AboAbonnieren

Kein „Plan B“Kloster Mariawald wird nach mehr als 500 Jahren geschlossen

Lesezeit 8 Minuten

Die Abtei Mariawald. 

Heimbach-Mariawald – Die Hoffnungen haben sich zerschlagen, seit Dienstagnachmittag ist es offiziell: Die Trappistenabtei Mariawald wird geschlossen. Dies gab Bernardus Peeters, Abt der Abtei Tilburg in den Niederlanden und Päpstlicher Kommissar der Abtei Mariawald, bekannt. Die aktuell zehn Mönche werden im Laufe des Jahres das Kloster verlassen. Die Beschäftigten verlieren ihre Arbeitsplätze.

Dass es „fünf vor zwölf“ sei, hatte Wolfgang Nowak, Chef-Ökonom in Mariawald, noch am Montag gesagt. Nun hat der seit mehr als 500 Jahren bestehenden Abtei die Stunde geschlagen, die geäußerten Hoffnungen auf einen „Plan B“ haben sich zerschlagen. Plan A, die Auflösung als rechtlich selbstständige Einheit bei Verbleib der Mönche im Kloster und Erhalt der Betriebe, war vom Vatikan abgelehnt worden. Nowak hat Mariawald als finanziell autark beschrieben – worin die Hoffnungen auf eine Zukunft für Mönche und Mitarbeiter fußten.

Die Entscheidung:

Doch dazu kommt es nach dem Beschluss der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens in Rom nun nicht. Das fortgeschrittene Alter der Mönche wird als ein Grund angeführt. Zudem fehlt im Orden der Nachwuchs, obwohl es Bemühungen gegeben habe, die Gemeinschaft neu zu beleben. Einer dieser Versuche war nach der Genehmigung durch Papst Benedikt 2009 die Wiedereinführung des tridentinischen Messritus durch Abt Josef Vollberg. Abt Bernardus bezeichnet dies als guten Versuch, die Gemeinschaft zu revitalisieren – der aber nicht die gewünschte Wirkung zeigte.

Stimmen

Nicht äußern durften sich gestern die Beschäftigten der Abtei Mariawald. Reaktionen gab es jedoch von Besuchern, die sehr enttäuscht waren, als sie von der Schließung erfuhren.

Lothar und Monika Götze aus Merode meinten, das Bistum Aachen könne doch versuchen, den Standort zu erhalten. „Die älteren, der Pflege bedürftigen Mönche könnten doch im Tilburger Kloster untergebracht werden“, sagte Lothar Götze, der häufig zum Kloster Mariawald kommt und sagt, dass ihm diese Einrichtung sehr wichtig sei. „Vielleicht könnten später andere Mönche einziehen“, schlägt er vor.

Tamara Jungen, die mit den Kindern Joren und Jolie aus Heimbach gekommen war, sagte: „Ich bin erschrocken. Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas Ehrwürdiges einfach mal so geschlossen wird. Die Entscheidung finde ich sehr traurig. Man sollte zumindest versuchen, den Standort auf irgendeine Art und Weise zu sichern.“ Sie komme von Zeit zu Zeit aus Heimbach nach Mariawald. „Wir sind auch schon mal zum Erbsensuppe-Essen hier oder es wird auf dem Holzschiff auf dem Spielplatz gespielt. Das hier ist eben ein Ort, an den man sich zurückziehen, wandern und die Natur erleben kann.“ Gerade habe sie im Klosterladen die Taufkerze für die kleine Jolie, die in der Kirche in Heimbach getauft wird, gekauft.

Klaas und Ria von der Knaab aus den Niederlanden waren überrascht: „Es ist sehr schade, dass Mariawald geschlossen werden soll. Wir sehen in Holland, dass mehr und mehr Menschen die Möglichkeit brauchen, mehrere Tage in Ruhe zu verbringen“, sagte Ria von der Knaab. „Das ist ein schöner Platz zum Ausruhen, ich liebe das“, fügte sie hinzu. Beide sind derzeit zum Kurzurlaub in der Eifel. Sie waren zum ersten Mal in Mariawald, hatten sich vorher über das Kloster informiert und wollten es sich nun ansehen. (pe)

Als sehr schwere Entscheidung bezeichnet Abt Bernardus die Schließung: „Die Stimmung ist sehr bedrückt. Wir haben alles gegeben, um das Kloster am Leben zu erhalten. Das ist uns nicht gelungen. Das tut weh.“ Nun ist er mit der Schließung beauftragt.

