Wie eine Kölnerin Rassismus erlebtEine glücklicherweise anstrengende Lektüre
Köln – Bei manchen Büchern dauert es ein wenig, bis sie die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. So ist es auch bei Alice Hasters’ bereits im September 2019 erschienenem Sachbuch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen: aber wissen sollten“ (hanserblau, 208 Seiten, 17 Euro). Das findet sich erst jetzt, im Zuge der durch die Ermordung George Floyds ausgelösten Debatte über Rassismus auf der Bestsellerliste, aktuell auf Platz 3. Und allen, die sich fragen wie groß das Rassismus-Problem in unserem Land ist, sei dieses Buch ans Herz gelegt.
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Die gebürtige Kölnerin Alice Hasters, die nun als Journalistin in Berlin lebt, verwebt ihre persönlichen Erlebnisse mit historischen Fakten und den Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen. So gelingt es ihr, das Thema Rassismus auf unterschiedlichen Ebenen zu beleuchten. Sie erzählt sehr persönlich von ihren Erfahrungen, offenbart ihre eigene Verletzlichkeit und die Verletzungen, die ihr zeitlebens zugefügt wurden. Sie macht deutlich, wie es sich anfühlt, wenn sie, die sich als konfliktscheu beschreibt, jeden Tag mit sich ringen muss, ob sie Menschen darauf hinweist, dass Sätze wie „Aber wo kommst du wirklich her?“ oder „Sie sprechen aber gut Deutsch“ eben nicht nur harmloses, freundliches Interesse ausdrücken. Sie folgen vielmehr rassistischen Denkmustern, weil solche Aussagen Menschen ausschließen, weil sie ihnen verwehren, ganz selbstverständlich und unhinterfragt Teil einer Gemeinschaft zu sein, zu der andere sich stets zugehörig fühlen dürfen.
Hasters erläutertet anschaulich, warum es uns so schwer fällt, über Rassismus zu sprechen. Weil viele Angst haben, in eine rechte Ecke gestellt zu werden, wenn sie einräumen, etwas Rassistisches gesagt zu haben. Ein konstruktives Gespräch sei dann kaum noch möglich und sie meist damit beschäftigt auf die Befindlichkeiten ihres Gegenübers einzugehen – und ihre Gefühle spielen plötzlich keine Rolle mehr.
Ihr Buch mit dem etwas sperrigen, aber zutreffenden Titel liest sich sehr gut und dennoch ist die Lektüre anstrengend, weil Hasters vermittelt, was Weißen nur schwer zu vermitteln ist: Dass die Farbe ihrer Haut in allen Lebensbereichen eine Rolle spielt – und sie davor nicht einfach weglaufen oder die Augen verschließen kann. In einer Gesellschaft, in der struktureller Rassismus tief verankert ist, reicht es eben nicht zu sagen, man sehe keine unterschiedlichen Hautfarben. Ein kluger und wichtiger Beitrag zur aktuellen Debatte.