Das Familienrestaurant Pöttgen ist eine Neuehrenfelder Institution – seit 1907! Aber schmeckt es dort auch? Das hat Carsten Henn getestet.
Henns RestaurantkritikGelungene Klassiker und günstige Desserts – im Neuehrenfelder „Pöttgen“
Ich weiß nicht, wann ich zuletzt ein Dessert auf einer Speisekarte gesehen habe, das nur 3 Euro kostet. In der kulinarischen Neuehrenfelder Institution schlechthin – seit 1907 gibt es das Familienrestaurant Pöttgen schon – kostet jedes Dessert nur 3 Euro! Bewusst klein gehalten sind sie, wie der wunderbar heiße Apfel-Crumble mit einer Kugel Vanilleeis und Sahne, oder das Schwarzwaldbecherchen mit einem guten Schuss Kirschwasser. Die Produktqualität ist dabei solide.
Die günstigen Nachspeisen sind nicht die einzige Überraschung auf der Speisekarte, die sich als DIN-A3-Papierunterlage auf dem Tisch findet. Insgesamt über 60 (!) verschiedene Gerichte gibt es: Froschschenkel, Apfelpfannkuchen, Nierchen, Weinbergschnecken, Backhendl, Steak, Zwiebelrostbraten und und und. So eine große Auswahl macht mich ja immer skeptisch.
Bretonische Fischsuppe zur Erinnerung an einen lieben Freund
Als Erstes unternehme ich eine kleine kulinarische Zeitreise mit dem Königin-Pastetchen als Vorspeise, gefüllt mit Ragout fin von der Hähnchenbrust und Champignons in Sauce suprême. Alles souverän gekocht, nur ein paar mehr Champignons und ein Tacken mehr Würzung hätten es sein dürfen.
Eine andere Überraschung auf der Speisekarte ist die Bretonische Fischsuppe mit dem Zusatz „In Erinnerung an meinen lieben Freund Jean Claude Bado“. Die Hommage an den Kölner Sternekoch kommt ohne Fischeinlage aus, ist herrlich intensiv, mit schöner Safrannote. À part gibt es Rouille, geriebenen Käse und Croutons.
Weiter zum nächsten Klassiker: Cordon bleu. Aus dem Kalbsrücken vorbildlich flachgeklopft, großzügig gefüllt mit Allgäuer Emmentaler und gekochtem Schinken. Auch wenn die Panade wenig souffliert ist, knusprig gelingt sie. Für die Pommes lässt sich das nicht sagen: weder knusprig noch richtig gesalzen. Am Herd steht hier übrigens der Chef selbst: Wolfgang Pöttgen, der am Ende des Abends auch – ganz klassisch mit Kochmütze – im Restaurant erscheint.
Am Herd steht der Chef selbst, der sein Handwerk versteht
Bei den Schweinemedaillons zeigt er, wie gut er sein Handwerk versteht: außen fein gebräunt, innen leicht rosa. Auch bei den Streifen von der Steakhüfte „Stroganoff“ trifft Pöttgen den Garpunkt. Vorbildlich die begleitende Brandy-Pfeffersauce bei der die beiden namensgebenden Zutaten voll zur Geltung kommen. Beim Caesar Salad ist großzügig Grana Padano darüber gehobelt, die Putenstreifen sind gekonnt angebraten, bei der Würzung der Sauce bleibt Pöttgen wieder zurückhaltend in Sachen Säure und Salz. Die Schwäbischen Käsespätzle mit sehr dunklen Röstzwiebeln hätten mehr Cremigkeit vertragen können.
All das genießt man in klassisch gutbürgerlichen Räumlichkeiten inklusive Salattheke, oder dem Biergarten. Vom Fass gibt es unter anderem Gaffel oder Rothaus Pils (je 2,20 Euro), auch ein paar Weine stehen auf der Karte, unter anderem ein frischer Grauburgunder vom Pfälzer Bio-Weingut Ehrhart. Mittwoch ist übrigens Reibekuchentag.
Fazit: Große Karte mit vielen Klassikern, von einem erfahrenen Koch zubereitet, schnörkellos angerichtet. | Bewertung: 4 von 6 Sternen
Familienrestaurant Pöttgen, Landmannstraße 19, 50825 Köln, Tel. 0221-555246, www.restaurant-poettgen.de | Öffnungszeiten: Di-Fr 11.30 – 14.30 & 17.30 - 22 Uhr, Sa 11 – 14.30 & 18 - 22 Uhr, So 11 – 14.30 & 17.30 - 21 Uhr (Am ersten Dienstag des Monats geschlossen, fällt ein Feiertag auf einen Montag, ist das Restaurant zu den o.g. Zeiten geöffnet und der nächste Werktag wird als Ruhetag genutzt)
Henns Auswahl
- Königin-Pastetchen mit Ragout fin 12,80 Euro
- Bretonische Fischsuppe 7,90 Euro
- Cordon bleu 27,90 Euro
- Zwei Medaillons vom Schweinefilet 21,90 Euro
- Streifen von der Steakhüfte Stroganoff 19,70 Euro
- Caesar Salad mit Putenstreifen (als Hauptgang) 16,80 Euro
- Schwäbische Käsespätzle 14,50 Euro
- Apfel-Crumble 3 Euro
- Schwarzwaldbecherchen 3 Euro