem Nachbarlokal. Aus den zwei Rotlicht-Spelunken „Bar Minouch“ und „Blauer Engel“ wurden in kürzester Zeit die „Frohnatur Bar“ und das „Frohnatur Bistro“. Letzteres eröffnete im Mai 2024 und gehört jetzt schon zu meinen gastronomischen Favoriten.
Kein Performance-Druck, keine Reservierungen
Im „Frohnatur Bistro“ kann man sich ausführlich über Naturwein beraten lassen oder einfach Aperol Spritz in der Sonne trinken. Man kann sich einen Käseteller teilen oder die komplette Karte rauf und wieder runter bestellen. Es gibt keinen Performance-Druck und keine Reservierungen.
Die bewusste Niederschwelligkeit funktioniert. „Die Austern sind bei uns der Renner. Wir erleben viele erste Male“, erklärt Bistro-Leiterin Aline lächelnd. Unprätentiöses Austern schlürfen mit Blick auf die Shisha-Bar, so gefällt mir das.
Küchenchef Armin und sein Team kochen, wonach ihnen der Sinn steht. Mal gibt’s fermentierte Chips und Soleier, mal sauer eingelegte Forelle mit Zwiebeln und Senfsaat, mal Hamachi-Sashimi mit Orangenkosho. Die Mischung ist wild und eigensinnig, aber genau das macht das Team „Frohnatur“ aus. Hier kann man Sachen ausprobieren, sich an Dinge herantrauen – das gilt sowohl für die Gäste als auch die Betreiberinnen und Betreiber.
Der rote Faden setzt sich aus Produktqualität und Professionalität zusammen. Trotz aller Entscheidungsfreiheit und Kreativität gibt es eine ganz klare, sowohl wirtschaftliche als auch nachhaltige Struktur. Die Schweinskopfsülze auf der Bistrokarte zum Beispiel ist ein dankbares Nebenprodukt aus der Frohnatur-Restaurant-Küche. Dadurch, dass in der Küche ganze Tiere verarbeitet werden und eben nicht nur Rücken, Filet und Keule, muss man sich für die weniger populären Fleischteile etwas einfallen lassen.
„Frohnatur Bistro“: Unbedingt das Dessert probieren!
Die Karte im Bistro wechselt regelmäßig. Gereifter Parmesan, französischer Weichkäse, Austern und Sauerteigbrot sind (vorerst) die Klassiker, alles andere wechselt je nach Tagesform.
Last but not least: Bitte unbedingt das jeweilige Dessert probieren. Eton Mess ist ein köstlicher Evergreen aus Baiser, Sahne und frischen Erdbeeren. Und damit ist eigentlich auch schon alles gesagt.
Fazit: Fine Dining ohne Performance Druck | Bewertung: 6 von 6 Dreiecken
Frohnatur Bistro, Friesenwall 82, 50672 Köln | Öffnungszeiten: Di-Do 17-0 Uhr, Fr+Sa 13-0 Uhr
Meine Auswahl:
- Sauerteigbrot // 3,50 Euro
- Mixed Pickles // 7 Euro
- Romanasalat Caesar Style // 10 Euro
- Austern mit Mignonette // Speciales Gaey N°4 // 4 Euro
- Pavé de Paris // 10,- Euro
- Erdbeer Eton Mess // 8 Euro