Die Mönche:

Die Entscheidung sei in Fürsorge für die Mönche, die im Schnitt 81 Jahre alt sind, getroffen worden. „Für die Gemeinschaft ist es kaum mehr möglich, eigenständig im Kloster zu leben und die dort notwendigen Aufgaben zu erfüllen. Der älteste Mitbruder ist 94 Jahre alt“, so Peeters. Einige Mönche werden laut Peeters in andere Häuser des Trappistenordens gehen. Andere seien ob ihres hohen Alters auf Hilfe angewiesen und werden in ein Seniorenheim in der Umgebung ziehen.

Die Angestellten:

Rund 30 Zivilbeschäftigte arbeiten in Mariawald in Gaststätte, Buchhandlung, Likörfabrik und Landwirtschaft. Nach Angaben von Abt Bernardus handelt es sich um zwölf Festangestellte, die übrigen seien Aushilfen. „Wir müssen nun einen Sozialplan ausarbeiten“, so der Abt weiter. Die Entscheidung, das Kloster zu schließen, sei jetzt ausgesprochen worden, um dies in die Wege zu leiten.

Die Angestellten wurden von der Schließung kalt überrascht. Ihnen war lediglich bereits am 6. Januar mitgeteilt worden, dass die Abtei aufgegeben werde. Stellungnahmen durften sie nicht abgeben.

Der Zeitplan:

Nun wird man laut Abt Bernardus konkret in die Ausarbeitung der Schließung einsteigen. Gerüchteweise war davon die Rede, dass das Kloster in der Zeit von März bis Mai schließe und die klösterlichen Betriebe im Herbst ausliefen. Abt Bernardus: „Es ist viel zu früh, um darüber etwas zu sagen. Es ist noch vieles zu regeln.“ Um dies einzuleiten, sei jetzt die Entscheidung gefallen, „sonst gibt es nur Unruhe“.

Die Immobilien:

Träger des Klosters und damit Besitzer der Immobilien und Arbeitgeber der Beschäftigten ist der Verein „Trappistenkloster Mariawald“. Wenn jedoch in Verbindung mit der Auflösung der Klostergemeinschaft auch der Verein aufgelöst wird, wird das Bistum Aachen neuer Besitzer der Immobilien und Träger der damit in Verbindung stehenden Pflichten. Nach Angaben von Bistums-Sprecher Stefan Wieland fällt darunter neben dem Erhalt und Unterhalt der Immobilien auch der Zweck, dass Mariawald ein geistiger Ort sein soll.

Dies bezeichnet Wieland als wünschenswert – wie dies jedoch vom Bistum zu organisieren sein könnte, konnte er am Dienstag noch nicht sagen. Bis zur Schließung geht er von einer Übergangsfrist aus, die auch das Bistum nutzen werde, Lösungen zu finden.

Eine weitere Variante brachte Abt Bernardus am Dienstag ins Spiel. Es sei auch möglich, dass das Kloster dem Mutterkloster Oelenberg in Frankreich zufalle. „Noch ist alles offen“, so der Abt.

Die Stadt:

Dass das Kloster wegen der Überalterung der Mönche nicht gehalten werden könne, dafür kann Heimbachs Bürgermeister Peter Cremer Verständnis aufbringen. Dass aber auch die Betriebe dicht gemacht werden, hat ihn „ein wenig schockiert“. Hier würden Arbeitsplätze verloren gehen in Betrieben, die wirtschaftlich funktionierten. Auch aus touristischer Sicht sei dies ein herber Verlust. Cremer: „Da wird man nachhaken müssen.“

Gibt es noch Hoffnung?

