Ein kleines Einkaufszentrum in einer Traglufthalle war vor 50 Jahren in Gummersbach ein großes Thema.
Vor 50 JahrenGummersbacher tauften ihre Traglufthalle „Moby Dick“
So etwas hatten die meisten Gummersbacher noch nicht gesehen, als vor beinahe 50 Jahren am Bismarckplatz eine riesige, weiße Traglufthalle aufgepustet wurde und vorübergehend die Heimat einiger Einzelhandelsgeschäfte und der Stadtbücherei wurde. Die Bücherei zog später in die umgebaute, ehemalige Turnhalle des einstigen Jungengymnasiums sozusagen in die Nachbarschaft um, Geschäfte wie der Lebensmittelhandel von Michael Brücken oder der Filialist Quelle eröffneten ihre Filialen im Einkaufszentrum „Bergischer Hof“, der neuen Gummersbacher Mitte für viele Jahre.
Im Volksmund hatte die weiße Traglufthalle schon bald den Spitznamen „Moby Dick“, weil sie an einen riesigen Wal erinnerte. Allerdings gehörte die Halle nicht lange zum Gummersbacher Stadtbild, denn mit der Eröffnung des Bergischen Hofs war Moby Dick überflüssig und zog weiter. Umzug von der Brückenstraße Nötig und möglich geworden war der temporäre Umzug in diese Traglufthalle, weil die Brückenstraße im Bereich des Bergischen Hofs für das neue Einkaufszentrum umgebaut werden musste, wie Stadtarchivar Manfred Huppertz berichtet.
Und so gab der Landschaftsverband im letzten Quartal 1972 die Mittel zum Umbau der entsprechenden Straßen frei. „Die Umbauten an der Brückenstraße konnten so dem Neubau des Einkaufszentrums Bergischer Hof vorgeschaltet werden, ohne dass es nicht zu einer kompletten Sperrung der Brückenstraßen kommen musste.“ Nach dem Städtebauförderungsgesetz hatten dort ansässige Betriebe, Firmen und Geschäfte nun einen Anspruch auf Ersatzunterbringung ihrer Ladenlokale gegenüber der Stadt Gummersbach.
Betroffen von der Baumaßnahme an der Brückenstraße waren die Firmen Quelle, Brücken, Leckerland, Eduscho, Haas und Hahne. „Nachdem man den Bau von kleineren Pavillons aus Platzgründen verworfen hatte, besichtigten die Stadt Gummersbach und die betroffenen Firmen am 13. Oktober 1972 in Lüdenscheid und Osnabrück dort installierte Traglufthallen“, schildert er Stadtarchivar. Der Eindruck auf beiden Seiten sei durchaus positiv gewesen, sodass der Hauptausschuss des Gummersbacher Stadtrats am 24. Oktober den Beschluss fasste, auf dem Parkplatz und Marktplatz unterhalb der Villa Bockhacker, dem Bismarckplatz, eine Traglufthalle als Ausweichquartier für die Geschäfte zu errichten.
Erstmals wurde eine Traglufthalle nicht für Ausstellungszwecke verwendet, sondern sollte als Einkaufszentrum dienen. Während der Bauzeit konnten schon Mietverträge mit den Firmen Brücken und Quelle geschlossen werden. Die anderen betroffenen Firmen konnten aus unterschiedlichen Gründen keine Mietverträge für die Halle abschließen. Auch die Stadtbücherei wurde in der Traglufthalle untergebracht, ebenso erhielt die Gummersbacher Entwicklungsgesellschaft EEG Freiflächen in der Halle. Die zeltähnliche Außenhaut der Traglufthalle wurde durch ein Gebläseaggregat, das mit einem VW-Motor und einer Heizung sowie einer Klimatisierung ausgestattet war, in Form gehalten. Dabei erzeugte das Gebläse ständig einen leichten Überdruck, sodass die Traglufthalle wie ein Ballon aufgeblasen wurde.
Am 13. Juni 1973 wurde die 57 Meter lange, 30 Meter breite und zwölf Meter hohe Traglufthalle erstmals mit Luft gefüllt. Bis die 1710 Quadratmeter große Halle stand, dauerte es nur etwa 20 Minuten. Eröffnung am 1. August Archivar Huppertz berichtet weiterhin, dass zunächst noch der Fußboden verlegt und die Elektrik angeschlossen werden mussten, ehe dann am 1. August 1973 die Halle für Kunden geöffnet werden konnte. Das Warenhaus Quelle hatte als erstes geöffnet, das Lebensmittelgeschäft Brücken folgte dann am 29. August 1973. Nach der Lieferung weiterer Trennwände konnte auch die Stadtbücherei in die Halle einziehen.
Die Kosten der Traglufthalle beliefen sich auf etwa 700 000 D-Mark. Im November 1975 konnten die Geschäfte Quelle und Brücken schon in das gerade fertiggestellte Einkaufszentrum Bergischer Hof umziehen. Kurz darauf zog die Stadtbücherei mit der Kreisbücherei um. Die Stadt Gummersbach suchte nun für die ausgediente Traglufthalle einen Käufer. Am Ende ging sie für 50 000 Mark nach Norwegen. Die vorhandenen Vitrinen kaufte das Kaufhaus Schramm. Auf dem Fundament der Traglufthalle wurde ein Parkplatz für rund 60 Autos angelegt, der ab Ende Mai 1976 dann benutzt werden konnte.