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Rheinland für EntdeckerReise ins Mittelalter – Zons wirkt wie aus der Zeit gefallen

Lesezeit 7 Minuten
Zons Inge Weeke und Joachim Klein

Inge Weeke und Joachim Klein machen in Dormagen-Zons einen Spaziergang mit Hund Igo entlang der Stadtmauer.

  1. Gehen Sie mit uns auf Sommerreise: In unserer Serie „Rheinland für Entdecker“ geben wir Tipps für Ausflüge und Kurzurlaube in unserer Heimat.
  2. Diesmal geht es nach Zons. Hier lebt das Mittelater. Die Stadt, die in Wahrheit keine ist, erzählt so manche Schauergeschichte.
  3. Lesen Sie hier auch alle bereits erschienenen Ausflugstipps aus unserer Sommerserie „Rheinland für Entdecker".

Wäre der Rhein nicht davon geflossen, die Zonser Altstadt könnte das kleine Venedig auf dem Festland sein. Schiffe schipperten dann noch dicht an der Stadtmauer vorbei und nicht 300 Meter entfernt, so wie heute, verborgen hinter dem hohen Deich.

Der Rest passt aber. Autos dürfen nur die Zonser fahren, auf jeden Anwohner kommen 1400 Touristen im Jahr, und irgendwie hat sie ja auch was Romantisches, die Zollfeste aus dem Mittelalter. In der Altstadt sind fast alle Häuser denkmalgeschützt. Es gibt einen versteckten Spielplatz, einen öffentlichen Garten, in dem Rosmarin und Koriander wachsen, und unzählige enge Gassen, in denen urige Cafés eine Pause vom Alltag versprechen – und einen Hauch längst vergangener Tage.

Anreise

Mit dem Auto: Wer nach Zons will, nutzt die A 57, Abfahrt Dormagen, oder die B9. Dauert von Köln circa eine Stunde. Parkplätze gibt es reichlich an der Mühle und am Rheintor. Der Tagestarif beträgt drei Euro. Autos von Besuchern müssen außerhalb der Stadtmauern bleiben.Mit der Bahn: Die Altstadt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Vom Bahnhof Dormagen (Strecke Köln-Krefeld des RE 7 , S-Bahn von Düsseldorf) fahren die Buslinien 886, 887, 880 und 875 zur Schloßstraße oder Zollstraße.

Nur etwa zehn Prozent der 5371 Zonser leben innerhalb der Mauern. Ein Dorf mitten in der Stadt, jede Straße im rechten Winkel zur nächsten. Das alte Zons ist eine Festung, entworfen am Reißbrett, umgeben von Wachtürmen, wo niemand mehr wacht, und einer Mühle, in der kein Korn mehr zermahlen wird. Es ist, als sei die Zeit eingefroren. Die Ära der Fürsten und Könige, an wenigen Orten im Land wird sie so lebendig wie hier, in einer kleinen Siedlung am Rhein. Jedes Jahr kommen 700 000 Touristen und tauchen ein ins Mittelalter.

Einer, der die Geschichte der Zonser Feste, wie die Altstadt gerne genannt wird, am besten kennt, ist Karl-Heinz Stumps. Der 79-Jährige ist seit 25 Jahren einer von fünf Nachtwächtern. „Hier hat jeder Stein seine Geschichte“, sagt er. Früher war er Betriebsleiter in einer Fabrik. Heute mimt er mit Hellebarde und Stadtschlüssel den Ordnungshüter.

Zons Stadtführer Karl-Heinz Stumps

Karl-Heinz Stumps führt im historischen Kostüm durch Zons.

Früher warnten die Nachtwächter die Bürger vor Feuer und Dieben, sie schlossen die Stadttore ab und sangen zu jeder vollen Stunde die Uhrzeit. Als im 20. Jahrhundert Straßenlaternen und Polizeigesetze kamen, ist der Nachtwächter verschwunden. Stumps aber lässt die Tradition wieder aufleben.

Und er spielt noch eine zweite Rolle. Bei Führungen am Tag ist er Bischof, Kurfürst, Herzog. Dann legt er das Gewand von Clemens August an, einem der mächtigsten Männer des Heiligen Römischen Reichs. Er war im 18. Jahrhundert Erzbischof von Köln und – das belegen Chroniken – Schützenkönig von Zons.

Ältestes Haus in Zons ist 600 Jahre alt

Die Stadt am Rhein soll einer seiner Lieblingsorte gewesen sein. 400 Jahre zuvor hat ein Vorgänger von ihm sie erbaut. Friedrich III. von Saarwerden verlegte 1373 die Zollstätte von Neuss ins heutige Zons. Drei Mal brannte die Stadt in den folgenden Jahren ab, zwei Mal brach die Pest aus. Der Rhein trat über die Ufer, die Stadt wurde belagert, zerstört, versteigert, aber jedes Mal wieder aufgebaut. Zu Ehren von Friedrich III. steht am Eingang der Feste am Rheintor eine Statue des Stadtgründers.

Nur wenige Meter weiter, entlang der Stadtmauer und zwischen den Wachtürmen, die in Zons jeder nur Pfefferbüchsen nennt, bewirtet Carla Juch ihre Gäste im ältesten Haus der Altstadt. Die Torschenke steht seit 600 Jahren hier. Mindestens. Die Erbauer haben die drei Stockwerke in den Stadtmauern angelegt, die Türschwelle der Schenke liegt genau auf der Linie des Festungswall. Das Gebäude, damals als Wohnhaus entworfen, hielt Krieg, Feuer und Hochwasser stand.

