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Gartentipps für Faule„Der Garten ist mein absoluter Ruhepol. Hier vergesse ich die Zeit“

Lesezeit 7 Minuten
Anja Klein trägt eine Jeans-Latzhose und ein schwarzes T-Shirt und hält einen rosafarbenen Eimer mit Blumen in der Hand.

Anja Klein in ihrem Garten im Kölner Blücherpark.

Zwischen Krokus, Hortensie und Apfelbaum hat schon mancher sein Glück gefunden. Zwei Gartenblogger erzählen und verraten ihre Tipps für einen Grünen Daumen. Auch und gerade für faule Gartenfreunde.

Krümelige Erde zwischen den Fingern, das Entdecken der ersten Keimlinge, die ihre grünen Köpfchen aus dem Boden strecken, die erste pralle vom Strauch gepflückte Tomate: Das Glück, das einem im Garten begegnet, ist vielfältig. Und gerade Städter profitieren tatsächlich auch gesundheitlich vom Graben und Pflanzen in der Natur. So reduziert Urban Gardening sowohl das Ausmaß an Depressionen, Angststörungen als auch den Body Mass Index nachweislich. Die Lebenszufriedenheit und -qualität, die körperliche Aktivität sowie das Gemeinschaftsgefühl und die Sozialkontakte steigen an. Haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Tokio in einer Meta-Analyse von 22 Fallstudien herausgefunden.

Für Anja Klein ist der Schrebergarten im Kölner Blücherpark nichts weniger als ein Quell für Ruhe und Gesundheit. Und Torsten Brämer von der Online-Plattform „Wir sind Garten“ betont den Einfluss, den Hobbygärtner auf Biodiversität und Klimaschutz haben. Bei uns erzählen sie, was sie am Gärtnern so faszinierend finden und verraten Tipps für Menschen, bei denen es mit dem Grünen Daumen bislang nicht so gut geklappt hat.

„Jeder hat zwischen Hochbeet und Rosenbogen ganz viel Freiheit, genau das zu sein, was er sein will“

Mein Weg zum Gartenglück war etwas steinig und führte in Umwegen über Balkon, Fensterbrett und Gemüseparzelle. Ich musste einige Überzeugungsarbeit leisten, da mein Mann anfangs total dagegen war. Für ihn war ein Schrebergarten der Inbegriff des Spießbürgertums. Dabei ist es eigentlich ganz im Gegenteil so: In einem Garten kann jeder seine Art sehr individuell verwirklichen. Jeder hat zwischen Hochbeet und Rosenbogen ganz viel Freiheit, genau das zu sein, was er sein will. Und heute wissen wir beide die Lebensqualität zu schätzen, die uns dieser Garten geschenkt hat.

Viele Menschen laufen bei uns am Garten vorbei und loben, wie schön er aussähe, äußern aber auch die Befürchtung, dass da unfassbar viel Arbeit drinstecke. Das sehe ich eigentlich gar nicht so. Klar machen wir viel hier, aber ich sehe das wirklich nicht als Arbeit an, wenn ich hier pflanze, harke und ernte. Ich bin generell ein Mensch, der immer tausend Sachen gleichzeitig macht und viel in Action ist. Der Garten ist mein absoluter Ruhepol. Hier vergesse ich die Zeit. Ich bin auch überzeugt davon, dass der Garten gesund hält. Klar, geht das viele Bücken manchmal in den Rücken, deswegen mache ich regelmäßig Yoga um beweglich zu bleiben. Aber die körperliche Arbeit draußen bei Wind und Wetter ist meiner Überzeugung nach einer der besten Jungbrunnen überhaupt.

Anja und Andreas stehen Rücken an Rücken und gucken in die Kamera.

Anja und ihr Mann Andreas in ihrem gemeinsamen Garten in Neuehrenfeld.

Auch unser Gemüserepertoire hat sich erweitert. Schon deshalb, weil es viele Gemüsesorten im Supermarkt gar nicht gibt. Zwei unserer vier Kinder ernähren sich heute, genau wie wir selbst, vegetarisch und alle vier essen inzwischen gern von unserem selbstgezogenen Gemüse. Dabei waren sie es, die den Garten vor zwölf Jahren auf den Namen „Horrorgarten“ tauften, weil sie die Zucchinis hassten, die dort wuchsen.

„Ich schätze das Wilde, Märchenhafte an unserem Garten“

Natürlich ist Natur nicht immer berechenbar. Und das Wilde, Märchenhafte ist ja auch das, was ich gerade an unserem Garten schätze. Da gehören auch Tiere dazu. Nützlinge wie Schädlinge. Ich finde, alle haben ihren Platz verdient. Aber natürlich nerven Schädlinge auch manchmal sehr. Letzte Saison haben uns die Wühlmäuse zum Beispiel den gesamten Chiccoree weggefressen. Da war ich schon sauer. Aber dieses Jahr kommt der Chicoree eben ins Hochbeet, das hat einen Wühlmausschutz.

