Kirche verärgertRathauschef untersagt Christmetten im Gladbacher Stadion
Bergisch Gladbach – Rund 600 Menschen haben an Heiligabend die Christmette des Kreisdekanats im Gladbacher Stadion besucht, 40 Ehrenamtler hatten die Freiluft-Veranstaltung im zweiten Jahr auf die Beine gestellt. Doch noch einmal wird es so etwas nicht geben. Das jedenfalls hat Bürgermeister Frank Stein klar gemacht, der unmittelbar nach dem Fest am 3. Januar seine Neujahrswünsche an die ehrenamtlichen Organisatoren mit einem definitiven „Nein“ versah, um jedweder Wiederholung des Freiluftgottesdienstes vorzubeugen.
Offizielle Begründung: Die Ausnahme der Stadionnutzung sei lediglich „durch viel Wohlwollen und Verständnis der beteiligten Kollegen und des Personalrats“ zustande gekommen. „Im kommenden Jahr (Stein meint wahrscheinlich: in diesem Jahr, d. Red.) bin ich es aber allen Kolleginnen und Kollegen, also auch den Hausmeistern, die für das Stadion zuständig sind, einfach schuldig, ihnen einen ungeschmälerten Heiligabend im Kreise ihrer Familie zu ermöglichen.“
Bis heute kein Gespräch mit den Ehrenamtlern
Kreisdechant Norbert Hörter ist fassungslos: „Bei mir löst das höchste Verwunderung aus: 600 Menschen aus unserer Stadt feiern da Weihnachten, 40 Ehrenamtler haben sich dafür in den Wochen zuvor engagiert, nochmal 30 am Abend selbst, haben viele Stunden da reingesetzt, und wir haben an dem Abend einen städtischen Mitarbeiter in Anspruch genommen. Und dann schreibt ein Bürgermeister an seinem ersten Arbeitstag im neuen Jahr so etwas...“
Der Seelsorger schüttelt den Kopf: „Ich bin jetzt fast 20 Jahre hier in der Stadt, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt Hörter. Es habe ihn sehr befremdet, dass Bürgermeister Frank Stein so reagiert habe, zudem seine Absage am ersten Arbeitstag im neuen Jahr geschrieben und dann den Ehrenamtlern per Brief mitgeteilt, aber bis heute kein Gespräch gesucht habe. „Auch nicht mit mir“, so der Kreisdechant und Pfarrer an der Gladbacher Laurentiuskirche vis-à-vis dem Gladbacher Rathaus.
Weihnachtsmessen könnten wieder in Kirchen stattfinden
Auch Klaus-Dieter Becker vom Kirchenvorstand, der die Freiluft-Christmette federführend mit organisiert hatte und das Absage-Schreiben vom Gladbacher Rathauschef erhalten hatte, kann dessen Reaktion nicht nachvollziehen: „Das ist ein Schlag ins Gesicht all der vielen ehrenamtlichen Helfer“, zeigt sich Becker enttäuscht.
Bürgermeister Frank Stein kann diesen Vorwurf nicht nachvollziehen: Er habe doch in seinem Schreiben die „sehr gelungene und vorbildlich organisierte“ Veranstaltung gelobt, sagt sein Stadtsprecher Martin Rölen. Im Übrigen habe sich der Bürgermeister doch zuversichtlich gezeigt, „dass die Rahmenbedingungen am Ende des Jahres es wieder zulassen, die Weihnachtsmessen wieder dort stattfinden zu lassen, wo die christlichen Gemeinden ihre Heimat haben – in den Gotteshäusern unserer Stadt“.
Kirche entwickelt neue Formate in der Pandemie
Für Christmetten-Mitorganisator Klaus-Dieter Becker nicht nachvollziehbar: „Wer weiß denn, wie sich die Pandemie weiter entwickelt!? Und wenn wir dann Ende des Jahres sehen, es wird wieder nur unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen zum Beispiel an der frischen Luft gehen, dann steht da das voreilige »Nein« des Bürgermeisters“, ärgert er sich.
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Kreisdechant Hörter möchte mit der Christmette des Kreisdekanats auch gar nicht unbedingt zurück in die Kirche. „Ein Rückzug in die Kirchen, ist auch unabhängig von Corona nicht unser erster Gedanke“, sagt der Seelsorger. Gerade in der Pandemie seien in der Kirche – nicht nur zu Weihnachten – eine Reihe neuer Formate entstanden, um die Menschen dort zu erreichen, wo sie sind. „Und das ist auf große Resonanz gestoßen“, so der Pfarrer.
Rathauschef Stein sieht sich da aber offenbar nicht in der Verantwortung. Im Gegenteil: „Die frühzeitige Mitteilung bereits am Anfang des Jahres war bewusst gewählt, um möglichen Aufwand für weitere Planungen zu vermeiden“, teilt sein Sprecher mit. Er selbst formulierte es im Schreiben an die Ehrenamtler so: „Für die Entscheidung hoffe ich auf Ihr Verständnis.“ Danach sieht es aber derzeit keineswegs aus.
„Das Licht an- und nachher wieder ausmachen, können wir auch gerne selbst übernehmen“, erklärt Becker. Er hoffe sehr, dass das letzte Wort in der Sache noch nicht gesprochen sei. So wie auch Kreisdechant Hörter: „Ich weiß gar nicht, ob so etwas der Bürgermeister alleine zu entscheiden hat“, sagt er. „In den vergangenen fast zwei Jahrzehnten jedenfalls, sind solche Themen immer im Dialog gelöst worden.“