„Wir sind wie kalt geduscht worden“, sagt Notar Wilhelm Scheuvens aus Gemünd, Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer der Abtei Mariawald. Am Samstag finde eine Vorstandssitzung des Vereins statt. Dort werde man sondieren. Täglich zur Non um 14 Uhr fährt Scheuvens in der Regel ins Kloster. Er wird diese Gelegenheit nun nutzen, um mit den Beteiligten über die Zukunft der Abtei zu sprechen. Falls sich die Mönche dafür aussprechen, etwas gegen die Schließung unternehmen zu wollen, „werden auch wir etwas unternehmen“.

Die Geschichte des Klosters

Die Wurzeln des Klosters Mariawald reichen mehr als 500 Jahre zurück – bis ins Jahr 1470. Damals stellte der Heimbacher Strohdachdecker Henrich Fluitter ein Gnadenbild an der Wegkreuzung am Bersched auf dem Kermeter in einer Hütte zur Verehrung auf. Er errichtete dort eine Einsiedelei, in der er bis zu seinem Tod lebte.

Pfarrer Daum von Heimbach erbaute dort 1479 eine hölzerne Kapelle. Weil die Zahl der Pilger stetig wuchs, bat der Pfarrer die Zisterzienser von Bottenbroich um Hilfe. Am 10. November 1480 schenkte er die Kapelle dem Zisterzienserkloster von Bottenbroich. Am 4. April 1486, dem Gründungstag der Abtei Mariawald, konnten die Mönche unter der Leitung von Prior Johannes vom Goch das Kloster beziehen.

Über 300 Jahre lebten Mönche im Zisterzienserpriorat Mariawald und betreuten die Wallfahrt zur Schmerzensmutter. Doch am 2. April 1795 hob die französische Revolutionsregierung das Kloster auf. Der Klosterbesitz wurde versteigert oder einfach geplündert. Ephrem van der Meulen, der Abt der Trappistenabtei Oelenberg im Elsass, versuchte 1860 einen Neuanfang.

Er kaufte das Klostergut, die Gebäude wurden wieder aufgebaut, und am 24. Februar 1861 kamen die ersten Brüder nach Mariawald. Bereits am 10. August 1875 wurde das Kloster durch die Kulturkampfgesetze aufgehoben. Erneut stand es zwölf Jahre lang leer, bis die Mönche am 18. Oktober 1887 die Gebäude oberhalb von Heimbach wieder in Besitz nehmen konnten.

Am 29. September 1909 wurde Mariawald zur Abtei erhoben. Im Zweiten Weltkrieg, 1938, wurden Teile des Klosters zur Unterbringung der Arbeiter zum Bau des Westwalls beschlagnahmt. Drei Jahre später, am 21. Juni 1941, wurde die Abtei aufgelöst und die Mönche teils vertrieben und teils zum Kriegsdienst eingezogen. Zunächst wurden in Mariawald Waisenkinder untergebracht, später diente es als Feldlazarett. Superior Christopherus Elsen nahm das Kloster am 28. April 1945 erneut in Besitz und ließ es wieder aufbauen.

Auch Scheuvens weist darauf hin, dass sich die Betriebe des Klosters wirtschaftlich tragen: „Aber es gibt keinen Grund, das Kloster nur wegen der Mariawalder Erbsensuppe aufrechtzuerhalten.“ Es müsse auch spirituelle Gründe dafür geben. Er könne sich vorstellen, dass die Mönche ihren Lebensabend in Mariawald verbringen können, ohne fürchten zu müssen, dass es zum vierten Mal in der Geschichte des Klosters zu einer Vertreibung komme. Man könnte, so Scheuvens Idee, die wirtschaftlichen Betriebe langsam auslaufen lassen und die Folgen so abfedern. Scheuvens: „Ein Christ hat immer Hoffnung. Wir geben nicht auf.“ Hoffnung hegt auch Abt Bernardus Peeters: „Wir haben die große Hoffnung, dass Mariawald ein spiritueller Ort bleibt und aus der Jahrhunderte langen Tradition schöpft.“