Apropos Hochbeet: Viele Gärtner stören sich daran, dass die Erde im Hochbeet jedes Jahr absinkt. Das ist aber normal und liegt am speziellen Aufbau des Hochbeets. Wir füllen ein Drittel Grobes in das Hochbeet, das bei der Gartenarbeit anfällt: Kleine Äste, Grünschnitt und Laub. Darauf kommt dann grober Kompost aus dem eigenen Garten, der muss noch nicht komplett fertig sein. Dann feiner Kompost und zum Abschluss zehn Zentimeter torffreie Pflanzerde. Die verhindert, dass zwischen dem Gemüse das Unkraut sprießt. Die groben Schichten kompostieren mit der Zeit und deshalb sinkt die Erde ab. Dabei wird Wärme erzeugt und Nährstoffe freigesetzt. Das ist das Tolle am Hochbeet und der Grund warum die Ernten darin so üppig ausfallen. Wichtig ist: Im Frühjahr nochmal ganz bis zum Rand voll machen. Dann ist es nicht so schlimm, wenn sich die Erde im Laufe des Jahres nochmal ein paar Zentimeter absenkt. Nach der Ernte im Herbst wird dann wieder aufgefüllt und im Frühjahr vor der Saat dann nochmal.

Anja Klein, 57 Jahre, Gartenbloggerin „Der kleine Horrorgarten“ und Autorin. Unter anderem des Buches „Hochbeet - Was mache ich wann?“ Kosmos 2023.


Das Gärtnern begleitet mich schon seit ich ein Kind bin. Ich bin in einer Großfamilie in einem Zechenhaus im Ruhrgebiet aufgewachsen. Im Selbstversorgergarten hat mein Urgroßvater von Kartoffeln über Beeren bis zu Obstbäumen alles angepflanzt. Mich hat das immer fasziniert, ich habe schon als Kind eigene Zimmerpflanzen gepflegt. Die Faszination ist geblieben. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Der Umgang mit Pflanzen bringt Entspannung, es ist zum Beispiel unheimlich befriedigend nach einem Tag im Büro abends den Rasen zu mähen. Ich muss dabei nicht nachdenken, ich sehe sofort das Ergebnis.

In meinem eigenen Garten in Odenthal ist mir heute Naturnähe und Biodiversität besonders wichtig. Das heißt, dass ich Insekten und kleinen Tieren ein Zuhause bieten will. Die Fläche der privaten Gärten in Deutschland ist größer als die Fläche der Naturschutzgebiete. Jeder Hobbygärtner kann also seinen Beitrag leisten. Mit unserer Plattform wollen wir besonders viele Menschen motivieren ihr Leben in kleinen Schritten grüner zu machen. Die selbstgezogenen Küchenkräuter auf dem Fensterbrett können da schon ein Anfang sein. Oder Naschobst auf dem Balkon. Der Weg vom Beet in den Mund ist schließlich die kleinste Lieferkette der Welt.

Torsten Brämer steht neben Sonnenblumen in seinem Garten in Odenthal.

Torsten Brämer findet in seinem Garten in Odenthal Entspannung.

Gärtnern verändert den Menschen. Gärtnern bringt automatisch Nachhaltigkeit ins Leben. Auch der Umgang mit Lebensmitteln wird ein anderer. Wer schon mal selbst Gemüse gezogen hat und weiß, wie lange es dauert, bis man endlich einen Kohlrabi aus der Erde ziehen kann, der wird den mit Liebe zubereiten und sicher nicht die Hälfte davon wegschmeißen.

Natürlich klappt nicht immer alles. Gift im Garten muss aber niemand einsetzen. Manchmal reicht es schon, wenn man die Blattlaus mit einem harten Wasserstrahl einfach vom Blatt spritzt. Außerdem schwöre ich auf Brennnesseljauche. Dazu einfach einen Teil der Brennnesseln abschneiden (keinesfalls alle, die sind wichtig für die Schmetterlingsraupen) und in einem abgedeckten Eimer in Wasser ein bis zwei Wochen ziehen lassen. Das stinkt wahnsinnig, ist aber ein super Nährstofflieferant. Dann im Verhältnis 1:10 mit Wasser mischen und damit gießen oder die Pflanzen besprühen. Das härtet die Pflanzen gegen Schädlinge und Krankheiten ab.

„Der nachhaltige Gärtner lässt die Natur einfach machen“

Um sein Leben grüner zu machen, bedarf es gar nicht wahnsinnig viel Arbeitseinsatzes. Selbst wer einen Garten hat, lebt sogar nachhaltiger, wenn er die Natur einfach machen lässt. Der Rasen ist ein gutes Beispiel. Aus ökologischer Sicht ist so ein Rasen eine Katastrophe. Er hat einen hohen Nährstoffbedarf, extrem hohen Wasserbedarf und biodivers sind so durchgehend grüne Halme auch nicht. Deshalb: Lassen Sie ruhig die Gänseblümchen und den Löwenzahn in der Wiese wachsen. Die sind wichtig für die Insekten, gerade im Frühling. Lassen Sie komplett wilde Ecken stehen, die Sie nur ein oder zweimal im Jahr mit der Sense mähen. Räumen Sie den Staudenrückschnitt jetzt im Frühjahr nicht sofort weg, sondern lassen Sie die Äste liegen. Kleine Tiere fühlen sich darunter wohl und finden Futter. Wir nennen das Smart gardening und meinen damit: Der nachhaltige Gärtner lässt die Natur einfach machen und legt sich auch einfach mal auf die Wiese und genießt.

Torsten Brämer, 55 Jahre, Gründer der Online-Gemeinschaft „Wir sind Garten“ im Netz, auf Facebook, Instagram, TikTok und YouTube, Odenthal.