Zons Torschenke

Das älteste Haus der Stadt ist mehr als 600 Jahre alt. Hier findet man heute das Gasthaus „Torschenke“.

Juch, 51, hat die Räume 2007 umgebaut und ein Restaurant eröffnet. Schon ihre Großmutter verkaufte hier Kaffee, das Haus ist seit mehr als 100 Jahren im Familienbesitz. Im Winter heizt Juch den Innenraum mit einem Kamin, im Sommer sitzen die Gäste draußen auf der Terrasse. Die Besucher sitzen im ehemaligen Rheinbett außerhalb der Mauern. Juch liebt das Rauschen der Pappeln, es war einer der Gründe, warum sie aus ihrer Wahlheimat Barbados zurückgekehrt ist. „Die Stadt ist ein mystisches Kleinod mitten in einem riesigen Ballungsraum.“

Die Rheinstraße wird westlich der Mauer auch Prachtstraße genannt – hier geht Zons aus. Folgt man dem Weg, erreicht man den Schlossplatz, das Zentrum der Feste. Durch die Schlossstraße ist der Platz mit dem Stadttor auf der anderen Seite der Altstadt verbunden. Hinter dem Schlossplatz wacht die mächtige Burg Friedestrom, Friedrich III. ließ sie zur Sicherung des Rheinzolls bauen, heute nutzen das Kreismuseum und das Kreisarchiv die Räume.

Zons Mühle

Der Juddeturm in Zons

Direkt neben der Burg ragt der Juddeturm in den Himmel, nach der Kirche St. Martinus ist er das höchste Gebäude der Feste. Im Inneren des Turms befindet sich ein elf Meter tiefes Verlies. Im Mittelalter saßen dort Diebe und Schwerverbrecher ein. Noch heute erzählt man sich, die Geister der Gefangenen, die im Kerker starben, erscheinen nachts in den Fenstern des Turms.

Stumps sagt, heute kommen immer mehr Gäste. Das Interesse steigt, oft hat er aber das Gefühl, die Leute vertrauen ihm nicht. „Ich erlebe es oft, dass jemand mit dem Smartphone neben mir steht und checkt, ob das auch stimmt, was ich erzähle“, sagt er. Es gebe aber auch tolle Momente. Besucher, die begeistert sind vom historischen Erbe, und Kinder, die nicht genug bekommen können von den Geschichten. 1992 kam Michail Gorbatschow. Der letzte Präsident der Sowjetunion war auf dem Weg zum sterbenden Altkanzler Willy Brandt, als er in Zons Halt machte und sich die Stadt zeigen ließ.

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Besonders stolz sind die Bewohner auf den Schweinebrunnen. Auf der anderen Seite der Feste, dort wo der Ausflug endet, erinnern fünf bronzene Schweine an die Wehrhaftigkeit der Zonser. 1575 stahlen die Soldaten des Kölner Erzbischofs 50 Schweine von einer Weide in Zons. Die Bevölkerung wehrte sich, nach zwei Jahren lenkte der Erzbischof ein und entschädigte Zons. 400 Jahre später zeigte sich der Stolz erneut. 1975 wurde Zons ein Stadtteil von Dormagen – und darf sich trotzdem Stadt Zons nennen. Die Altstadt ist eben eine Festung. Und sie will sich niemals unterwerfen.

Die wichtigsten Anlaufpunkte in Zons

Einkehr: Für eine kurze Pause eignet sich das Schloss-Café, hier gibt es italienische Eissorten, Kaffee und Kuchen. Geöffnet Mi-Mo, von 9 bis 22 Uhr. Schloßstr. 4, Tel. 02133/5437. Für größere Mahlzeiten ist das Bisons zu empfehlen, ein Steakhaus, das für den kleinen Hunger auch Tapas reicht. Öffnungszeiten Di-Sa ab 16 Uhr, So ab 12 Uhr. Rheinstr. 1. Tel. 02133/9796999.

Übernachtung: In der Torschenke kann man im ältesten Haus der Stadt schlafen. Das Gästezimmer hat Rheinblick. Rheinstraße 3, Tel. 02133/259955. In direkter Nähe zum Rheintor können Outdoor-Begeisterte in ihrem Wohnmobil übernachten. Die Tagesgebühr beträgt 5 Euro, maximaler Aufenthalt drei Tage.

Offene Denkmäler: Wer wirklich alle Zonser Bauten betreten will, muss auf den Tag des Offenen Denkmals am 14. September warten. Es ist der einzige Tag, an dem der Juddeturm und die historische Mühle für Touristen geöffnet werden. Zudem kann die Burganlage Friedestrom erkundet werden.

Krimi-Dinner: Lust auf ein schauriges Abendessen? Die Schloss-Destille bietet vier unterschiedliche Erlebnis-Dinner an, den Kellerspuk, das Geistermahl, den Schlossgeist und das Krimi-Dinner. Die Events dauern drei bis vier Stunden. Mauerstr. 26a, Tel. 02133 47658, www.schlossdestille.de

>Hier finden Sie alle bereits erschienenen Folgen der Serie Rheinland für Entdecker: www.ksta.de/entdeckerwww.rundschau-online.de/entdecker

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